Pressemitteilung
AKW-Heizrohre außer Kontrolle: Atomaufsicht träumt - Innenminister setzt auf Placebos
„Tanzende Rohre“: Plakativer Protest vor dem Umweltministerium in Stuttgart
Sehr geehrte Damen und Herren,
zeitlich ist es wohl eher Zufall, und doch sagt es viel aus über die verkorkste Energiepolitik der baden-württembergischen Landesregierung:
da versucht die EnBW in der Jahresrevision ihres AKW Neckarwestheim II (GKN II) krampfhaft, dieses trotz verrotteter Dampferzeuger in die nächste Betriebszeit zu bringen, macht dabei einen Fehler nach dem anderen in den Sicherheits-Aggregaten der Dampferzeuger, und dürfte nach zwei Wochen Revision nun schon erste Ergebnisse der Risse-Untersuchungen haben, und ausgerechnet da jubelt der Innenminister über neue Jodtabletten:
„‘Dem Schutz der Bevölkerung vor den Folgen kerntechnischer Unfälle kommt jedoch auch weiterhin große Bedeutung zu. Ein wichtiges Mittel zur Vorsorge ist die Vorhaltung von Jodtabletten, die bei Bedarf kurzfristig an die betroffene Bevölkerung ausgegeben werden können‘, so Minister Thomas Strobl.“
(1.7.20, https://www.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/neue-jodtabletten-fuer-den-katastrophenschutz-1)
An der Ministeraussage ist so gut wie alles falsch. Wäre der Schutz der Bevölkerung dem Land wirklich wichtig, würde es das Schrott-AKW Neckarwestheim keine Minute mehr weiter laufen lassen. Auf einen atomaren Ernstfall ist der Katastrophenschutz nicht eingerichtet, auch Jodtabletten könnten dann nicht mehr rechtzeitig ausgegeben werden, und diese verhindern ohnehin nur einen winzigen Teil der Folgen eines Super-GAU, und auch das nur bei ganz früher Einnahme.
Neckarwestheim II war einem Super-GAU noch nie so nahe wie heute.
Da helfen keine Jodtabletten, da hilft nur: Stilllegen, sofort und für immer!
Schon wenn eines der 16.000 dünnen Rohre in den Dampferzeugern des GKN II abreißt, um sich schlägt und dabei ein weiteres der vielen vorgeschädigten Rohre undicht wird, ist die Situation nicht mehr beherrschbar.
Mit 6 m langen, flatternden „Airtubes“ haben wir heute symbolkräftig vor dem Umweltministerium die unkontrollierbare Wucht explosiver Dampfbildung und sich gegenseitig beschädigender Heizrohre deutlich gemacht.
Fotos der Aktion stellen wir Ihnen zeitnah zum Download zur Verfügung, voraussichtlich ab circa 13 Uhr: https://cloud.ausgestrahlt.de/index.php/s/wktdyA3CoMGCT26
(Vorabinfo: weitere Fotos, vom für Sonntag 14 Uhr geplanten „Sonntagsspaziergang zum AKW Neckarwestheim“, wird es am Sonntagnachmittag ebenfalls zum Download geben: https://cloud.ausgestrahlt.de/index.php/s/G9yQD8bJTGKPCfa)
Hintergrund:
Im AKW werden ständig die Grenzen der Physik getestet. Damit das radioaktive Wasser im Primärkreis trotz 325°C nicht explosionsartig verdampft, braucht es circa 160 bar an Druck, und es gibt kaum Sicherheitsreserven, dafür inzwischen Hunderte von Rissen an den dünnwandigen Heizrohren in den Dampferzeugern.
Die Atomaufsicht träumt davon, selbst bei einem Abriss eines Heizrohres könne das AKW noch kontrolliert notabgeschaltet werden, trotz des plötzlichen Druckabfalls (um die Heizrohre herum besteht nur circa 65 bar Druck), und das bei vorgeschädigten Nachbar-Rohren.
Tatsächlich muss aber mit zerstörerischen Dampfstrahlen, Dampfblasen, Wasserverlust und umherschlagenden Enden abreißender Rohre gerechnet werden. Spätestens der zweite Rohrabriss ist auch aus amtlicher Sicht nicht mehr beherrschbar.
Mehr Infos, unseren Stillegungsantrag vom 19.06.2020 und das Gutachten des Reaktorsicherheitsexperten Prof. Dr.-Ing. habil. Manfred Mertins, sowie eine Video-Animation der Heizrohr-Risse finden Sie hier:
https://www.ausgestrahlt.de/akw-neckarwestheim