Würgassen wird keine Atommüll-Drehscheibe

20.12.2023 | Jan Becker
None
Foto: Jannis Grosse

Widerstand wirkt: Auf dem Gelände des ehemaligen Atomkraftwerk Würgassen wird kein zentrales Umschlaglager für Atommüll entstehen. Eine „rechtzeitige Realisierbarkeit“ sei weder dort noch anderswo gegeben, so das Bundesumweltministerium – und zog nun einen Schlussstrich.

Im März 2020 hatte die Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) völlig überraschend erklärt, in Würgassen am alten AKW-Standort ein zentrales Zwischenlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle errichten zu wollen. Ab 2027 sollte der gesamte schwach- und mittelradioaktive Müll aus ganz Deutschland in dem „Logistikzentrum Konrad“ vorsortiert und dann in einem zweiten Transport zum 90 Kilometer entfernten „Schacht Konrad“ gebracht werden. Die BGZ betonte immer wieder, dass sich durch das Bereitstellungslager angeblich viel Zeit sparen lasse. Der deutsche Atommüll würde so zehn Jahre eher vollständig im Schacht Konrad gelagert werden als ohne das Lager.

Die Pläne im Dreiländereck von Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hessen hatte jahrelang für Streit gesorgt. Das Projekt genüge wesentlichen Ansprüchen der Entsorgungskommission des Bundes in zwei wesentlichen Punkten nicht: Kritiker*innen führten an, dass es Mängel bei der geplanten Anlieferung und dem Hochwasserschutz gebe. Eine Studie belegte sogar, dass das gesamte Projekt unnötig sei. Doch nicht nur Atomkraftgegner:innen, auch Kommunal- und Landespolitik sprachen sich bis zuletzt gegen das Logistikzentrum aus.

Vor Fehlinvestition bewahrt

Nun hat das Bundesumweltministerium (BMVU) einen Schlussstrich gezogen. Wegen zu vieler rechtlicher und planerischer Risiken sei das Logistikzentrum „voraussichtlich nicht rechtzeitig und damit auch nicht wirtschaftlich umsetzen“. Bis zum Ende des Jahres wären neben bereits investierten 60 Millionen Euro ein weiterer zweistelliger Millionenbetrag für den Grundstückskauf freizugeben gewesen. Das BMVU spricht von einer möglichen „Fehlinvestition“ und hat entschieden, das Vorhaben zu beenden. Es werde auch keine Suche nach einem alternativen Standort geben, so Bundesumweltministerin Steffi Lemke. „Damit schaffen wir Klarheit und Verlässlichkeit für alle Beteiligten.“ Stattdessen soll der strahlende Müll direkt aus den über 30 Zwischenlagern in das geplante „Endlager“ Schacht Konrad gebracht werden.

Diese Entscheidung sei ein „Erfolg und ein schönes Weihnachtsgeschenk für die Region“, so die Bürgerinitiative Atomfreies 3-Ländereck, die sich seit Jahren gegen die „Atommüll-Drehscheibe“ wehrt. Die Entscheidung des Umweltministeriums sei für die zukünftigen Beurteilungen bei der atomaren „Entsorgung“ ein deutliches Signal. „Nur durch Transparenz und sachliche Entscheidungen kann man dieser Herkulesaufgabe gerecht werden“, unterstreichen die Aktivist*innen.

Nun muss Schacht Konrad vom Tisch

Für Schacht KONRAD stelle die Aufgabe der Pläne ein „weiteres Indiz für die Flickschusterei in Bezug auf den Umgang mit radioaktiven Abfällen dar“, stellt Ludwig Wasmus vom Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad klar. Das Logistikzentrum war „zunächst überhaupt nicht geplant, dann unumgänglich, dann nicht zwingend und nun gar nicht“. Alles was mit KONRAD zu tun habe gerät ins Wanken, die Zeit sei reif „für ein endgültiges Kippen!“.

weiterlesen:

« Zur Blogübersicht
Jan Becker Profil-Bild

Jan Becker

Jan Becker hat jahrelang die Webseite www.contrAtom.de betrieben und täglich aktuelle Beiträge zur Atompolitik verfasst. Seit November 2014 schreibt der studierte Umweltwissenschaftler für .ausgestrahlt. Jan lebt mit seiner Familie im Wendland. Mit dem Protest gegen regelmäßig durch seine Heimatstadt Buchholz i.d.N. rollende Atommülltransporte begann sein Engagement gegen Atomenergie, es folgten die Teilnahme und Organisation zahlreicher Aktionen und Demonstrationen.

blog via e-mail abonnieren
RSS-FEED
Blog als RSS-FEED abonnieren.
abonnieren »