Die Standortsuche geht in ein entscheidendes Jahr

12.02.2020 | Jochen Stay

Seit drei Jahren läuft die Standortsuche für ein geologisches Tiefenlager für hochradioaktiven Atommüll. In diesem Jahr will die „Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE)“ erstmals Zwischenergebnisse veröffentlichen. Doch mit deren Überprüfbarkeit hapert es gewaltig.

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Foto: Ruben Neugebauer / Chris Grodotzki

Nun hat es also schon eine Weile begonnen, dieses für die Standortsuche so bedeutende Jahr 2020.

Das erste Ereignis in diesem jungen Jahr ist allerdings noch nicht besonders bedeutungsschwer: Das Atommüll-Bundesamt hat einen neuen Namen bekommen. Statt „Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE)“ heißt seit 1. Januar „Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE)“. Wenn’s hilft …

Doch das Jahr steigert sich: Der Zeitplan der Standortsuche sieht vor, dass die „Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE)“ im dritten Quartal den „Zwischenbericht Teilgebiete“ veröffentlicht. Er nennt die Gebiete, in denen sich nach Einschätzung der BGE „günstige geologische Voraussetzungen für die sichere Endlagerung radioaktiver Abfälle erwarten lassen“, so steht es im Standortauswahlgesetz.

Im Augenblick zeichnet sich ab, dass dieser Bericht eher gegen Ende des dritten Quartals veröffentlicht wird, also Ende September. Sicher ist das allerdings noch nicht. Wenn der Zwischenbericht raus ist, gibt es zum ersten Mal eine quasi amtliche Karte über die Gebiete, die von der weiteren Standortsuche betroffen sind.

Karte Potenzielle Atommüll-Standorte
Potenzielle Atommüll-Standorte

Dann geht alles sehr schnell: Nach etwa drei Monaten, so der derzeitige Plan, will das BASE die „Fachkonferenz Teilgebiete“ starten. Daran teilnehmen können laut Gesetz „Bürgerinnen und Bürger, Vertreter der Gebietskörperschaften der (…) ermittelten Teilgebiete, Vertreter gesellschaftlicher Organisationen sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler“. Da kommt also wahrscheinlich bei vielen Teilgebieten schnell eine hohe dreistellige bis sogar vierstellige Teilnehmer*innen-Zahl zusammen. Die Konferenz darf innerhalb von sechs Monaten dreimal tagen und muss danach innerhalb eines Monats der BGE Beratungsergebnisse vorlegen und löst sich dann auf.

Im Gesetz steht: „Der Vorhabenträger berücksichtigt die Beratungsergebnisse bei seinem Vorschlag für die übertägig zu erkundenden Standortregionen nach § 14 Absatz 2“. Allerdings bedeutet „berücksichtigt“ im Amtsdeutsch nicht mehr, als sich das ganze mal anzuschauen und gegebenenfalls abzuheften. Wirklichen Einfluss hat die Fachkonferenz nicht.

Ansonsten ist derzeit vor allem Warten angesagt, weil Bundesregierung und Bundestag ihre Hausaufgaben nicht machen:

Die Verordnung über die Sicherheitsanforderungen an ein Atommüll-Lager sollte schon längst vom Umweltministerium dem Bundeskabinett vorgelegt werden – ist sie aber nicht. Unklar ist auch, was eigentlich aus den zahlreichen Stellungnahmen und den Ergebnissen des Symposiums vom September 2019 geworden ist, auf dem der Verordnungsentwurf kontrovers diskutiert wurde.

Das schon seit Jahren überfällige Geologiedatengesetz (GeolDG), mit dem etwa geregelt werden soll, welche Daten im Rahmen der Standortsuche veröffentlicht werden können, lässt immer noch auf sich warten. Der kursierende Entwurf des Gesetzes macht zudem deutlich, dass längst nicht alle Daten öffentlich einsehbar sein werden. Selbst wenn es jetzt zügig geht, wird das Gesetz wohl nicht vor Mai rechtskräftig. Da Daten erst sechs Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes öffentlich bereitgestellt werden (§ 29 Abs. 2 Entwurf GeolDG), werden sie bei der für Ende September geplanten Fertigstellung des Zwischenberichts Teilgebiete nicht öffentlich zur Verfügung stehen. Dann werden also selbst diejenigen Daten nicht zur Überprüfung vorliegen, die eigentlich nach den dann geltenden Regeln veröffentlicht werden könnten.

Die Neubesetzung des Nationalen Begleitgremiums (NBG), zur Hälfte seit Mai 2018 und zur anderen Hälfte seit November 2019 anhängig, ist noch immer nicht geregelt. Die bisherigen Mitglieder wurden gebeten, bis Ende Februar weiterzumachen – in der Hoffnung, dass Bundestag und Bundesrat bis dahin auf die Neuen einigen können.

So oder so, wenn der Zwischenbericht Teilgebiete im Herbst kommt, wird erstmals eine offizielle Karte der von der Suche betroffenen Gebiete vorliegen. Dann geht die Auseinandersetzung um den Atommüll in eine neue Phase.

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Jochen Stay

Jochen Stay, Jahrgang 1965, ist seit seinem 15. Lebensjahr aktiv in außerparlamentarischen Bewegungen, seit Wackersdorf 1985 in der Anti-Atom Bewegung und seit 2008 Sprecher von .ausgestrahlt.

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