SOS_header_desktop_glossar.png

Politisches Glossar

Hier beleuchten wir die Begriffswelt der Atommüll-Lager-Suche kritisch und politisch. Das Glossar wächst laufend. Wenn Du einen Begriff vermisst, schau bald mal wieder rein – beim nächsten Mal ist er vielleicht schon dabei.

Was ist ein NIMBY?

Wie legal ist die Legalplanung?

Und was heißt hier eigentlich "Öffentlichkeitsbeteiligung"?

A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z

A

  • Die Aarhus-Konvention wurde 1998 beschlossen, um die Partizipationsrechte der Zivilgesellschaft im Umweltschutz zu stärken. 47 Staaten der europäischen Region haben den Vertrag ratifiziert, darunter alle EU-Mitglieder und die Europäische Union. Die Aarhus-Konvention legt Rechte für eine Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger in drei Bereichen fest: Zugang zu Umweltinformationen, Öffentlichkeitsbeteiligung bei Vorhaben mit erheblichen Umweltauswirkungen und ein möglichst breiter Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten.

    Beim der Suche nach einem dauerhaften Atommüll-Lager sind die Beteiligungsformate auf ein behördlich reguliertes Recht auf Information und Anhörung beschränkt. Damit erfüllt das StandAG lediglich das Minimum an Beteiligung, das betroffenen Bürger*innen aufgrund der Aarhus-Konvention ohnehin zugestanden werden muss. Fraglich ist zudem, ob die Einschränkung der Klagemöglichkeiten im Rahmen der Legalplanung mit der Aarhus-Konvention vereinbar ist.

  • Die → Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) siebt in jedem Verfahrensschritt durch Anwendung von → Ausschlusskriterien und → Mindestanforderungen Gebiete aus und wägt dann zwischen den verbliebenen Gebieten ab. Das geschieht jeweils auf Grundlage der zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Daten. Gebiete mit günstigeren Voraussetzungen bleiben im Verfahren, Gebiete mit ungünstigeren Voraussetzungen werden ausgeschlossen.

    Dabei sind zunächst → geowissenschaftliche Abwägungskriterien ausschlaggebend. Sie betreffen beispielsweise den Transport von Grundwasser im Gebirge, das Deckgebirge und die Temperaturverträglichkeit des Gebirges (hochradioaktive Abfälle sind sehr heiß).
    Erst wenn die BGE mehrere Standorte aus geologischer Sicht gleich gut bewertet, kommen → planungswissenschaftliche Abwägungskriterien ins Spiel. Ein Kriterium wäre dann etwa der Abstand zu Wohnsiedlungen.

    Die Abwägungskriterien wurden politisch ausgehandelt. Sie beruhen auf → Formelkompromissen und schwammigen Formulierungen und erlauben politischen Spielraum, wo wissenschaftliche Präzision angebracht wäre. Früher oder später wird sich unweigerlich die Frage stellen, wie stark die einzelnen Kriterien bei der Abwägung gewichtet werden – doch hier konnten sich die Mitglieder der → Atommüll-Kommission vorab nicht einigen.

  • Die Anhörung gibt in behördlichen Verfahren den betroffenen Bürger*innen die Gelegenheit, sich zu der zur Entscheidung stehenden Angelegenheit zu äußern. Sie erfüllt zwar den formalen Anspruch auf Gehör im Verfahren, nicht aber auf → Partizipation im Sinne einer Mitbestimmung.

  • siehe → Bundesamt für die Sicherheit der kerntechnischen Entsorgung (BASE)

  • Der Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung (KENFO, auch „Atommüll-Fonds“) ist eine Stiftung, die aufgrund eines Bundestagsbeschlusses aus dem Jahr 2016 errichtet wurde, um die Lagerung von Atommüll in Deutschland langfristig zu finanzieren.

    Der Kapitalstock besteht aus einer Einmalzahlung von 24 Milliarden Euro, mit der sich E.on, EnBW, Energie Baden-Württemberg, RWE und Vattenfall aus der Verantwortung für ihre strahlenden Abfälle freigekauft haben. Der Fonds soll dieses Geld am Kapitalmarkt investieren und mit den Erträgen alle Kosten decken, die bei der Zwischen- und Endlagerung des Atommülls anfallen. Unter anderem wird aus diesem Fonds die Suche nach einem geeigneten Standort für ein Endlager sowie dessen Bau und Betrieb finanziert. Dass das Geld bei weitem nicht reichen wird, ist schon jetzt klar. Sobald der Atommüll-Fonds aufgebraucht ist, wird die Allgemeinheit zur Kasse gebeten – für die Atomkonzerne wurde das Verursacherprinzip ausgehebelt.

    Weiterlesen:

    Zwischen- und Endlagerung – Kostenlawine mit drastischen Folgen

  • Im Jahr 2013 beschloss der Bundestag ein vorläufiges Suchgesetz und setzte die Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe („Atommüll-Kommission“) ein. Sie sollte das Gesetz evaluieren und Kriterien für die Standortauswahl vorschlagen. Die Atommüll-Kommission tagte zwischen 2014 und 2016. Sie bestand neben zwei Vorsitzenden aus jeweils acht Vertreter*innen des Bundestags, des Bundesrats und der Wissenschaft (darunter Personalien wie Bruno Thomauske, Ex-Atommanager und Ex-Leiter des Projektes Gorleben). Außerdem waren für Kirchen, Atomwirtschaft, Gewerkschaften und Umweltverbände jeweils zwei Sitze vorgesehen.

    Vertreter*innen der Parteien kündigten die Kommissionsarbeit als Beginn eines breiten gesellschaftlichen Dialogs an. Doch früh war klar, dass das nicht gelingen kann. Die Arbeit des Gremiums wurde von einem Gemenge landespolitischer und wirtschaftlicher Interessen ihrer Mitglieder dominiert. Ansätze zur Öffentlichkeitsbeteiligung gerieten zur Farce. Umweltverbände und Anti-Atom-Initiativen lehnten ihre Teilnahme an der Atommüll-Kommission fast ausnahmslos ab. Der BUND entschied sich als einzige mit dem Thema Atommüll befasste Umweltorganisation für eine Mitarbeit in der Kommission, stimmte dem Abschlussbericht jedoch nicht zu.

    Viele Streitfragen blieben in dem Gremium ungeklärt. Vorschläge aus dem Bericht der Kommission flossen nur teilweise in die Novelle des → Standortauswahlgesetz (StandAG) 2017 ein.

    Weiterlesen:

    Chronik Standortsuche

  • Sobald der Standort für das geplante Endlager feststeht, soll nach und nach der gesamte hochradioaktive Müll aus deutschen Atomkraftwerken an den ausgewählten Standort transportiert werden – dafür soll nicht abgewartet werden, bis das Lager eine Genehmigung hat. Insgesamt werden es 1.900 Castor-Behältern sein, von denen aktuell ein Großteil in den 16 deutschen → Zwischenlagern steht. Bis zum Verschluss des Lagers wird dann also eine große Zahl von Transporten stattfinden.

    .ausgestrahlt fordert, keine Atommüll-Transporte mehr durchzuführen, bis ein Ort für eine dauerhafte Lagerung zur Verfügung steht, um das mit ihnen einhergehende Risiko zu minimieren.

    Weiterlesen:

    Atommüll-Exporte

  • .ausgestrahlt ist eine seit 2008 bundesweit tätige Anti-Atom-Organisation. Wir sind davon überzeugt, dass der Betrieb von Atomanlagen ein schwerwiegendes Unrecht ist, unter anderem weil der strahlende Müll noch viele Generationen belasten wird. Die heutige Generation kann den vorhandenen Atommüll nicht aus der Welt schaffen, aber sie kann dafür sorgen, dass nicht mehr davon produziert wird und gefährliche Billiglösungen bei der Lagerung der strahlenden Ewigkeitslasten verhindern.

    Bei der Standortsuche will .ausgestrahlt daher abwenden, dass es zu einem unsicheren Atommüll-Lager kommt, weil bei der Suche übertriebener Zeitdruck herrscht, Geld gespart werden soll, politische Interessen schwerer wiegen als wissenschaftliche Erkenntnisse oder weil die Bedenken der Betroffenen nicht ernst genommen werden. Deswegen fordert .ausgestrahlt, das angelaufene Auswahlverfahren abzubrechen und zuerst eine gesellschaftliche Verständigung über die Regeln für ein neues Verfahren unter gleichberechtigter Einbeziehung der (potenziell) Betroffenen zu erarbeiten. Denn diejenigen, bei denen der Müll am Ende landet, sind mit ihren Interessen und Bedenken der beste Garant für größtmögliche → Sicherheit.

    Weiterlesen:

    Mehr zur Arbeit von .ausgestrahlt

    Mehr Informationen zur Position von .ausgestrahlt bei der Standortsuche und unseren Forderungen zum Standortauswahlverfahren

  • Die Ausschlusskriterien in § 22 StandAG legen Merkmale fest, die ein Gebiet als Standort für ein dauerhaftes Atommüll-Lager ungeeignet machen.

    Als Ausschlusskriterien sind definiert:

    • großräumige Vertikalbewegungen (z. B. Gebirgsbewegungen)
    • aktive Störungszonen (Brüche, Verwerfungen oder Zerrüttungen innerhalb der letzten 34 Millionen Jahre)
    • Einflüsse aus dem Bergbau
    • Erdbeben
    • Vulkanismus
    • junge → Grundwasservorkommen

     

    Trifft eines der Ausschlusskriterien auf ein Gebiet zu, scheidet es aus dem Verfahren aus.

  • Die Standortsuche erfolgt in einem Ausschlussverfahren, das aus drei Phasen besteht. Nach und nach fallen Gebiete weg, bis schließlich nur noch ein Standort für das geplante Endlager übrig ist.

    Phase 1: Ermittlung der Standortregionen für die übertägige Erkundung
    Die erste, 2017 gestartete Suchphase findet am Schreibtisch statt. Die → Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) wertet dabei ausschließlich bereits vorhandene → geologische Daten aus. Im → Zwischenbericht Teilgebiete grenzte die BGE zum ersten Mal ein, welche Gebiete überhaupt infrage kommen. Im nächsten Schritt führt die BGE in allen benannten Teilgebieten repräsentative vorläufige Sicherheitsuntersuchungen durch. Dann wendet sie erneut die → geologischen Abwägungskriterien und zum ersten Mal auch die planungswissenschaftlichen  Abwägungskriterien an. Auf dieser Grundlage schlägt die BGE sogenannte Standortregionen vor, die im weiteren Verfahren durch Bohrungen übertägig erkundet werden sollen. Die Entscheidung trifft der Bundestag.

    Phase 2: Ermittlung der Standorte für die untertägige Erkundung
    Die BGE erarbeitet Erkundungsprogramme und Prüfkriterien und veranlasst dann erste Erkundungen (etwa Bohrungen, seismische Messungen) in den Standortregionen. Dann siebt sie anhand der gesetzlich festgelegten → geologischen Auswahlkriterien (wie Tiefe, Erdbebenrisiko, Gebirgsdichte) weiter aus. Im nächsten Schritt können auch → planungswissenschaftliche Abwägungskriterien darüber entscheiden, ob eine Region aus dem Verfahren fällt. Der Bundestag beendet die zweite Phase mit der Festlegung von mindestens zwei Standorten, die untertägig erkundet werden sollen.

    Phase 3: Einengung und Festlegung des Standortes für die Endlagerung
    In der letzten Phase werden die ausgewählten Orte untertägig in einem Bergwerk erkundet und schließlich einer von ihnen per Parlamentsbeschluss zum Standort für das → Endlager bestimmt.

 

B

  • Verschiedene Arten von Barrieren sollen bei der tiefengeologischen Lagerung von Atommüll die Ausbreitung von Radionukliden verhindern:

    • geologische Barrieren (bestimmte Gesteinsformationen)
    • technische Barrieren (beispielsweise Behälter für die Endlagerung des Atommülls)
    • geotechnische Barrieren (etwa die Verschlüsse für Schächte, Strecken und Bohrlöcher)

     

    Für die langfristige Lagerung sind verschiedene Barrieren möglichst so zu wählen und zu kombinieren, dass die hochradioaktiven Abfälle so lange wie möglich von der Umwelt isoliert bleiben. Ob dies wirklich gelingt, ist angesichts der bisherigen Erfahrung mit tiefengeologischer Atommüll-Lagerung (etwa in der Asse) zu bezweifeln.

  • Unter einer Bergung versteht man (im Unterschied zu einer → Rückholung) ein ungeplantes Herausholen der eingelagerten radioaktiven Abfälle. Das Standortauswahlgesetz verspricht, dass der Atommüll innerhalb eines Zeitraums von 500 Jahren mittels eines neuen Bergwerks zurückgeholt werden kann. Allerdings ist es bisher noch nicht einmal gelungen, Behälter zu entwickeln, die nach so langer Zeit noch geborgen werden können.

  • Die Betriebsphase des geplanten tiefengeologischen Lagers beginnt mit der Inbetriebnahme und endet mit dem Verschluss des Lagers. Laut offiziellem → Zeitplan soll das tiefengeologische Atommüll-Lager 2050 in Betrieb genommen und 2080 verschlossen werden. Darauf folgt eine Nachbetriebsphase, in der keine aktive Überwachung mehr stattfinden soll.

  • Das Bundesamt für die Sicherheit der kerntechnische Entsorgung (BaSE), auch „Atommüll-Bundesamt“, ist die Atommüllbehörde des Bundes – dem → Bundesumweltministerium (BMU) untergeordnet. Es ist zuständig für regulative und genehmigungsrechtliche Aufgaben und Fragen zum Verbleib aller durch die Atomindustrie und Nuklearforschung in Deutschland verursachten radioaktiven Abfälle. Im Standortauswahlverfahren übernimmt sie neben ihrer Funktion als Prüf- und Kontrollorgan auch die führende Rolle in der Ausgestaltung der Öffentlichkeitsbeteiligung. Das BaSE ist also auch „Beteiligungsbehörde“ im Standortauswahlverfahren.

    Der Widerspruch ist offensichtlich: Die Behörde, deren Hauptaufgabe es ist, sicherzustellen, dass das Standortauswahlgesetz (StandAG) möglichst schnell umgesetzt wird, ist wohl die am wenigsten geeignete Stelle zur Schaffung von Beteiligungsspielräumen, die im Gesetz ohnehin stark beschränkt sind.

    Das Bundesamt übermittelt Standortempfehlungen an das → Bundesumweltministerium (BMU), ist dabei jedoch nicht an die Vorschläge der → Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) gebunden.

    Bis Ende 2019 hieß das Atommüll-Bundesamt Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE).

  • Die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) ist eine bundeseigene Gesellschaft zur Durchführung aller operativen Aufgaben im Rahmen der Standortsuche und zur Errichtung und des Betriebs von Atommüll-Endlagern. Die BGE ist dem → Bundesumweltministerium (BMU) zugeordnet. Im Standortauswahlverfahren ist sie verantwortlich für die Beschaffung und Auswertung → geologischer Daten. Neben der Verwertung bereits vorhandener Daten in Phase 1 des → Auswahlverfahrens veranlasst sie in den Phasen 2 und 3 auch Erkundungen. Auf Grundlage der → geologischen Entscheidungskriterien und → planungswissenschaftlichen Auswahlkriterien im → StandAG schließt die BGE in mehreren Phasen immer mehr Gebiete aus dem Auswahlverfahren aus. Später unterbreitet sie dem → Atommüll-Bundesamt (BaSE) Vorschläge zur Bestimmung von Erkundungsstandorten bzw. zur Festlegung des Standortes für ein dauerhaftes Atommüll-Lager.

     

  • Die Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung wurde 2017 als eine in privater Rechtsform organisierte Gesellschaft des Bundes gegründet. Sie betreibt die meisten der 16 → Zwischenlager für → hochradioaktive Abfälle in Deutschland. Seit 2020 ist die BGZ darüber hinaus auch für die zwölf Zwischenlager mit → schwach- und mittelradioaktiven Abfällen der deutschen AKW zuständig.

  • Der Bundesrat vertritt die Interessen der Bundesländer bei der politischen Willensbildung in der Bundesrepublik Deutschland. Über den Bundesrat wirken die Bundesländer auch bei der Standortsuche mit, denn ein im → Bundestag beschlossenes Gesetz, das die Belange der Länder betrifft, braucht auch die Zustimmung des Bundesrates, bevor es in Kraft treten kann. Der Bundesrat beruft zudem zusammen mit dem → Bundestag den Großteil der Mitglieder des → Nationalen Begleitgremiums (NBG)

  • Der Bundestag ist das gesetzgebende Organ ist in der Bundesrepublik Deutschland. Anders als bei anderen öffentlich-rechtlichen Planungsverfahren entscheidet bei der Standortsuche der Bundestag im Rahmen der → Legalplanung am Ende jeder Phase des → Auswahlverfahrens per Gesetz darüber, welche Standorte im Verfahren bleiben und welche ausscheiden.

    Nach offizieller Lesart verspricht man sich davon eine höhere Akzeptanz für den schließlich ausgewählten Standort und eine Beschleunigung des Verfahrens, das einem straffen → Zeitplan unterliegt. Abgesehen davon, dass dies den Zugang Betroffener zu Gerichten einschränkt, ist zu befürchten, dass der Bundestag aufgrund politischer Einflussnahme keine Entscheidung für den aus wissenschaftlicher Sicht am besten geeigneten, sondern für den politisch am besten durchsetzbaren Standort trifft. Das dies kein unrealistisches Szenario ist, zeigt der Blick auf die ursprüngliche Standortentscheidung für → Gorleben. Das Parlament kann sich bei seinen Standortentscheidungen sogar über Beschlüsse des → Bundesverwaltungsgerichtes hinwegsetzen. Der Bundestag beruft zudem zusammen mit dem → Bundesrat den Großteil der Mitglieder des → Nationalen Begleitgremiums (NBG).

    Weiterlesen:

    Politik sticht Wissenschaft

  • Das Bundesumweltministerium, eigentlich Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU), ist eine oberste Bundesbehörde der Bundesrepublik Deutschland und zuständig für die Atommüll-Lagerung. Das BMU agiert im Standortauswahlverfahren im Hintergrund, nimmt aber eine einflussreiche Position ein.

    Denn beim BMU laufen alle Fäden zusammen: Sowohl das → Atommüll-Bundesamt (BaSE) als auch die → Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) gehören zu seinem Geschäftsbereich. So vertritt das BMU den Bund als Alleingesellschafter der BGE und kann die personelle Zusammensetzung und die inneren Abläufe beeinflussen. Auch das BaSE muss den Weisungen des BMU folgen.

    Die Standortempfehlungen des BaSE gehen an das Ministerium, bevor die Regierung sie dem → Bundestag zur Abstimmung vorlegt. Die Geschäftsstelle des → Nationalen Begleitgremiums (NBG) ist im Umweltbundesamt angesiedelt, einer weiteren Unterbehörde des BMU. Das BMU kann also auf Akteure, Verfahrensabläufe und Entscheidungen im Standortauswahlverfahren Einfluss nehmen. Wie es seine Macht ausspielt, ist von außen nicht ersichtlich.

  • Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ist als Verfassungsgericht des Bundes sowohl das höchste unabhängige Verfassungsorgan als auch die oberste gerichtliche Instanz und befugt, Entscheidungen anderer Gerichte aufzuheben.

    Da bei der Standortsuche die Klagemöglichkeiten für Betroffene aufgrund der → Legalplanung eingeschränkt sind, bleibt ihnen im Wesentlichen der Weg vor das Bundesverfassungsgericht. Dieses prüft allerdings lediglich, ob das Gesetz über die Standortentscheidung mit der Verfassung vereinbar ist, ob also Grundrechte der Kläger*innen verletzt sind. Dies ist wesentlich schwerer nachweisbar als ein Fehler im Verfahren.

    Weiterlesen:

    Politik sticht Wissenschaft

  • Das Bundesverwaltungsgericht ist das oberste deutsche Gericht in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten, sofern sie nicht verfassungsrechtlicher Natur sind. Jeweils am Ende der Phasen 2 und 3 im → Auswahlverfahren haben betroffene Bürger*innen die Möglichkeit, vor dem Bundesverwaltungsgericht wegen Verfahrensfehlern zu klagen. Dies ist das Minimum an Rechtsschutz, das die europäische Rechtsnorm vorschreibt.

    Bei einer Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht prüft das Gericht lediglich, ob das Verfahren von den zuständigen Behörden gesetzeskonform umgesetzt wurde. Dabei ist völlig unklar, inwieweit sich festgestellte Verfahrensfehler überhaupt auf die Standortsuche auswirken. Auf die vom Bundestag getroffenen Standortentscheidungen hätte ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes jedenfalls keine juristischen Auswirkungen. Es ist also eher unwahrscheinlich, dass es wesentliche Verfahrenskorrekturen zur Folge hätte.

 

C

  • Castoren sind Behälter für den Transport und die Zwischenlagerung von hochradioaktivem Müll. Für die Endlagerung sind sie nicht zugelassen. Die deutsche Atomindustrie hinterlässt nach 2022 insgesamt rund 1.900 Castor-Behälter mit hochradioaktivem Müll, der in dem geplanten tiefengeologischen Lager untergebracht werden soll. Ein Castor enthält bis zu zehn Tonnen abgebrannte Brennelemente oder strahlende Abfälle aus der Plutonium-Abtrennung und hat ein enormes radioaktives Inventar.

    Die Sicherheitsnachweise für die Castor-Behälter gelten für einen Zeitraum von 40 Jahren. Die Genehmigungen für die aktuell verwendeten Behälter laufen daher aus, bevor nach offiziellem → Zeitplan 2050 die Einlagerung in das geplante dauerhafte Atommüll-Lager beginnen soll. Ebenso wie bei den → Zwischenlagern ergibt sich also eine zeitliche Lücke, für die es bisher keine Konzepte für die sichere Aufbewahrung des strahlenden Mülls gibt.

 

D

  • Das Deckgebirge ist der Teil des Gesteins, das über dem Bereich liegt, in dem der Atommüll lagern soll. Es stellt eine der → Barrieren dar, die dafür sorgen sollen, dass der strahlende Müll für → eine Million Jahre isoliert bleibt. Beim Salzstock → Gorleben fehlt ein Deckgebirge, das in der Lage wäre, diese Barrierefunktion zu erfüllen. Außerdem hat der Salzstock direkten Kontakt zum Grundwasser. Doch selbst als aus diesen und anderen Gründen längst wissenschaftlich begründet war, dass der Standort ungeeignet ist, blieb er im Verfahren und wurde erst mit dem Zwischenbericht Teilgebiete aufgegeben.

 

E

  • Das Atommüll-Lager soll für eine Million Jahre Schutz und Sicherheit gewährleisten, fordert das Standortauswahlgesetz (StandAG). Geolog*innen können anhand der Beschaffenheit von Gesteinsformationen die Vergangenheit rekonstruieren und Abschätzungen über zukünftige geologische Entwicklungen vornehmen. Sie können jedoch nicht den Zeitraum von einer Million Jahre exakt vorhersagen. Die Zahl ist also willkürlich gewählt und beschreibt nicht, was objektiv möglich ist, sondern was angesichts der langen Halbwertszeiten verschiedener Radionuklide unbedingt nötig wäre. Zudem erlauben die → Sicherheitsanforderungen, dass auch schon während der eine Million Jahre radioaktive Substanzen freigesetzt werden.

  • Der einschlusswirksame Gebirgsbereich wird der Teil einer geologischen Formation genannt, der zusammen mit den technischen Barrieren und geotechnischen Verschlüssen den möglichst sicheren Einschluss der radioaktiven Abfälle im Endlager gewährleisten soll.

  • Unter Endlagerung versteht man die dauerhafte Einlagerung radioaktiver Abfälle, wobei eine → Rückholung nicht beabsichtigt ist. Das gesuchte Endlager soll die radioaktiven Abfälle durch das Zusammenwirken verschiedenen Komponenten (Endlagerbergwerk, Barrieren und die umgebenden geologischen Schichten) möglichst sicher von der Umwelt isolieren. Ein Endlager kann entweder im Wesentlichen auf geologischen Barrieren beruhen oder aber – je nach den geologischen Bedingungen vor Ort – durch technische Maßnahmen ergänzt werden, zum Beispiel besondere Behälter.

    Den Begriff des „Endlagers“ sieht → .ausgestrahlt kritisch, denn er suggeriert, dass das Problem endgültig gelöst werden kann und der Atommüll in einem solchen Lager für eine Million Jahre von der Umwelt isoliert sein wird – doch das ist nicht zu erwarten. Es kann kein absolut sicheres Endlager geben. Für die Betroffenen bleibt immer ein Risiko. Deshalb sprechen wir häufig von einem „Langzeit-Lager für Atommüll“ oder einem „tiefengeologischen Atommüll-Lager“.

  • Die Standortsuche wird von den Verantwortlichen gerne als ergebnisoffen dargestellt. Tatsächlich haben sie mit der Vorfestlegung auf die tiefengeologische Bergwerks-Lagerung und die drei Wirtsgesteine Steinsalz, Tongestein und Kristallingestein die Optionen bereits im Vorfeld eingeschränkt. Zudem haben Bundestagsabgeordnete bereits angekündigt, dass sie versuchen werden, im Bundestag Allianzen zu bilden, damit ihre Region verschont bleibt.

  • Unter einer Erkundung versteht man im Zusammenhang mit der Standortsuche die Untersuchung des Untergrundes auf seine Eignung zum Bau eines tiefengeologischen Atommüll-Lagers. Sie soll in Phase 2 zunächst übertägig stattfinden, also von der Erdoberfläche aus, etwa durch Probebohrungen, Radar oder seismische Messungen. In Phase 3 wird dann untertägig in Bergwerken erkundet. Damit will die Bundesgesellschaft für Endlagerung für potenzielle Standorte die → geowissenschaftlichen Daten ermitteln, die notwendig sind, um die geowissenschaftlichen Kriterien anzuwenden und die → vorläufigen Sicherheitsuntersuchungen durchzuführen. Erkundungen werden im → Auswahlverfahren erst in Phase 2 und Phase 3 stattfinden, wenn viele Standorte voraussichtlich schon aufgrund älterer geologischer Daten aus dem Rennen sind.

  • Laut Standortauswahlgesetz (StandAG) soll kein Atommüll zur dauerhaften Lagerung ins Ausland exportiert werden. Allerdings bietet die Änderung des StandAG und des Atomgesetzes (AtG) vom Mai 2017 ein Schlupfloch, denn § 3 AtG lässt Ausnahmen für Atommüll aus Forschungsreaktoren in bestimmten Fällen zu, ebenso wie einen Transport ins Ausland zur Verpackung von Brennelementen für die dauerhafte Lagerung in Deutschland.

    Trotz gibt es immer wieder Versuche, Atommüll ins Ausland abzuschieben. So prüft der Betreiber des Zwischenlagers in Jülich seit Jahren, ob der Atommüll aus dem Betrieb des dortigen Pannenreaktors in die USA gebracht werden kann, wenn man das Kraftwerk einfach als „Forschungsreaktor“ umdeklariert – obwohl es jahrelang Strom ins Netz gespeist hat.

 

F

  • Auf der Fachkonferenz Teilgebiete erläutert die → Bunde

    sgesellschaft für Endlagerung (BGE) die Inhalte des → Zwischenberichts Teilgebiete. Organisiert wird die Konferenz vom → Bundesamt für die Sicherheit der kerntechnischen Entsorgung (BaSE), eingeladen sind Bürger*innen, Vertreter*innen der betroffenen Kommunen und gesellschaftlichen Organisationen und Wissenschaftler*innen. Betroffene haben allerdings lediglich wenige Monate Zeit, um die komplexe Materie aufzuarbeiten und Stellung zu nehmen – der Verfahrensvorsprung der BGE bleibt unaufholbar.

    Das StandAG sieht vor, dass eine einzige Konferenz alle → Teilgebiete umfasst. Nach der Auftaktveranstaltung im Oktober 2020 sollen die drei gesetzlich vorgesehenen Beratungssitzungen zwischen Februar und August 2021 stattfinden. Danach soll die Konferenz der BGE einen Bericht über ihre Ergebnisse übergeben. Ob dieser Bericht Auswirkungen auf das Verfahren haben wird, ist ungewiss, denn dem Verfahrensträger steht es frei, auch berechtigte Kritik unberücksichtigt zu lassen.

    Problematisch ist auch die Doppelrolle des Bundesamtes: Es ist gleichzeitig Aufsichtsbehörde, die das Verfahren vorantreiben soll, und Träger der Öffentlichkeitsbeteiligung. Die Erfahrung zeigt, dass sich die Behörde im Zweifel für weniger Partizipation entscheidet, beispielsweise wenn echte Beteiligung den engen Zeitplan in Gefahr bringen würde. Dieser Zeitdruck führt zu einer Konferenz, bei der ein Großteil der Teilnehmenden schlecht vorbereitet ist. Viele Menschen haben aufgrund der Corona-Pandemie andere Sorgen; Zivilgesellschaft funktioniert in dieser Situation nur eingeschränkt; die Kommunalverwaltungen haben zu wenig Zeit, um sich in die komplexe Thematik einzuarbeiten. Eine reine Online-Veranstaltung ermöglicht zudem deutlich weniger Interaktion und Vernetzung als eine Präsenzveranstaltung.  So wird es nichts mit der Mitgestaltung des Verfahrens und dem breiten gesellschaftlichen Konsens.

    Nach Übermittlung der Beratungsergebnisse an die BGE soll sich die Fachkonferenz Teilgebiete wieder auflösen – eine kontinuierliche Begleitung des Verfahrens ist nicht geplant. Das nächste „Beteiligungs-Instrument“, die → Regionalkonferenzen, folgt erst deutlich später. Dazwischen kann die BGE intransparent vor sich hinarbeiten.

  • Von einem Formelkompromiss spricht man, wenn jede der streitenden Parteien ihre Sicht der Dinge beziehungsweise ihre Interessen in einer schwammigen Vereinbarung untergebracht hat, ohne dass der eigentliche Konflikt gelöst ist. Vertreter*innen verschiedener Bundesländer haben die → Atommüll-Kommission genutzt, um bestimmte Kriterien durchzusetzen oder zu verhindern – je nach geologischen Gegebenheiten in ihrem Land. Auch über die Gewichtung der einzelnen → Abwägungskriterien konnten sich die Mitglieder der Atommüll-Kommission nicht einigen. Das Ergebnis: Statt wissenschaftlicher Klarheit gibt es vage Kriterien, mit denen sich jeder Standort rechtfertigen lässt, wenn er politisch gewollt ist.

 

G

  • Geologische Daten sind Informationen über den geologischen Untergrund. In der ersten Phase des → Auswahlverfahrens wird ausschließlich mit bereits vorhandenen geologischen Daten gearbeitet. Ergänzende → Erkundungen sind in dieser Phase nicht vorgesehen. Gebiete, für die keine ausreichenden Daten vorlagen, wurden im → Zwischenbericht Teilgebiete in angrenzende Teilgebiete integriert. Dabei wurde mit Modellen und Referenzdaten gearbeitet. Doch es ist gut möglich, dass der Bundestag diese Gebiete am Ende der Phase 1 ohne weitere Erkundung aus dem Verfahren ausschließt.

    Darüber hinaus gehören viele vorhandene geologischen Daten privaten Unternehmen und können daher nicht ohne Weiteres öffentlich gemacht werden. Das sorgt für → Transparenzprobleme, trotz des neuen → Geologiedatengesetzes, das 2020 beschlossen wurde.

    Weiterlesen:

    Vor der Hacke ist es duster

  • Im Juni 2020 trat das Geologiedatengesetz (GeolDG) in Kraft, das die Sicherung und öffentliche Bereitstellung geologischer Daten regelt, darunter auch die Verwendung privater Erkundungsdaten (etwa von Rohstoffunternehmen) im Rahmen des Standortauswahlverfahrens für ein Atommüll-Lager. Das → Standortauswahlgesetz (StandAG) schreibt vor, dass alle „wesentlichen“ und „entscheidungserheblichen“ geologische Daten der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden müssen. Doch das Privateigentum ist grundrechtlich geschützt – ein Widerspruch.

    Auch das GeolDG ändert an der grundsätzlichen Problematik wenig. Zwar bietet das Gesetz der → Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) Hebel, um die Veröffentlichung geschützter privater Daten zu erwirken, doch wegen der einzuhaltenden Fristen klafft rund um die Veröffentlichung des → Zwischenberichtes Teilgebiete eine Transparenzlücke. Zudem können die Eigentümer*innen gegen die Veröffentlichung klagen.

    Erhebliche Datenmengen, die in die Standortauswahl eingeflossen sind, werden deshalb für die Öffentlichkeit nicht einsehbar sein. Stattdessen liegen sie für die Betroffenen zum Teil wohl für immer unzugänglich in einem sogenannten „Datenraum“ und dürfen lediglich von einem vom → Nationalen Begleitgremium (NBG) benannten fünfköpfigen Expert*innengremium gesichtet werden, das die Auswahl der BGE allenfalls stichprobenartig überprüfen kann. Dies wird weder Ansprüchen an wissenschaftliches Arbeiten noch den Menschen in den betroffenen Regionen gerecht. Sie werden genau wissen und überprüfen wollen, warum ihre Region für die BGE als Atommüll-Lager infrage kommt. Doch sie werden im Dunkeln gelassen.

  • Die im → Standortauswahlgesetz festgelegten geologischen Entscheidungskriterien umfassen die → Ausschlusskriterien (§ 22 StandAG), die → Mindestanforderungen (§ 23) und die → geowissenschaftliche Abwägungskriterien (§ 24).
    Erst wenn die → Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) nach Anwendung der geologischen Entscheidungskriterien verschiedene Standorte als gleichermaßen geeignet einstuft, werden auch → planungswissenschaftliche Abwägungskriterien als Entscheidungsgrundlage herangezogen.

    Weiterlesen:

    Tiefengeologisches Atommüll-Lager auch in Ballungsräumen möglich

  • Im Jahr 1977 fiel unter großem politischen Druck die Entscheidung für den Salzstock Gorleben als Standort für ein tiefengeologisches Atommüll-Lager. Bei der Erkundung wurde viel Vertrauen in das Verfahren verspielt. Beispielsweise stellte die Physikalisch-Technische Bundesanstalt bereits 1983 fest, dass das → Deckgebirge nicht geeignet sei, „Kontaminationen auf Dauer von der Biosphäre abzuhalten“. Trotz dieser und anderer negativer Standorteigenschaften war die Politik nicht bereit, den Standort aufzugeben und nahm ihn auch in das neue Standortsuchverfahren. Erst mit dem Zwischenbericht Teilgebiete wurde der Standort aufgegeben und auch von offizieller Seite aus eingestanden, dass der Standort wegen geologischer Mängel für ein Endlager ungeeignet ist.

    Gorleben ist der Beleg dafür, dass Fehlentwicklungen selbst gegen mächtige Interessen in Wirtschaft und Politik korrigiert werden können, wenn Bürgerinnen und Bürger mutig Verantwortung übernehmen. Doch hat die Politik aus der leidvollen Geschichte von Gorleben noch nicht die richtigen Lehren gezogen. Weiter mangelt es an Transparenz, an Rechten für die Betroffenen und am Vorrang für ein wissenschaftliches Verfahren ohne politische Einflussnahme.

    Weiterlesen:

    Gorleben – Salzstock voller Macken

  • siehe → Kristallingestein

  • Das Grundwasseralter ist ein wichtiges Bewertungskriterium für die Eignung einer Gesteinsformation als Atommüll-Lagerstätte. Dabei gilt die Annahme, dass ein hohes Grundwasseralter ein Hinweis auf ein dichtes Einschlussgebirge ist. Umgekehrt ist das Vorkommen junger Grundwässer ein klarer Hinweis darauf, dass der Gebirgsbereich durchlässig ist. Werden junge Grundwässer festgestellt, muss dies unmittelbar zum Ausschluss eines Standortes im Auswahlverfahren führen. Solche Vorkommen werden voraussichtlich in den meisten Fällen erst in einer späten Erkundungsphase offenkundig – wenn nur noch wenige Standorte im Verfahren sind.

 

H

  • Hochradioaktive Abfälle machen zwar weniger als zehn Prozent der Gesamtvolumens des gesamten deutschen Atommülls aus, enthalten aber mehr als 99 Prozent der Radioaktivität. In den 16 deutschen → Zwischenlagern stehen bereits mehr als 1.000 → Castor-Behälter mit hochradioaktiven Abfällen. Hinzu kommen Tausende noch unverpackte abgebrannte Brennelemente in den Abklingbecken der AKW sowie der Strahlenmüll, der in den Plutonium-Fabriken La Hague (Frankreich) und Sellafield (Großbritannien) auf den Rücktransport nach Deutschland wartet. Solange noch AKW am Netz sind, wachsen außerdem die an den AKW-Standorten zwischengelagerten Atommüllberge weiter an.

    Am Ende muss der Inhalt von etwa 1.900 Castor-Behältern – insgesamt geht es um 17.000 Tonnen hochradioaktive Abfälle – für mindestens → eine Million Jahre so sicher wie möglich gelagert werden.

    Weiterlesen:

    Hochradioaktiver Müll – Heiße Hallen und Endlos-Suche

 

K

  • Das Standortauswahlgesetz gewährt Betroffenen im Vergleich zu anderen öffentlich-rechtlichen Planungsverfahren nur minimalen → Rechtsschutz. Lediglich vor den Standortentscheidungen des Bundestages am Ende der Phasen 2 und 3 haben Betroffene die Möglichkeit, vor dem Bundesverwaltungsgericht zu klagen. Der übliche Instanzenweg ist durch die → Legalplanung ausgeschaltet: Der Bundestag trifft alle Auswahl- und Standortentscheidungen per Gesetz. Erreicht das Bundesverwaltungsgericht eine Klageschrift, prüft es, ob der Behörde in der jeweiligen Phase Verfahrensfehler unterlaufen sind – vorausgegangene Auswahlentscheidungen durch den Bundestag bleiben davon jedoch unberührt. Grundsätzlich ist fraglich, ob ein Gerichtsbeschluss überhaupt Folgen hätte, da der → Bundestag sich nicht daran halten muss. Abgesehen davon gibt es nur die Möglichkeit einer Klage vor dem → Bundesverfassungsgericht – die hat aber nur Aussicht auf Erfolg, wenn tatsächlich Grundrechte eingeschränkt wurden, nicht aber bei Verfahrensfehlern.

    Weiterlesen:

    Politik sticht Wissenschaft

    Der Bundestag entscheidet - wie er will

  • Der Streit um die sichere Lagerung des Atommülls ist ein über Jahrzehnte eskalierter gesellschaftlicher Konflikt zwischen Regierenden und Regierten. Solche Konflikte lassen sich in der Regel nur auflösen, indem sich beide Konfliktparteien in einem ersten Schritt gemeinsam auf ein Verfahren einigen – wenn es also einen wirklichen → Neustart gibt.

    Doch mit dem → Standortauswahlgesetz (StandAG) haben die Regierenden aus Bund und Ländern die Spielregeln alleine festgelegt. Das passiert beim Thema Atommüll seit Jahrzehnten immer wieder auf Neue. Bisher sind sie jedes Mal damit gescheitert.

    Mit diesem Gesetz, diesem Verfahren und diesen Akteur*innen wird die Standortsuche nicht gelingen. Heraus kommen wird nicht der am wenigsten schlechte Standort, sondern ein politisch gewollter. Die Betroffenen werden sich wehren und das Projekt verhindern. Es ist gut möglich, dass wir als Gesellschaft in zehn bis 20 Jahren mit leeren Händen dastehen und wieder von vorne anfangen müssen. Wertvolle Jahre gehen also verloren.

  • Im Zusammenhang mit der Standortsuche behaupten Politiker*innen und Vertreter*innen der Behörden gerne, das Auswahlverfahren für ein Atommüll-Lager sei im Konsens festgelegt worden. Das hat von Anfang an nicht gestimmt. Der BUND war der einzige mit dem Thema vertraute Umweltverband, der sich an der → Atommüll-Kommission beteiligte und lehnte den abschließenden Bericht ab, genauso wie der Großteil der Initiativen und Verbände in der Anti-Atom-Bewegung. Die Linkspartei, damals größte Oppositionspartei im Bundestag, hielt das Auswahlverfahren schon bei der Verabschiedung des → Standortauswahlgesetzes 2017 für ungeeignet. Die Bundesländer Bayern und Sachsen waren nicht einverstanden. Auch ein beteiligter Wissenschaftler, der dem Abschlussbericht zunächst zugestimmt hatte, rückte später wieder davon ab. Mit dem angeblichen Konsens ist es also nicht weit her.

    Weiterlesen:

    Königs-Konsens

  • siehe → Lernendes Verfahren

  • siehe → Atommüll-Fonds

  • Kristallingestein (etwa Granit) ist eines von drei Wirtsgesteinen, die laut Standortauswahlgesetz für ein → tiefengeologisches Lager infrage kommen.

    Für Granit spricht seine hohe mechanische Festigkeit und Hitzebeständigkeit und geringe Löslichkeit. Allerdings sind Kristallingesteine oft stark geklüftet, was dazu führen könnte, dass Wasser in ein tiefengeologisches Lager eindringt. Das soll aber unbedingt verhindert werden, da Wasser radioaktive Stoffe aus dem Endlager hinaus in die Biosphäre transportieren könnte. Bei geklüftetem Granit wären daher zusätzliche Sicherungsmaßnahmen und technische → Barrieren notwendig.

    Möglicherweise für die Atommüll-Lagerung geeigneten Granitformationen befinden sich vor allem in Süd- und Ostdeutschland.

    Weiterlesen:

    Schere, Stein, Papier

 

L

  • In öffentlich-rechtlichen Planungsverfahren werden Entscheidungen in der Regel von Behörden getroffen. Betroffene haben dann die Möglichkeit, diese Entscheidungen im Zweifel durch mehrere Instanzen gerichtlich prüfen zu lassen. Im Standortauswahlverfahren werden die Standorte jedoch nicht von einer Behörde bestimmt, sondern vom Bundestag beschlossen und in Gesetzesform gebracht – dadurch sind sie juristisch quasi unangreifbar.

    Betroffene können nur dann gegen Standortentscheidungen vorgehen, wenn sie vor dem → Bundesverfassungsgericht Grundrechtsverletzungen anmelden. Der Gesetzgeber hat die juristisch äußerst umstrittene Form der Legalplanung gewählt, um zeitliche Verzögerungen bei der Standortsuche zu verhindern, die aufgrund von laufenden Rechtsverfahren eintreten könnten. Auf diese Weise setzt der Staat sich über die Rechtsnorm hinweg und entzieht Bürgerinnen und Bürgern den nötigen Rechtsschutz. Gleichzeitig hebelt der Gesetzgeber die Gerichtsbarkeit weitgehend aus und verhindert somit eine unabhängige Kontrolle. Unter Jurist*innen ist die Legalplanung daher höchst umstritten. Denn sie ist ein Angriff auf die Gewaltenteilung – staatlicher Willkür sind damit Tür und Tor geöffnet.

    Weiterlesen:

    Politik sticht Wissenschaft

    Der Bundestag entscheidet - wie er will

  • 2031 soll der Standort für die langfristige Lagerung des hochradioaktiven Atommülls feststehen. Die Bundesregierung hält an diesem Termin fest, obwohl hinter vorgehaltener Hand selbst Verfahrensbeteiligte die Terminvorgabe als utopisch bezeichnen. Damit stellt die Bundesregierung das Verfahren unter konstanten Zeitdruck. Diese Haltung steht im Widerspruch zu einem „lernenden Verfahren“. Doch das → Standortauswahlgesetz (StandAG) erhebt genau diesen Anspruch für das Auswahlverfahren. Ein lernendes Verfahren ist aber mit einem erheblichen Zeitaufwand verbunden. Zum einen müssten die Verfahrensabläufe regelmäßig ausgewertet und gegebenenfalls verbessert werden. Dies könnte auch größere Verfahrensrückschritte beinhalten, doch nicht allein der zeitliche Aspekt macht Lerneffekte und wesentliche Verfahrenskorrekturen unwahrscheinlich. Insbesondere das → Bundesamt für die Sicherheit der kerntechnischen Entsorgung (BaSE) als für das Auswahlverfahren zuständige Behörde interpretiert den Gesetzestext sehr eng.

    Weiterlesen:

    Eine Lernkultur ist nicht vorhanden

    Das Standortauswahlgesetz: Lernendes Verfahren oder ehernes Gesetz?

 

M

  • § 23 StandAG legt die Mindestanforderungen fest, die ein Gebiet erfüllen muss, um im Auswahlverfahren zu bleiben:

    • geringe Gebirgsdurchlässigkeit (Schutz vor eindringendem Wasser)
    • Mächtigkeit des Gebirgsbereichs (mindestens 100 Meter); Sonderregelung für Kristallingestein)
    • Tiefe des Gebirgsbereichs (mindestens 300 Meter unterhalb der Oberfläche)
    • Fläche des Gebirgsbereichs (muss den Anforderungen des Müllvolumens entsprechen)
    • Barrierewirkung (es dürfen keine Erkenntnisse vorliegen, die die Integrität des Gebirgsbereichs langfristig infrage stellen)

    Erfüllt ein Gebiet eine dieser Mindestanforderungen nicht, scheidet es aus dem Verfahren aus.

 

N

  • Das Nationale Begleitgremium (NBG) hat laut Gesetz die Aufgabe, das Verfahren vermittelnd und unabhängig zu begleiten und soll dabei besonders die → Partizipation im Auge behalten. Das NBG besteht aus zwölf sogenannten „anerkannten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens“, die von Bundestag und Bundesrat bestimmt werden, und sechs nach dem Zufallsprinzip ausgewählte Bürger*innen. Sie dürfen in die Akten schauen, dem Bundestag Empfehlungen zum Verfahren geben und jederzeit Stellungnahmen abgeben, die niemand beachten muss – das Sahnehäubchen einer simulierten Öffentlichkeitsbeteiligung.

    In einem transparenten und fairen Verfahren wäre ein unabhängiges, beratendes und kontrollierendes Gremium mit Sicherheit eine gute Sache. Das Standortauswahlverfahren ist jedoch in sich eine Fehlkonstruktion – daran ändert ein noch so gut aufgestelltes, engagiertes und kritisch begleitendes Gremium nichts.

    Denn trotz eines direkten Kommunikationsdrahtes zu den Behörden, erweiterter Informationszugänge, des Rechts auf wissenschaftlichen Beistand, finanzieller Mittel und öffentlicher Stimme: Das Nationale Begleitgremium (NBG) ersetzt weder fehlende Beteiligungsrechte Betroffener, noch verfügt es selbst über ein Mitbestimmungs- und Vetorecht – ein zahnloser Tiger.

    Dadurch, dass ein Großteil der Mitglieder des NBG von Bundestag und Bundesrat ausgewählt werden, besteht direkter politischer Einfluss auf die Zusammensetzung des Gremiums.

    Das NBG erfüllt nicht die Funktion eines Korrektivs bei der Standortsuche – denn das würde Mitbestimmungsrechte und ein unabhängiges Wahlverfahren voraussetzen. Seine Aufgabe ist die Legitimation des Verfahrens in der Öffentlichkeit. Es dient dabei gleichzeitig als Puffer für Konflikte zwischen den staatlichen Institutionen und der Bevölkerung, ohne diese klären zu können.

    Das NBG hat seit 2016 eine Vielzahl an Vorschlägen zur Verbesserung der Verfahrensprozesse erarbeitet. In den allermeisten Fällen wurden diese Empfehlungen jedoch vom BaSE, Bundesregierung oder Bundestag verworfen. Unterm Strich ist das Gremium ein hoch engagiertes Feigenblatt.

    Weiterlesen:

    Das Nationale Begleitgremium: Hochengagiertes Feigenblatt

  • Im Jahr 1977 wurde der Salzstock → Gorleben als Standort für ein zukünftiges → Endlager bestimmt. Jahrzehntelang hielt der Staat daran fest, selbst als längst klar war, dass der Standort ungeeignet ist. Nur der beharrliche Widerstand im Wendland und ganz Deutschland sorgte dafür, dass Bund und Länder 2011 einen „Neustart“ bei der Suche nach einem Atommüll-Lagerplatz proklamierten und ankündigten, ein Endlagersuchgesetz zwischen Bund und Ländern erarbeiten zu wollen. Nach jahrelangem Hin und Her einigten sie sich 2013 auf ein vorläufiges Standortauswahlgesetz. Dieses sah vor, dass zunächst eine → Atommüll-Kommission das Verfahren überdenken und Kriterien für die Auswahl des Standortes vorschlagen sollte. Daraus entstand 2017 das eigentliche Standortauswahlgesetz (StandAG).

    Ein wirklicher Neustart ist das neue Verfahren aber nicht. Hinter dem eigenen Anspruch, partizipativ, wissenschaftsbasiert, transparent, selbsthinterfragend und lernend zu sein, bleibt es weit zurück und ist daher ungeeignet, den jahrzehntelangen → Konflikt um die langfristige Lagerung des Atommülls beizulegen und das Vertrauen der betroffenen Bürger*innen in das Verfahren zu gewinnen.

    Stattdessen sollte der Bundestag möglichst bald einen kompletten Neustart ausrufen. Diesmal sollten alle potenziellen Standortregionen und alle Regionen, in denen der Atommüll derzeit lagert, von Anfang an mit an den Tisch. Sie sollten formulieren, was ihre Anforderungen an ein faires Auswahlverfahren sind, welche Voraussetzung erfüllt sein müssen, damit sie den Akteuren der Suche vertrauen und unter welchen Bedingungen sie Verantwortung übernehmen können für ein gesamtgesellschaftliches und weit in die Zukunft reichendes Problem. Erst dann kann gemeinsam mit ihnen ein faires Auswahlverfahren entwickelt werden und schließlich ein Gesetz entstehen. Dafür setzt .ausgestrahlt sich ein.

  • NIMBY ist ein englischsprachiges Akronym und steht für Not in my backyard („nicht in meinem Garten/Hinterhof“). Es steht sowohl für eine Position, die darauf bedacht ist, Bedrohungen oder Gefahrenlagen auf andere zu verschieben, als auch für eine Person mit einer solchen Haltung. Im Deutschen spricht man auch vom „Sankt-Florians-Prinzip“.

    Im Rahmen der Standortsuche wird NIMBY oft von staatlichen Akteuren als Vorwurf gegen Betroffene benutzt, um ihnen zu unterstellen, nicht am Allgemeinwohl interessiert zu sein und nur eigennützige Interessen zu vertreten. Dabei ist es absolut berechtigt, wenn die Menschen aus einem Ort, der das Atommüll-Risiko für die ganze Gesellschaft auf sich nehmen soll, sich Sorgen um ihre Sicherheit und die ihrer Nachkommen machen und den Finger in die Wunde legen, wenn das Verfahren nicht fair und gerecht abläuft.

 

O

  • siehe → Partizipation

  • Öffentlichkeitsarbeit ist nicht das Gleiche wie Öffentlichkeitsbeteiligung, sondern Werbung oder PR. Die PR-Strategie des → Atommüll-Bundesamtes (BaSE) zielt weniger auf die Betroffenen ab als auf die nicht direkt betroffene Bevölkerung. Es soll der Eindruck entstehen, die betroffene Bevölkerung werde aktiv in das Standortauswahlverfahren einbezogen. Es geht dem BaSE darum, die große Mehrheit zu gewinnen und die Öffentlichkeit darauf vorzubereiten, gemeinsam den Betroffenen zu sagen, dass sie den Müll nehmen müssen. Wenn die sich dann aus guten Gründen wehren, werden wie womöglich als → NIMBYs diffamiert, die nicht bereit sind, gesellschaftliche → Verantwortung zu übernehmen.

 

P

  • Partizipation beginnt dort, wo Betroffene das Recht auf Mitbestimmung haben. Das StandAG suggeriert, es handele sich bei dem Standortauswahlverfahren um einen partizipativen und dialogorientierten Prozess. Tatsächlich können die angebotenen Beteiligungsinstrumente allenfalls als Vorstufen der Partizipation bezeichnet werden; Formen der Mitbestimmung schiebt das Gesetz rigoros einen Riegel vor.

    Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne des StandAG meint nicht mehr als behördlich regulierte Information und → Anhörung. Die Beteiligungsrechte der Betroffenen in den Fach- und Regionalkonferenzen sind im Wesentlichen auf die behördlich terminierte Abgabe von Stellungnahmen zum Verfahren beschränkt. Inwieweit diese Berücksichtigung finden, entscheiden die Verfahrensträger selbst.

    Weiterlesen:

    Allgemeines Stufenmodell der Partizipation (S.21)

    Vom Gefühl gehört zu werden

    Beteiligt werden oder beteiligt sein

    Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Standortsuche für ein langfristiges Atommüll-Lager nach StandAG

  • Der*die Partizipationsbeauftragte*r ist bei der Geschäftsstelle des → Nationalen Begleitgremiums angesiedelt und soll Spannungen zwischen den Beteiligten im Standortauswahlverfahren frühzeitig erkennen und analysieren sowie die Beilegung und Schlichtung von Konflikten unterstützen. Der Name ist nicht Programm, denn er*sie ist nicht dazu da, sich für mehr Partizipation einzusetzen.

  • siehe → Auswahlverfahren

  • „Planungswissenschaftliche“ – d. h. raumplanerische –  Abwägungskriterien kommen zum Einsatz, wenn es darum geht, große Gebiete, die sich potenziell für ein Endlager eignen, weiter einzugrenzen. Solche Kriterien sind beispielsweise der Abstand zur Wohnbebauung, Emissionen, Trinkwassergewinnung, Naturschutzgebiete, Kulturgüter, Vorkommen von Bodenschätzen, Vorhaben der Untergrundnutzung (etwa Fracking oder CO2-Einlagerung). Außerdem sind die planungswissenschaftlichen Abwägungskriterien dann wichtig, wenn die → BGE die geologischen Voraussetzungen mehrerer potenzieller Standorte als gleichwertig einschätzt. Planungswissenschaft schlägt jedoch nie Geologie.

    Weiterlesen:

    Tiefengeologisches Atommüll-Lager auch in Ballungsräumen möglich

 

R

  • Nach Bildung der → Regionalkonferenzen richtet das → Bundesamt für die Sicherheit der kerntechnischen Entsorgung (BaSE) die Fachkonferenz Rat der Regionen ein. Diese setzt sich zusammen aus Vertretern der Regionalkonferenzen und der Gemeinden, in denen derzeit radioaktive Abfälle zwischengelagert werden. Der Rat der Regionen soll bei Interessenkonflikten zwischen den Standorten vermitteln und die Prozesse in den Regionalkonferenzen begleiten. Das BaSE richtet eine Geschäftsstelle für den Rat der Regionen ein, der nicht mehr als 30 Teilnehmer*innen haben soll.

  • Als Rechtsschutz wird das Recht aller Bürger*innen bezeichnet, vor unabhängigen Gerichten in angemessener Zeit die Entscheidung über einen Sachverhalt zu bekommen oder ihr Recht geltend zu machen. Durch die → Legalplanung schränkt der Gesetzgeber den Rechtsschutz der Betroffenen bei der Standortsuche ein. Zudem sind die entscheidungsrelevanten Formulierungen im StandAG sehr offen gehalten und bieten daher kaum juristische Angriffsfläche.

    Weiterlesen:

    Der Bundestag entscheidet - wie er will

  • Die Regionalkonferenzen werden in jeder Standortregion eingerichtet, die von der → Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) gegen Ende der Phase 1 des → Auswahlverfahrens vorgeschlagen wird. Sie besteht aus einer Vollversammlung und einem Vertretungskreis. An der Vollversammlung dürfen alle Bürger*innen, Vertreter*innen der Kommunen und gesellschaftlichen Organisationen an den potenziellen Standorten teilnehmen. Die Vollversammlung wählt einen Vertretungskreis, der zu je einem Drittel aus diesen Personengruppen besteht und bis zu 30 Mitglieder hat. Er vertritt den jeweiligen Standort im Auswahlverfahren. Das Mitwirkungsrecht der Regionalkonferenzen beschränkt sich auf festgelegte Termine zur Anhörung und Abgabe von Stellungnahmen und Nachprüfaufträgen. Das Atommüll-Bundesamt entscheidet darüber. Bei Ausschluss des eigenen Standortes aus dem Verfahren löst sich die jeweilige Regionalkonferenz auf. Das BaSE richtet eine Geschäftsstelle für jede Regionalkonferenz ein.

  • Unter einer Rückholung versteht man im Unterschied zur → Bergung eine geplante technische Möglichkeit zum Entfernen der eingelagerten Behälter mit radioaktiven Abfällen aus dem Endlager.

    Der Aspekt der Rückholbarkeit des eingelagerten Atommülls spielt aufgrund der Erfahrungen mit der Asse eine große Rolle in der öffentlichen Debatte. Das → StandAG begrenzt die Rückholbarkeit auf die Dauer der Einlagerungsphase. Danach soll die Bergung des Atommülls 500 Jahre lang möglich sein. Die Bedingungen sind jedoch völlig ungeklärt. Auch ist die Behältertechnologie nicht ausgereift. Es gibt keinen Behälter, der für ein halbes Jahrtausend Dichtheit gewährleistet.

 

S

  • siehe → Steinsalz

  • siehe → NIMBY

  • Schwach- und mittelradioaktive Abfälle machen in Deutschland etwa 90 Prozent des anfallenden Volumens radioaktiver Abfälle aus und enthalten etwa ein Prozent der Radioaktivität. Sie stammen vor allem aus dem Betrieb und Abriss von Atomkraftwerken und anderen Atomanlagen, aber auch aus der Industrie, der Forschung und der Medizin. Insgesamt handelt es sich um bis zu 620.000 Kubikmeter Abfälle, die langfristig gelagert werden müssen – und das geplante Endlager Schacht Konrad wird davon nur etwa die Hälfte aufnehmen können, sollte es trotz seiner Mängel in Betrieb gehen.

    Laut → StandAG soll sich das Auswahlverfahren zunächst auf den Standort für ein Lager für hochradioaktiven Atommüll konzentrieren. Erst nach der Auswahl soll geprüft werden, ob auch → schwach- und mittelradioaktiver Atommüll am selben Standort untergebracht werden kann. Doch im Entwurf der → Sicherheitsanforderungen vom Juli 2019 ist ein kombiniertes Lager für hochradioaktive sowie schwach- und mittelradioaktive Abfälle plötzlich der Regelfall, auf den nur noch bei „erheblichen“ Nachteilen verzichtet werden soll. Auch laut → Zwischenbericht Teilgebiete soll die Möglichkeit der Einlagerung schwach- und mittelradioaktiver Abfälle an dem zu findenden Standort bereits im Auswahlprozess berücksichtigt werden.

  • Absolute Sicherheit wird es bei einem Atommüll-Lager nicht geben. Jedes der favorisierten Wirtsgesteine – → Salz, → Ton und → Granit – hat Vor- und Nachteile. Es bleibt also ein beträchtliches Risiko für die Betroffenen rund um den zukünftigen Standort – und für ihre Nachkommen.

    Gleichzeitig ist der Müll da und es ist notwendig, die am wenigsten unsichere Lagermethode und für diese wiederum den am wenigsten unsicheren Ort zu finden. Wenn dieser Ort gefunden ist, darf die Lagerung nicht am Widerstand der örtlichen Bevölkerung scheitern. Die wird aber nur dann bereit sein, dieses Risiko auf sich zu nehmen, wenn sie davon überzeugt sind, dass die Lagermethode die am wenigsten unsichere ist und dass das Auswahlverfahren und seine Akteure vertrauenswürdig sind. Dafür muss ausgeschlossen sein, dass politische Deals, fehlende Informationen, Kostenerwägungen oder knappe Zeitpläne dazu führen, dass ein ungeeigneter Standort ausgewählt oder eine besser geeignete Alternative verworfen wird. Das im → Standortauswahlgesetz (StandAG) festgeschriebene Auswahlverfahren gewährleistet diese Sicherheit nicht.

  • Ein dauerhaftes Lager für hochradioaktive Abfälle muss bestimmte Sicherheitsanforderungen erfüllen, damit es errichtet und betrieben werden darf. Die Ansprüche an das Sicherheitsniveau, die das geplante tiefengeologische Lager für hochradioaktive Abfälle aus atomrechtlicher Sicht erfüllen muss, hat der Gesetzgeber im September 2020 in einer Verordnung beschlossen, damit sie bei den geplanten vorläufigen → Sicherheitsuntersuchungen berücksichtigt werden können. Diese Verordnung ist im Auswahlverfahren von großer Bedeutung, denn sie legt fest, was als „sicher“ gilt, also etwa, wie viele radioaktive Stoffe freigesetzt werden dürfen.

    Weiterlesen:

    Völlig falsches Timing bei den Sicherheitsanforderungen

  • Vorläufige Sicherheitsuntersuchungen sind Untersuchungen, die in den verschiedenen Phasen des → Auswahlverfahrens auf Grundlage des dem jeweiligen Verfahrensstand entsprechenden konkretisierten Endlagerkonzeptes anzufertigen sind. Zum ersten Mal finden vorläufige Sicherheitsuntersuchungen im zweiten Schritt der Phase 1 statt (siehe → Auswahlverfahren). Für jedes → Teilgebiet wird eine eine vorläufige Sicherheitsuntersuchung durchgeführt. Im Anschluss werden erneut die geowissenschaftlichen Auswahlkriterien und zum ersten Mal auch die planungswissenschaftlichen Abwägungskriterien angewandt, um aus den → Teilgebieten die → Standortregionen für die übertägige Erkundung zu ermitteln.

  • Wenn bei der Standortsuche etwas schief geht, gibt es nur eine einzige Versicherung gegen ein schlechtes Atommüll-Lager, das kommende Generationen massiv gefährden würde: den Widerstand der Bevölkerung. Dass sich unsinnige Atomprojekte verhindern lassen, zeigt die Geschichte von Wyhl, Wackersdorf, Kalkar und Gorleben. Je früher sich Betroffene zusammenschließen und aktiv werden und in je mehr potenziellen Standortregionen sie dies tun, umso größer ist ihre Chance, zu einer machtvollen Stimme in der Auseinandersetzung um die Suche zu werden. Wenn nach der zweiten Phase des → Auswahlverfahrens nur noch wenige Gebiete übrig sind, wird es viel schwerer, Solidarität zu organisieren.

    .ausgestrahlt unterstützt lokale Gruppen dabei, die Bevölkerung mit kritischen Informationen über das offizielle Standortauswahlverfahren zu versorgen.

    Weiterlesen:
    Infoportal Standortsuche

    .ausgestrahlt-Shop

  • Standorte sind kleinere Gebiete innerhalb der → Standortregionen, die laut → Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) für ein dauerhaftes → tiefengeologisches Lager in Betracht kommen. Sie werden in Phase 2 des → Auswahlverfahrens bestimmt und in Phase 3 untertägig erkundet.

  • Das Standortauswahlgesetz (StandAG) definiert das → Auswahlverfahren, mit dem die Behörden, die in Deutschland für Atommüll zuständig sind, bis 2031 einen Standort für ein → Endlager für hochradioaktive Abfälle in Deutschland finden sollen. Ein vorläufiges Standortauswahlgesetz wurde bereits 2013 vom Bundestag beschlossen. Zunächst sollte jedoch die → Atommüll-Kommission das Auswahlverfahren überdenken und Kriterien vorschlagen. Daraus entstand 2017 das eigentliche StandAG.

    Das StandAG erhebt für sich den Anspruch, → partizipativ, → wissenschaftsbasiert, → transparent, selbsthinterfragend und → lernend zu sein, den es aber bei näherer Betrachtung nicht erfüllt.

  • Standortregionen sind kleinere Bereiche von → Teilgebieten, die nach Einschätzung der → Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) für ein Endlager besonders geeignet scheinen. Sie werden in Phase 1 des → Auswahlverfahrens bestimmt und in Phase 2 übertägig → erkundet.

  • Steinsalz wird auch als Salzgestein bezeichnet und ist eines von drei → Wirtsgesteinen, die laut → StandAG für ein → tiefengeologisches Lager infrage kommen. Steinsalz kann Temperatur sehr gut leiten und so Wärme von den eingelagerten radioaktiven Abfällen abtransportieren. Auch werden manche Hohlräume in Steinsalz mit der Zeit automatisch verschlossen, denn es kann sich verformen, ohne dabei zu brechen. Allerdings löst sich Steinsalz im Kontakt mit Wasser sehr leicht und kann daher Radionuklide schlecht zurückhalten, wenn Wasser eindringt und radioaktive Teilchen aufnimmt.

    Steinsalzformationen sind vor allem in Norddeutschland zu finden.

    Weiterlesen:

    Schere, Stein, Papier

  • Betroffene können zu drei festgelegten Zeitpunkten im Verlauf des Verfahrens Stellungnahmen abgeben. Die Stellungnahmen sollen im weiteren Prozess „Berücksichtigung finden“. Was das bedeutet, ist nicht gesetzlich geregelt. Die Verfahrensträger entscheiden somit selbst darüber, wie sie mit Kritik an ihren Entscheidungen umgehen.

 

T

  • In Phase 1 des → Auswahlverfahrens hat die → Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) Gebiete ermittelt, die „günstige geologische Voraussetzungen für die sichere Endlagerung hochradioaktiver Abfälle erwarten lassen“. Diese sogenannten Teilgebiete wurden ausschließlich auf der Grundlage von → geologischen Daten bestimmt, die in der Vergangenheit erhoben wurden – und zwar in den meisten Fällen nicht zum Zweck der Lagerung von Atommüll.

    Das StandAG legt → Ausschlusskriterien, → Mindestanforderungen und → geowissenschaftliche Abwägungskriterien fest, die nacheinander bei der Ermittlung der Teilgebiete zum Einsatz gekommen sind.

    Allerdings hat die BGE im → Zwischenbericht Teilgebiete nicht unterschieden, welche Gebiete noch dabei sind, da Daten vorliegen, die sie als günstig ausweisen, und welche Gebiete dabei sind, weil über sie keine ausreichenden Daten vorliegen.

    Im aktuellen Verfahrensschritt werden innerhalb der Teilgebiete → Standortregionen ermittelt. Am Ende der Phase 1 des Verfahrens entscheidet der Bundestag, welche Standortregionen in Phase 2 obertägig erkundet werden sollen.

  • Die tiefengeologische Lagerung ist ein Konzept für die dauerhafte Lagerung radioaktiver Abfälle in einer möglichst stabilen Gesteinsformation. Dabei wird der strahlende Müll mehrere hundert Meter unter der Erdoberfläche eingelagert und durch technische, geotechnische und geologische Barrieren möglichst lange von Mensch und Natur isoliert.

    Angesichts des hohen und langfristigen Gefährdungspotenzials hochradioaktiven Atommülls muss ein → Endlager die bestmögliche → Sicherheit gewährleisten. Das → Standortauswahlgesetz beschränkt diesen Sicherheitsanspruch auf die tiefengeologische Lagerung von Atommüll in Bergwerken in Salz-, Ton- oder Kristallingestein, ohne Alternativen zur tiefengeologischen Lagerung zu prüfen. Bislang sind alle Versuche einer Lagerung in Bergwerken gescheitert. Ein umfassender wissenschaftlicher Vergleich aller Lagerungsoptionen ist daher überfällig, wegen des Zeit- und Kostenaufwands aber nicht geplant.

  • Tongestein ist eines von drei → Wirtsgesteinen, die laut Standortauswahlgesetz für ein tiefengeologisches Lager infrage kommen.

    Tongestein ist kaum wasserlöslich, kann Risse selbst verschließen und zeichnet sich außerdem dadurch aus, dass es radioaktive Teilchen besonders gut zurückhalten kann. Auch besitzen es eine hohe Plastizität, kann sich also verformen, ohne dabei zu brechen. Allerdings ist die Wärmeleitfähigkeit gering und künstliche Hohlräume sind relativ instabil und müssen mit technischen Hilfsmitteln stabilisiert werden.

    Tonsteinformationen befinden sich im Norden Deutschlands sowie entlang der Donau und westlich des Bodensees. Sowohl Frankreich als auch die Schweiz haben sich bei der Endlagersuche für Ton als Wirtsgestein entschieden.

    Weiterlesen:

    Schere, Stein, Papier

  • Unter Transmutation versteht man allgemein Vorgänge, bei denen ein chemisches Element in ein anderes umgewandelt wird. Durch radioaktiven Zerfall ist das physikalisch möglich. Bei Atommüll bezeichnet der Begriff die grundsätzliche Möglichkeit, langlebige radioaktive Substanzen zu bestrahlen und sie dadurch in kurzlebigere Substanzen umzuwandeln. Dazu müsste der Atommüll zuvor „partitioniert“ werden, das heißt in einzelne Substanzen oder Substanzgruppen aufgetrennt werden. Daher spricht man häufig auch von P&T, also Partitionierung und Transmutation.

    Von Befürwortern der Atomkraft wird die Transmutation gerne als Lösung für das Atommüll-Problem dargestellt. Dabei verschweigen sie, dass die erforderlichen Transmutationsreaktoren nur auf dem Papier existieren, dass nur ein Teil des strahlenden Mülls überhaupt theoretisch umgewandelt werden kann (so dass ein Endlager trotzdem erforderlich wäre) und darüber hinaus die Atomwirtschaft über Jahrhunderte weiter bestehen müsste – verbunden mit den bekannten Gefahren schwerer Unfälle und der Weiterverbreitung von Atomwaffen sowie neuen, noch unbekannten Risiken.

    Weiterlesen:

    Transmutation vs. Dauerlager?

  • Das Standortauswahlgesetz (StandAG) deklariert die Standortsuche als ein transparentes Verfahren. Der im Gesetz verwendete Transparenzbegriff ist jedoch nicht klar definiert, sondern in seiner Auslegung weitgehend behördlicher Willkür überlassen.

    Tatsächlich erfüllt das StandAG lediglich die Vorgaben des → Umweltinformationsgesetzes (UIG) und der → Aarhus-Konvention, die den Zugang von Bürger*innen im In- und Ausland zu umweltrelevanten Informationen regeln. Im Rahmen des UIG können Bürger*innen gezielt Umweltinformationen anfordern. Im Standortauswahlverfahren hat das → Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BaSE) eine Online-Informationsplattform eingerichtet, doch Unterlagen, die Rückschlüsse auf das Auswahlverfahren erlauben, wurden erst mit Benennung der Teilgebiete veröffentlicht. Auch weiterhin wird der eigentliche Auswahlprozess hinter verschlossenen Türen stattfinden, die Öffentlichkeit erhält Informationen erst hinterher. So ist es weder für Betroffene noch für externe Fachleute möglich, den Wissensvorsprung der Behörden aufzuholen – zwangsläufig hinken sie dem Verfahren kontinuierlich hinterher.

    Nicht zuletzt wurden aufgrund der unzureichenden gesetzlichen Regelung zur Veröffentlichung geologischer Daten privater Unternehmen im neuen → Geologiedatengesetz längst nicht alle Daten veröffentlicht, die notwendig wären, um dies Auswahl vollständig nachvollziehen zu können. So wird nicht einmal der ohnehin unzureichende Transparenzanspruch des StandAG und des BaSE umgesetzt.

 

U

  • Das Umweltinformationsgesetz (UIG) regelt den Zugang von Bürger*innen zu umweltrelevanten Informationen und soll Umweltinformationen verbreiten.

    Im Rahmen des UIG können Bürger*innen gezielt Umweltinformationen anfordern. Im Standortauswahlverfahren richtet das → Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BaSE) eine Informationsplattform im Internet ein, die es mit Informationen bestückt, die es selbst als relevant eingestuft hat. Auch Umfang und Zeitpunkt der Informationsfreigabe bestimmt maßgeblich das BaSE.

 

V

  • Immer wieder heißt es, bei dem Auswahlverfahren gehe es um das Allgemeinwohl und die gesamtgesellschaftliche Verantwortung, der sich niemand entziehen dürfe. Dabei soll ein Ort das atomare Risiko für die ganze Gesellschaft auf sich nehmen. Wenn sich dort die Menschen wehren, weil das → Auswahlverfahren keine fairen und gerechten Ergebnisse garantiert, dann drücken sie sich nicht vor der Verantwortung, sondern nehmen ganz im Gegenteil die Verantwortung für ihr Gemeinwesen und ihre Nachkommen wahr – und bewahren die ganze Gesellschaft möglicherweise vor einem folgenschweren Fehler.

 

W

  • Laut Standortauswahlgesetz (StandAG) kommen für die tiefengeologische Lagerung des Atommülls in Deutschland drei Wirtsgesteine infrage: → Steinsalz, → Tongestein und → Kristallingestein. Jedes von ihnen hat charakteristische Eigenschaften, die für und gegen seine Eignung als Atommüll-Lagerstätte sprechen. Diese Eigenschaften können außerdem an unterschiedlichen Orten mehr oder weniger stark ausgeprägt sein.

    Eine der zentralen Fragen bei der Standortsuche ist die Abwägung der Vor- und Nachteile der Gesteine und der jeweiligen Gegebenheiten vor Ort. Das StandAG ist in dieser Frage jedoch bewusst vage und legt nicht fest, wie die einzelnen Kriterien gegeneinander abgewogen werden sollen. Es bietet keine adäquaten Vergleichsmöglichkeiten für die unterschiedlichen Gesteinstypen und öffnet damit politischer Einflussnahme Tür und Tor.

  • In § 1 erhebt das Gesetz den Anspruch, die Grundlage für ein wissenschaftsbasiertes Verfahren zu sein. In den folgenden Paragraphen wird jedoch deutlich, dass wesentliche Voraussetzungen für Wissenschaftlichkeit nicht erfüllt sind: Die im Gesetz festgeschriebenen Kriterien für die Standortsuche sind das Ergebnis politischer Kompromisse statt wissenschaftlicher Erkenntnisse. Bei der Gewichtung der aufgeführten Abwägungskriterien fehlen klare Vorgaben. Dies öffnet Spielräume für politische Standortentscheidungen. Weil die geologischen Daten, die der Entscheidung in Phase 1 zugrunde liegen, aus rechtlichen Gründen nur teilweise veröffentlicht werden dürfen, fehlt es an Nachvollziehbarkeit und Transparenz. Und am Ende legt den Standort der Bundestag fest, der sich dabei nicht an die Standortempfehlungen von BGE und BaSE halten muss: Hier zählen die Mehrheitsverhältnisse im Parlament.

 

Z

  • Ende 2022 soll das letzte Atomkraftwerk in Deutschland vom Netz gehen. 2031, so die Zielvorgabe im Standortauswahlgesetz, bestimmt das Parlament den Standort für das Atommüll-Lager. Dieser Termin erzeugt erheblichen Zeitdruck, entsprechend gibt es im laufenden Prozess keinen Spielraum für eine grundlegende Analyse des Verfahrens oder wesentliche Korrekturen. Experten – sowohl unter den Gegnern als auch den Befürwortern des Verfahrens – halten den Termin für kaum machbar. Wenn der Standort feststeht, soll die Einlagerung von Atommüll 2050 beginnen und 2080 abgeschlossen sein.

  • Im Herbst 2020 hat die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) den Zwischenbericht Teilgebiete herausgegeben und damit erstmals die für sie infrage kommenden Gebiete eingegrenzt.

    Seitdem ist klar: 54 Prozent des Bundesgebiets bleiben vorerst im Verfahren. 90 → Teilgebiete hat die BGE als grundsätzlich geeignet für die Lagerung des Atommülls ausgewiesen, fast drei Viertel der Landkreise und kreisfreien Städte sind betroffen. Das schmälert die Aussagekraft der Karte immens und lässt die Menschen im Unklaren darüber, wie groß die Wahrscheinlichkeit tatsächlich ist, dass ihre Region für das geplante → Endlager infrage kommt. Eine breitere gesellschaftliche Debatte bleibt aus, obwohl sie jetzt dringend notwendig wäre.

    Tatsächlich haben mitnichten alle ausgewiesenen Teilgebiete gleiche Voraussetzungen. Anders als im → StandAG gefordert, hat die BGE darauf verzichtet, Gebiete mit unzureichender Datenlage gesondert aufzuführen. Stattdessen stehen Regionen, die verhältnismäßig gut erforscht sind, gleichberechtigt neben Regionen, über die so gut wie nichts bekannt ist. Bei diesen wurde mit Referenzdaten gearbeitet, also Daten darüber, wie Ton-, Salz oder Kristallingestein im Idealfall aufgebaut ist. Außerdem wurden 3-D-Schichtmodelle genutzt, bei denen Erfahrungswerte und Daten über den Schichtaufbau des Untergrundes aus einzelnen Datenpunkten durch Linien verbunden werden. Tatsächlich ist unklar, wie es dort unter der Erde wirklich aussieht. Einige geologische Dienste von Bundesländern haben bereits festgestellt, dass die von ihnen gelieferten Daten von der BGE offenbar nicht vollständig ausgewertet wurden und in riesigen Flächen von ausgewiesenen Teilgebieten das entsprechende Gestein erwiesenermaßen gar nicht vorkommt. Auch die oberste geologische Bundesbehörde, die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), hat das Vorgehen der BGE kritisiert.

    Laut → Standortauswahlgesetz soll der Bericht die Öffentlichkeit in die Lage versetzen, den ersten Auswahlschritt nachzuvollziehen. Doch dafür müsste die BGE zeitgleich auch alle → geologischen Daten veröffentlichen, die ihrer Auswahl zugrunde liegen. Stattdessen bleiben große Datenmengen wegen Beschränkungen im Umgang mit privatrechtlich erhobenen geologischen Daten vorerst und teilweise auch für immer geheim. Außerdem sind mit dem Erscheinen des Zwischenberichts seit Verfahrensstart bereits drei Jahre vergangen, in denen keinerlei Zwischenergebnisse bekannt gemacht wurden. Es ist für Betroffene kaum möglich, diesen Verfahrensvorsprung aufzuholen.

    Im Anschluss an die Veröffentlichung des Zwischenberichts Teilgebiete hat das Atommüll-Bundesamt (BaSE) die → Fachkonferenz Teilgebiete einberufen.

  • Der Großteil des Atommülls aus den deutschen AKW wird aktuell in → Castor-Behältern in den 16 deutschen Zwischenlagern für hochradioaktive Abfälle aufbewahrt. Die Genehmigungen für diese Zwischenlager und Behälter laufen zwischen 2034 und 2047 aus. Dabei ist höchst unwahrscheinlich, dass der gesamte Atommüll überhaupt in diesem Jahrhundert in ein dauerhaftes Lager überführt werden kann. Bereits jetzt ist der Atommüll in den Zwischenlagern nicht ausreichend vor äußeren Einflüssen geschützt; etwa vor Flugzeugabstürzen oder Erdbeben. Zwei der Lagerhallen werden schon seit Jahren aufgrund fehlender Sicherheitsnachweise ohne gültige Genehmigung betrieben. Und wenn nach und nach die noch bestehenden Betriebsgenehmigungen enden, läuft es allem Anschein nach auf eine Verlängerung ohne neue Sicherheitskonzepte hinaus.

    Seit dem 1. Januar 2019 liegt die Verantwortung für die Zwischen- und Endlagerung des Atommülls in staatlicher Hand. Für den Betrieb der genehmigten Zwischenlager ist die → Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung zuständig. Damit sind die AKW-Betreiber den Müll endgültig los, nachdem sie sich 2017 mit einer Einmalzahlung in Höhe von nur 24 Milliarden Euro für den → Atommüll-Fonds bereits ihres langfristigen finanziellen Risikos entledigt haben.

    weiterlesen:

    Zwischenlagerung hochradioaktiven Atommülls in Deutschland