Pressemitteilung
Risse im AKW Lingen/Emsland: Atomaufsicht missachtet Empfehlungen der Reaktorsicherheitskommission
Umweltminister Lies (SPD) will Reaktor trotz gefährlicher Spannungsrisskorrosion in den Dampferzeugern wieder ans Netz lassen / 10.000 Rohre noch immer ungeprüft / Mittwoch (26.6.) Protest vor dem AKW
Zum verantwortungslosen Umgang der niedersächsischen Atomaufsicht mit der gefährlichen Spannungsrisskorrosion in den Rohren eines Dampferzeugers des AKW Lingen/Emsland erklärt Jochen Stay von der Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt:
„Obwohl bei stichprobenartigen Kontrollen der Dampferzeuger des AKW Lingen/Emsland schon zwei Rohre mit Rissen entdeckt wurden, die auf gefährliche Spannungsrisskorrosion zurückzuführen sind, will die niedersächsische Atomaufsicht den Reaktor ohne weitere Prüfungen offenbar schon diesen Donnerstagabend wieder ans Netz lassen. Dabei sind noch fast 10.000 der insgesamt 16.000 Heizrohre in den Dampferzeugern nicht geprüft. Das ist nicht nur grob fahrlässig, sondern missachtet auch die einschlägigen Empfehlungen der Reaktorsicherheitskommission. Diese verlangte schon 2010 bei jedem Hinweis auf Spannungsrisskorrosion in Dampferzeuger-Heizrohren: ‚An allen Dampferzeugern sind die Heizrohre (…) zu 100 % zu prüfen.‘
Die Bevölkerung nicht nur in Niedersachsen hat ein Anrecht darauf, dass die Atomaufsicht diese Empfehlungen auch einhält.
Die niedersächsischen Atomaufseher laufen zudem Gefahr, denselben Fehler wie ihre baden-württembergischen Kollegen zu begehen. Diese ließen das mit dem AKW Emsland baugleiche AKW Neckarwestheim‑2 im Herbst 2017 trotz Korrosion an den Heizrohren zunächst wieder ans Netz und ordneten auch für das Folgejahr lediglich eine weitere Stichprobenkontrolle an. Erst als dabei erneut Korrosionen entdeckt wurden, ließen sie endlich alle Heizrohre prüfen – und stießen dabei dann auf mehr als 100 zum Teil sehr tief gehende Risse.
Spannungsrisskorrosion bedeutet, dass diese Risse unvorhersehbar und schnell wachsen können. Liegen die chemisch-physikalischen Voraussetzungen für Spannungsrisskorrosion in den Dampferzeugern vor – und das ist im AKW Emsland der Fall, wie die beiden bereits entdeckten Risse zeigen –, sind potenziell alle Rohre in den Dampferzeugern davon betroffen. Umweltminister Lies (SPD) darf das AKW daher erst dann wieder ans Netz lassen, wenn alle Rohre auf mögliche Risse kontrolliert wurden.
Atomkraftgegner*innen werden morgen (Mittwoch, 26.6.) ab 17 Uhr unter dem Motto ‚Ein Riss kommt selten allein‘ vor dem AKW protestieren und der Forderung nach Kontrolle aller Rohre Nachdruck verleihen.“
Hinweis:
Die Risiken eines Bruchs von Dampferzeuger-Heizrohren in einem AKW infolge von Spannungsrisskorrosion hat der renommierte Reaktorsicherheitsexperte Prof. Dr.-Ing. habil. Manfred Mertins in einer fachlichen Stellungnahme für .ausgestrahlt zusammengefasst. Diese können Sie hier herunterladen.
Die Stellungnahme der Reaktorsicherheitskommission von 2010 finden Sie hier (Seite 7).