Von „Atomausstieg“ kann im Lingener Brennelementewerk nicht die Rede sein. Während die letzten deutschen AKW vom Netz gehen, soll künftig von einem französisch-russischen Konsortium von Deutschland aus der atomare Weltmarkt beliefert werden. Lingen könnte zur Drehscheibe der west- und osteuropäischen Atomindustrie werden! Atomkraftgegner*innen antworten mit einer großen Demonstration am 15. April.
Während es wenige Kilometer Luftlinie am AKW Emsland am 15. April tatsächlich etwas zu feiern geben wird, nämlich endlich die endgültige Stilllegung der gefährlichen Anlage, wollen die Betreiber der Brennelementefabrik expandieren. Jetzt ist bekannt geworden, dass dafür ein „Gemeinschaftsunternehmen“ zwischen der französischen Framatome (heutiger Betreiber) und dem russischen Staatskonzern Rosatom gegründet wurde. Das Ziel ist, in Deutschland auch Brennelemente herzustellen, die in Reaktoren russischer Bauart (vor allem in Osteuropa) einsetzbar sind. Dafür sind Rosatom-Lizenzen nötig. Durch eine Produktion im Emsland könnte Rosatom zudem mögliche EU-Sanktionen im Atombereich anlässlich des Ukraine-Angriffs (sollten sie denn irgendwann endlich erlassen werden) bequem umgehen. Auch ist Russland weiterhin Hauptlieferant für das benötigte Uran, immer wieder werden Schiffstransporte von Sankt Petersburg durchgeführt. Der nächste wird in wenigen Tagen erwartet.
„Es ist unfassbar: Seit 13 Monaten führt Russland einen blutigen und völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Der Kreml-Konzern Rosatom ist daran durch die Besetzung des ukrainischen Atomkraftwerkes Saporischschja unmittelbar beteiligt. Doch der französische Atomkonzern Framatome tut so, als sei Rosatom weiterhin ein Geschäftspartner wie jeder andere“, kommentiert Udo Buchholz vom Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz diese Entwicklung. Es bräuchte „dringend ein politisches Veto aus Hannover und Berlin“.
Lingen wird zur Drehscheibe der west- und osteuropäischen Atomindustrie!
Zuständig für den Antrag von Framatome zum Ausbau der Brennelementefabrik Lingen ist das niedersächsische Umweltministerium unter dem grünen Minister Christian Meyer. Dieser äußert sich zwar in den Medien kritisch gegenüber dem neuen französisch-russischen Joint Venture, schweigt aber zu seinem Umgang mit dem seit 2022 laufenden Genehmigungsverfahren.
Die lokalen Initiativen sind sich einig darüber, was nun der nächste Schritt des Ministers sein muss:
„Wir fordern den sofortigen Abbruch des Genehmigungsverfahrens zum Ausbau der Brennelementefabrik in Lingen und das Ende der atomaren Zusammenarbeit mit Russland,“ so Alexander Vent vom Bündnis AgiEL – Atomkraftgegner:innen im Emsland.
Demonstration am 15. April
„Wer Atomausstieg sagt, muss auch die Brennelementfabrik schließen!“ ist die Kernforderung für eine Demonstration am 15. April, die anlässlich der Abschaltung der letzten drei deutschen Atomkraftwerke stattfinden soll. Es ist also noch lange nicht „Schluss mit Atomkraft“ in Deutschland. Zwar soll die Abschaltung des AKW gefeiert werden – doch der Widerstand muss weitergehen.
Organisiert wird die Demonstration vom Bündnis AgiEL, Elternverein Restrisiko Emsland e.V., .ausgestrahlt, BUND, Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen, AG Schacht Konrad und dem BBU im Rahmen des bundesweiten Anti-Atom-Frühlings.
weiterlesen:
Atomdeals mit Russland beenden
21.2.2023 - Der Krieg gegen die Ukraine sollte für Europa Anlass sein, die Geschäfte mit Putins Atomkonzern Rosatom endlich einzustellen. Gründe dafür gibt es viele. Ein Gastkommentar.
Joint Venture stellt Brennelemente her (SZ)
30.3.2023 - Zur Herstellung von Brennelementen für osteuropäische Atomkraftwerke in der Lingener Brennelementefabrik haben russische und französische Firmen ein Gemeinschaftsunternehmen gegründet
Russland kauft sich ein (taz)
30.3.2023 - Französischer Eigner gründet ein Joint-Venture mit dem russischen Staatskonzern Rosatom. Die Lingener Fabrik soll Reaktoren russischer Bauart beliefern.