Das Bundeswirtschaftsministerium sieht im Zusammenhang mit dem Einstieg Russlands in die Brennelementefertigung in Lingen die Möglichkeit einer „Beeinträchtigung der Sicherheitsinteressen“ Deutschlands und die Gefahr von „Sabotageakten“ – bis heute.
Im April 2023 schreibt Wirtschaftsminister Robert Habeck: „Die Nukleartechnologie ist ein extrem sensibler Bereich, und Russland kann hier nicht mehr als verlässlicher Partner betrachtet werden.“
Als solch ein Partner betrachtet die Brennelementefabrik in Lingen jedoch weiterhin den russischen, am Krieg in der Ukraine beteiligten Staatskonzern Rosatom. Die Fabrik wollte zuerst in Deutschland ein Gemeinschaftsunternehmen mit Rosatom gründen, um die Produktion der Brennelemente zu erweitern. Als klar wurde, dass das Bundeswirtschaftsministerium dies nicht genehmigen wird, hat Eigentümer Framatome den Antrag Anfang 2022 zurückgezogen. Statt in Deutschland hat Framatome das Gemeinschaftsunternehmen in Frankreich gegründet. Wie das Bundesumweltministerium auf .ausgestrahlt-Anfrage mitgeteilt hat, handelt es sich um das Unternehmen „European Hexagon Fuels S.A.S.“ mit Sitz in Lyon.
.ausgestrahlt hat daher eine Anfrage beim Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) gestellt. Wir wollen wissen, wie das BMWK das ehemals in Deutschland geplante Gemeinschaftsunternehmen bewertet hat. Denn wenn die Zusammenarbeit mit Russland ein Problem darstellt, dann ist sie auch dann ein Problem, wenn sie rechtlich in Frankreich angesiedelt ist.
Das BMWK hat die Anfrage abgelehnt – aber mit einer Begründung, die es in sich hat. Es schreibt unter anderem, dass „die Offenlegung der genannten Erwägungen weiterhin deutsche Sicherheitsinteressen beeinträchtigen kann“. Und weiter: „Das Bekanntwerden von Details zu entsprechenden Einstufungen ist geeignet, die Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik zu beinträchtigen, bspw. im Hinblick auf Ziele von Sabotageakten.“
In anderen Worten: Das Bundeswirtschaftsministerium sieht durchaus die Gefahr, dass der Einstieg Rosatoms in die Brennelementefertigung in Lingen deutsche Sicherheitsinteressen beeinträchtigt – denn sonst könnten auch die zugrundeliegenden Informationen problemlos veröffentlicht werden. Dies geht offenbar so weit, dass selbst Sabotageakte nicht ausgeschlossen werden.
Selbstverständlich legt .ausgestrahlt gegen die Ablehnung Widerspruch ein. Diese Informationen gehören an die Öffentlichkeit – gerade wenn sie sicherheitsrelevant sind. Sicherheit kann man nicht dadurch schaffen, indem man Probleme verheimlicht. Sicherheit schafft man, indem man die problematische Situation benennt und verändert – also den Einstieg Rosatoms verhindert und die Brennelementefabrik endlich schließt.
Anfrage & Ablehnungsschreiben bei FragDenStaat.de
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