Belgien schaltet ab

04.08.2022 | Jan Becker
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Isoliert sich Deutschland mit dem Atomausstieg? Nein. Auch unser Nachbarland Belgien schaltet ab, aus Sicherheitsgründen.

Die Politik protestiert, doch der Betreiber bleibt dabei: die wegen tausender Risse im Reaktorbehälter bekannt gewordenen Meiler Tihange-2 und Doel-3 werden in wenigen Monaten für immer vom Netz genommen. Wie auch bei den letzten drei deutschen Atomkraftwerken, wird dann die Betriebserlaubnis der beiden Meiler ausgelaufen sein. Der Betreiber Engie hat angekündigt, „aus technischen Gründen und wegen Sicherheitsbedenken“ die Anlage Doel-3 am 23. September und Tihange-2 im Februar 2023 vom Netz zu nehmen. Nach der letzten Wartung im September 2021 sei ein Weiterbetrieb nicht möglich, so Engie.

Die flämische Regierung drängt allerdings auf den Weiterbetrieb der Atomreaktoren. Hintergrund ist die Energiekrise, die die fehlenden Gaslieferungen aus Russland ausgelöst hat. Belgien hatte eigentlich einen vollständigen Atomausstieg bis 2025 geplant, mit Verweis auf den Klimaschutz und Energieengpässe setzt die Politik allerdings auf Laufzeitverlängerungen für die jüngeren Kraftwerke. Während der Betreiber bis vor Kurzem noch auf die Abschaltung bestand, gab es nun leider eine anderslautende Einigung: Doel-4 und Tihange-3 sollen bis 2035 weiterlaufen. Dafür trägt die belgische Bevölkerung nun das finanzielle Risiko für den Atommüll und sollten die Stromkosten explodieren.

Endgültige AKW-Abschaltungen - wie im Falle von Doel-3 und Tihange-2 - sind unumkehrbare Fakten. Pauschale Laufzeitverlängerungen wie jetzt für die beiden "jüngsten" belgischen Meiler Doel-4 und Tihange-3, sind politische Entscheidungen. Wie schnell sich Politik umkehren kann, das wissen wir in Deutschland mit Blick auf den Atomausstieg nur zu gut...

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Jan Becker

Jan Becker hat jahrelang die Webseite www.contrAtom.de betrieben und täglich aktuelle Beiträge zur Atompolitik verfasst. Seit November 2014 schreibt der studierte Umweltwissenschaftler für .ausgestrahlt. Jan lebt mit seiner Familie im Wendland. Mit dem Protest gegen regelmäßig durch seine Heimatstadt Buchholz i.d.N. rollende Atommülltransporte begann sein Engagement gegen Atomenergie, es folgten die Teilnahme und Organisation zahlreicher Aktionen und Demonstrationen.

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