Atomkraftwerk Emsland
Im niedersächischen Lingen befindet sich das Atomkraftwerk Emsland, das noch bis Ende 2022 in Betrieb bleiben sollte. Der Krieg in der Ukraine sorgte für eine Verlängerung der Laufzeit bis zum 15. April 2023, seitdem ist der Meiler für immer vom Netz.
Es handelt sich um einen von Siemens hergestellten sog. Konvoi-Druckwasserreaktor der 4. Generation, Baulinie 80, mit 1.400 Megawatt Brutto-Leistung (davon Eigenbedarf: 71 Megawatt). Das AKW Emsland hat einen 152 Meter hohen Naturzug-Nasskühlturm und ist daher schon von weitem sichtbar.
Neben der Anlage befindet sich ein Atommüll-Zwischenlager, in der Nachbarschaft das stillgelegte AKW Lingen und die Brennelementefabrik Lingen.
Laut Atomgesetz hätte das AKW Emsland spätestens am 31. Dezember 2022 endgültig abgeschaltet werden sollen. Der Krieg in der Ukraine sorgte für eine Verlängerung der Laufzeit bis zum 15. April 2023, seitdem ist der Meiler für immer vom Netz.
Betreiber ist die Lippe-Ems GmbH, Eigentümer sind RWE mit 87,5% und die Eon (Preussen Elektra) mit 12,5%.
Als Brennstoff kommt neben Uranbrennelementen auch Misch-Oxid (MOX) zum Einsatz. Diese Brennstäbe enthalten hochgiftiges Plutonium, wovon schon Milligramm tödlich wirken. Der Transport und Umgang mit dem Stoff birgt die latente Gefahr einer großflächigen Verseuchung.
Das Kraftwerk ist unzureichend gegen Terrorangriffe gesichert. Ein gezielter Flugzeugabsturz würde eine Katastrophe auslösen. Schutzmaßnahmen werden seit Jahrzehnten verschleppt. Seit der Inbetriebnahme ereigneten sich ca. 150 meldepflichtige Störfälle. Im Dezember 1988 floss radioaktives Kühlwasser in einen Abblasetank, weil ein Ventil des primären Kühlmittelkreislaufs wegen eines falschen elektrischen Steuerbefehls geöffnet worden war. Am 24. Juli 2009 kam es wegen eines zu niedrigen Dampferzeugerfüllstandes zu einer Reaktorschnellabschaltung. Der EU-Stresstest im Oktober 2012 offenbarte Mängel beim Schutz gegen Erdbeben sowie lückenhafte Notfallpläne für schwere Unfälle.
Im Oktober 2014 wurde öffentlich, dass am 17. September 2013 eine geheime Übung von Bund und Ländern stattfand, bei der ein schwerer Reaktorunfall im Atomkraftwerk Emsland simuliert wurde. Es habe „eklatante Mängel“ bei der Kommunikation und der Aufteilung der Zuständigkeiten gegeben, berichtete die „taz“. Die Bevölkerung sei zum Beispiel erst zu einem Zeitpunkt gewarnt worden, zu dem die radioaktive Wolke bereits Millionen Menschen erreicht hätte.
Technik und Menschen sind niemals perfekt. Ein Versagen oder eine Verkettung unglücklicher Umstände kann unweigerlich zum schweren Unfall führen. Trotz des vergleichsweise hohen Sicherheitsstandards belegen Untersuchungen, dass mit zunehmendem Alter der Anlage auch das Risiko zunimmt.
Resolution fordert sofortige Stilllegung
Schon weit über 200 Initiativen und Organisationen unterschrieben die „Lingen-Resolution“, mit der die sofortige Stilllegung des AKW und der Brennelementefabrik gefordert wird. In Lingen gab und gibt es immer wieder Demonstrationen gegen das AKW und die benachbarte Brennelementefabrik. Im September 2017 forderten rund 500 Personen in der Innenstadt von Lingen u. a. die sofortige Stilllegung dieser Atomanlagen. Ende Oktober 2016 beteiligten sich rund 700 Atomkraftgegner*innen an einer Demo.
weitere Infos:
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Ob technischer Defekt oder Flugzeugabsturz, Materialermüdung oder Unwetter, Naturkatastrophe oder menschliches Versagen – in jedem Atomkraftwerk kann es jeden Tag zu einem schweren Unfall kommen. Ein Super-GAU bedroht Leben und Gesundheit von Millionen. - mehr