Pressemitteilung

22. Juni 2020
Pressemitteilung von .ausgestrahlt

Atommüll-Bundesamt trickst bei Standortsuche Betroffene aus

Entscheidende Phase bei der Suche nach einem tiefengeologischen Lager für hochradioaktiven Atommüll wird überschattet von massiven Einschränkungen bei der Öffentlichkeitsbeteiligung

Bei der gesetzlich vorgeschriebenen Beteiligung der Öffentlichkeit am Suchverfahren für ein tiefengeologisches Atommüll-Lager in Deutschland versucht das zuständige Bundesamt alles, um die Partizipation zu erschweren.

Die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) hatte für Ende September 2020 die Veröffentlichung des „Zwischenberichts Teilgebiete“ angekündigt, in dem sie die Gebiete im Bundesgebiet benennen wird, die aufgrund ihrer geologischen Situation für die weitere Suche günstig erscheinen. Mit diesem Bericht wird dann also erstmals eine offizielle Landkarte der Suchräume vorliegen.

Laut Standortauswahlgesetz soll dieser Bericht auf einer Teilgebiete-Konferenz erörtert werden, die innerhalb von sechs Monaten dreimal tagt und an der sich sowohl Bürgerinnen und Bürger als auch Vertreterinnen und Vertreter der betroffenen kommunalen Gebietskörperschaften sowie Personen aus Verbänden und aus der Wissenschaft beteiligen können.
 
Ursprünglich hatte das Atommüll-Bundesamt (BASE) geplant, die erste Konferenz im Januar 2021 abzuhalten. So wäre für alle Betroffenen die Möglichkeit gegeben, sich zwischen der Veröffentlichung des Berichtes und der ersten Konferenz in die komplizierte Materie einzuarbeiten, sich von unabhängigen Expertinnen und Experten beraten zu lassen und somit gut vorzubereiten.

Nun hat das Bundesamt überraschend festgelegt, dass die erste Teilgebiete-Konferenz bereits am 17. und 18. Oktober 2020 stattfinden soll. Zudem soll der Zwischenbericht nicht mehr wie angekündigt Ende September veröffentlicht werden, sondern erst direkt auf der Konferenz.

Damit haben weder die Bürgerinnen und Bürger noch die Kommunen eine Chance, vorher zu erfahren, ob sie betroffen sind. Das wird dazu führen, dass zahlreiche Betroffene diese erste Konferenz versäumen werden. Verstärkt wird dies noch durch die Terminierung mitten in den Herbstferien, wenn möglicherweise viele Menschen die aufgrund der Reisebeschränkungen im Frühjahr ausgefallenen Urlaube nachholen werden. Zudem sind Großveranstaltungen im Oktober aufgrund der Corona-Pandemie nur mit strengen Hygiene-Auflagen durchführbar, was konkret dazu führt, dass im vorgesehenen Veranstaltungszentrum in Kassel nur relativ wenige Menschen Platz finden werden.

Selbst wer trotz all dieser Einschränkungen teilnimmt, kann sich nicht inhaltlich auf die Konferenz vorbereiten, weil der Bericht vorher nicht veröffentlicht wird. Es wird auf der Veranstaltung dann nur die Sichtweise der BGE, die den Bericht erstellt hat, vorgetragen werden. Kompetente Kritik daran ist nicht möglich, da sich niemand einarbeiten konnte und unabhängige fachliche Expertise nicht zur Verfügung steht.

Dazu erklärt Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt:

„Das Atommüll-Bundesamt begründet die Zusammenlegung der Veröffentlichung des Zwischenberichts und der ersten Teilgebiete-Konferenz mit Chancengleichheit für die Betroffenen. Chancengleichheit wird also darüber hergestellt, dass niemand eine Chance hat. Das Handeln der Behörde macht deutlich, dass sie nicht an tatsächlicher Partizipation interessiert ist, sondern nur mit möglichst wenig Aufwand einen Paragraphen aus dem Gesetz abhaken will. Teilgebiete-Konferenz: erledigt! Damit schürt sie allerdings neue Konflikte um den Atommüll, weil so kein Vertrauen entsteht.

Das Vorgehen der für strahlende Abfälle zuständigen staatlichen Akteure war in der Vergangenheit geprägt von Manipulation, Intransparenz und Skandalen, verbunden mit einem eklatanten Vertrauensverlust in der Bevölkerung. Daran knüpft das Atommüll-Bundesamt jetzt leider nahtlos an.

Das Motto der aktuell laufenden millionenschweren Werbekampagne des Bundesamtes lautet, auf die Geschichte der Atomkraft und die Standortsuche bezogen: ‚Das letzte Kapitel schreiben wir gemeinsam‘. Passender wäre gewesen: ‚Das letzte Kapitel schreiben wir mal wieder ohne Euch!‘“

Eine Begebenheit am Rande, die für sich spricht: Bisher stand die Aussage der BGE im Raum, den Zwischenbericht bereits Ende September zu veröffentlichen. Doch längst ist intern entschieden, dass dies erst Mitte Oktober geschieht. Das Nationalen Begleitgremium (NBG), das die Standortsuche laut Gesetz vermittelnd und unabhängig begleiten soll, hat auf seiner Sitzung am 18. Juni noch ausführlich Pläne diskutiert und entwickelt, wie man rund um die Veröffentlichung im September der eigenen Aufgabe möglichst gut gerecht werden kann. Die anwesende Vertreterin des Atommüll-Bundesamtes hat die Diskussion verfolgt und nicht eingegriffen, um die Terminfrage richtigzustellen. Sie hat das NBG sehenden Auges in die falsche Richtung laufen lassen.

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