Anti-Atom-Radtour: Von Aachen über Jülich nach Lützerath

11.07.2022 | Armin Simon
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Foto: Christoph Schnüll und Tim Wagner

Auf der dritten Etappe der Anti-Atom-Radtour geht es zum Kernforschungsreaktor in Jülich - hier kann ein gescheiterter SMR betrachtet werden. Am Abend: evtl Besichtigung des Braunkohlereviers in Keyenberg/Lützerath.

Hinweis: Dieser Artikel wird während der Tagesetappe mehrfach aktualisiert.

Jülich – ein SMR zum Anschauen

Wer wollte nicht immer schon mal einen „small modular reactor“ sehen, einen SMR, ein Mini-AKW, wie sie nun jede Woche irgendwo gepriesen werden als angebliche Kraftwerke der Zukunft? Hier im Stetternicher Forst steht einer rum: der AVR Jülich, ein Kugelhaufenreaktor, wie sie heute zur „Generation IV“ zählen.

Der AVR, Inbetriebnahme 1966, bringt nur 15 Megawatt zustande, so viel wie zwei große Windräder heute, aber seinen Fans gilt er als „das Synonym für plausible nukleare Sicherheit“ und „die Referenzanlage transparenter Sicherheitstechnik für die nächste Generation von Kernkraftwerken“. Siemens will ein fünfmal so großes Modell als „Modul“ vermarkten, inklusive standortunabhängiger Typengenehmigung. Die bekommt der Konzern aber nicht, weil schon der AVR nie ordentlich läuft. Tatsächlich schrammt der angeblich inhärent sichere Reaktor an einem schweren unbeherrschbaren Störfall ähnlich dem in Tschernobyl nur knapp vorbei, weist gravierende Sicherheitsdefizite auf, beschädigt sich im Betrieb selbst und verseucht Erdreich wie Grundwasser radioaktiv. Sein Zustand nach Abschalten 1988 entspricht dem eines havarierten Reaktors mit Kernschaden. Dekontamination und Abriss kosten die Steuerzahler*innen Milliarden.

Die Graphitkugel-Brennelemente des AVR lagern bis heute in speziellen Castor-Behältern auf dem Gelände des Kernforschungszentrums Jülich direkt nebenan; dieses Zwischenlager Jülich hat allerdings aufgrund fehlenden Erdbebenschutzes seit Jahren keine Genehmigung. Das Forschungszentrum liebäugelt weiterhin mit einem Export des hochradioaktiven Atommülls in die USA.

Keyenberg – Anti-Atom- trifft Klimabewegung

RWE, der größte CO2-Emittent Europas, will im Tagebau Garzweiler weiter Braunkohle abbaggern, Keyenberg soll dafür weichen. Seit 2016 läuft die Umsiedlung der Anwohner*innen, wegen des Kohleausstiegs ist die endgültige Entscheidung bis 2026 ausgesetzt. Der Kreuzweg von Gorleben nach Lützerath – einem Nachbarort von Keyendorf, der ebenfalls abgebaggert werden soll – zeigt 2021 die Solidarität zwischen der Anti-Atomund der Anti-Kohle-Bewegung, die übrigens auch zahlreiche Aktionsformen von ersterer übernommen hat.

Impressionen der Nordtour: Von Aachen über Jülich nach Lützerath

Stimmen von der Anti-Atom-Radtour

Heute hatten wir pannentechnisch Glück, denn nur der Anhänger hatte einen Platten, der von unserem Mitradler Heiko erst geflickt und dann in der Mittagspause durch einen neuen Schlauch und Mantel ersetzt wurde. Von Aachen ging es nach Jülich, wo vor dem Forschungszentrum schon unser Essen wartete. Dabei hörten wir Hintergrundinfos von den lokalen Initiativen und Musik von Gerd Schinkel. Neu für uns war, dass uns die Polizei begleitet hat. Nachmittags sind wir dann in Lützerath angekommen und konnten beim Blick in das Baggerloch nur fassungslos den Kopf schütteln. Besonders toll: Uns wurde das ganze Dorf in einer Führung gezeigt und alles erklärt, vielen Dank nochmal dafür. Als beim Abendessen dann auch noch die Sonne rauskam und viele von uns mit den Menschen hier in Kontakt kamen, waren wir sehr dankbar, an diesem speziellen Ort sein zu dürfen.

Sarah von .ausgestrahlt

Programm am 11. Juli

12:00 Uhr
Kurze Kundgebung Marktplatz
Marktplatz Jülich, Altes Rathaus, 52428 Jülich

12:30 Uhr (Weiterfahrt 14:30 Uhr)
Veranstaltung am Forschungszentrum Jülich mit Mittagspause
FZ Jülich Haupteingang, Wilhelm-Johnen-Straße, 52428 Jülich

15:00 Uhr
Einstiegspunkt Titz
Parkplatz Landstraße/Schillerstraße, 52445 Titz

16:00 Uhr
Ankunft in Lützerath
Mahnwache Lützerath

Abend
Lützerath: Anti-Atom- trifft Klimabewegung! 
Begegnungen und Austausch mit Aktiven aus Lützerath

Aktuelle Infos unter: ausgestrahlt.de/radtour

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Armin Simon

Armin Simon, Jahrgang 1975, studierter Historiker, Redakteur und Vater zweier Kinder, hat seit "X-tausendmal quer" so gut wie keinen Castor-Transport verpasst. Als freiberuflicher Journalist und Buchautor verfasst er für .ausgestrahlt Broschüren, Interviews und Hintergrundanalysen.

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