Neue Atomkraftwerke rechnen sich nicht. Tschechien sichert dem AKW-Betreiber CEZ trotzdem einen milliardenschweren „günstigen Staatskredit“ für den Neubau eines Meilers zu. Doch „günstiger“ wäre der Zubau von erneuerbaren Energien.
„Im Schatten der Corona-Krise“ will Tschechien den Weg für einen neuen Reaktor beim AKW Dukovany bereiten, warnen Atomkraftgegner*innen. Das Land initiierte Ende Mai mit dem Gesetzesentwurf „Übergang der Tschechischen Republik zur CO2-armen Energieversorgung“ vor allem eines: Die Atomenergieförderung, konkret Dukovany V. Man wolle „günstigen Strom für unsere Bürger und für unsere Industrie haben“, argumentiert Ministerpräsident Andrej Babis. „Wenn es gut gemacht ist, werden wir daran verdienen“, hofft Industrieminister Karel Havlicek. Deshalb stelle der Staat etwa 70 Prozent der geschätzten sechs Milliarden Euro Baukosten für einen Reaktorblock am Standort Dukovany, knapp 100 Kilometer nördlich von Wien und 200 Kilometer östlich von Passau, als „günstigen Kredit“ zur Verfügung. Bis Ende Juni solle ein Rahmenvertrag mit dem teilstaatlichen AKW-Betreiber CEZ unterschriftsreif sein, die Ausschreibung für den Neubau könne schon „bis Jahresende“ erfolgen.
Blankoscheck mit absurden Zugeständnissen
Die österreichische Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 spricht von einem „Blankoscheck“ für den AKW-Bau. Ohne diese enorme staatliche Subvention sei der Bau offenkundig „völlig unmöglich“. Vereinbart wurden außerdem Stromabnahmegarantien. Zudem habe sich der Staat verpflichtet, CEZ das ganze Reaktorprojekt abzukaufen, sollte es in Schwierigkeiten geraten. Dass während der Bauphase die Kosten explodieren können, belegen die wenigen AKW-Neubauten in Finnland oder Frankreich... Fast nebenbei handelt es sich auch um eine Kehrtwende des Ministerpräsidenten, der bisher gegen eine staatliche Hilfe war.
Wie es dazu kam, wird wohl unklar bleiben: Die Beschlussverfahren als auch die Berichte zur Gefährdung der Energieversorgung stehen unter Geheimhaltung. Somit werde dieses Gesetz „kein einziger Parlamentsausschuss zu sehen bekommen“, warnt Patricia Lorenz, Atomsprecherin bei GLOBAL 2000.
Gefordert ist nun die EU-Kommission, die eine entscheidende Rolle bei der Genehmigung des Finanzierungsmodells spielen wird. Diese hatte allerdings ähnliche Planungen für das britische AKW Hinkley Point, ebenfalls mit Stromabnahmegarantien und staatlichen Subventionen, durchgewunken. Doch diese Unterstützungen verzerren den Wettbewerb auf dem europäischen Strommarkt - was aus Sicht von Kritiker*innen rechtlich nicht zulässig ist. Fraglich ist außerdem, ob diese Art der Geheimhaltung und Aushebelung der Demokratie in einem EU-Mitgliedstaat überhaupt tragbar ist.
Erneuerbare Energien wären günstiger
Greenpeace Energy hat vor zwei Jahren in einer Studie bezogen auf das Nachbarland Polen belegt, dass Investitionen in erneuerbare Stromerzeugung günstiger wären als der Bau eines neuen Atomkraftwerkes. Würden Nachbarn wie Polen und Tschechien zusammenarbeiten, „könnten die Kosten weiter sinken“.
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Quellen (Auszug): global2000.at, dpa, greenpeace-energy.de