In zwei Monaten beginnt der Fackellauf der Olympischen Spiele in der Region Fukushima. Der Weltöffentlichkeit soll „Normalität“ in der vom GAU betroffenen Region suggeriert werden. Doch die Situation für die Bevölkerung rund um die havarierten Reaktoren sowie die Bewältigung der Folgen bleiben dramatisch.
Die Probleme sind allgegenwärtig. Ein kleiner, aktueller Ausschnitt:
Kürzlich forderte die Überwachungsbehörde die obersten Führungskräfte des AKW-Konzerns TEPCO auf, mehr Personal einzustellen. Analysen hatten ergeben, dass „unzureichende Verfahrenskontrollen“ meistens der Grund für viele Vorfälle sind. Mehr Personal soll „weitere menschliche Fehler“ vermeiden.
Einen Tag später gab die Regierung bekannt, dass es bei der geplanten Entfernung der abgebrannten Brennelemente neue Schwierigkeiten gibt. Es geht insgesamt um 8.000 Tonnen geschmolzenes Material und 4.700 Brennstäbe. Die Arbeiten sind eigentlich erst ab 2023 geplant, schon jetzt rechnet der Betreiber mit einer Verzögerung „bis zu fünf Jahre nach hinten“. Erst 2027 oder 2028 soll nach aktueller Ankündigung mit dem Abbau des zerstörten Block 1 begonnen werden.
Ursache dafür sind u.a. die großen Mengen kontaminierten Wassers, das täglich aus den Reaktoren gepumpt und über dessen Verbleib seit Jahren gestritten wird. Die anfallende Menge steigt stetig an und erreicht vermutlich 2025 hundert Tonnen pro Tag, so TEPCO. Der Vorschlag, das Wasser stark verdünnt ins Meer zu leiten, sorgt für erhebliche Proteste. Alternativen gibt es keine.
Mithilfe einer unterirdischen „Eiswand“ sollte der Zufluss von Grundwasser in und der Abfluss von radioaktivem Kühlwasser aus den zerstörten Reaktoren in den Pazifik unterbunden werden. Dafür wurde zwischen 2014 und 2016 für über 300 Millionen Euro eine 1,5 Kilometer lange und 30 Meter tiefe Barriere aus gefrorener Erde um die Reaktorblöcke 1 bis 4 erstellt. Doch diese künstliche Wand weist Lecks auf.
Radioaktive Hotspots
Von „Normalität“ ist Fukushima weit entfernt, das betrifft auch die Region rund um das Kraftwerk. Im Dezember 2019 warnte Greenpeace vor „radioaktiven Hotspots“. Nahe des Startpunktes für den olympischen Fackellauf wurden einen Meter über der Erdoberfläche bis zu 1,7 Mikrosievert pro Stunde (μSv/h), an „Hotspots“ sogar 71 Mikrosievert gemessen. Der landesweite Grenzwert liegt bei 0,23, in Tokio sogar nur bei 0,04 Mikrosievert.
Wir sagen Nein zu dem Versuch, mit den Olympischen Spielen der Weltöffentlichkeit Normalität in den verstrahlten Gebieten vorzuspielen. zur Kampagne "Keine olympischen Wettbewerbe in Fukushima!"
Im Zusammenhang mit dem Fukushima-Jahrestag 2019 hatte Greenpeace erneut darauf hingewiesen, dass die großflächigen Reinigungsmaßnahmen zur Dekontamination der verseuchten Region „gescheitert“ seien. Insgesamt summiert sich die eingesammelte, mit Cäsium belastete Erde auf 22 Millionen Kubikmeter, die sich in Form von Bergen aus Plastiksäcken in der Landschaft befinden. Gemäß derzeitigen „Entsorgungsplänen“ soll ein Großteil verbrannt und die daraus resultierenden 2 Millionen Kubikmeter Asche zum Straßenbau verwendet werden. Es entstehen „strahlende Pisten“...
Trotzdem sollen im März erstmals Gebiete freigegeben werden, in die eine Rückkehr der evakuierten Bevölkerung zuvor aufgrund der hohen Strahlenbelastung als „schwierig“ bezeichnet worden war. TEPCO gab bekannt, man habe die betroffenen Punkte der Region „auf Anweisung des japanischen Umweltministeriums gereinigt“.
Reaktoren müssen vom Netz
Doch es gibt auch gute Nachrichten: Der japanische Stromversorger KEPCO will die Reaktorblöcke 3 und 4 des Atomkraftwerkes Takahama stilllegen. In den Jahren seit dem Fukushima-GAU sind insgesamt fünf Meiler wieder in Betrieb genommen worden, darunter 2017 diese beiden Blöcke. Nun heißt es, sie genügen den verschärften Auflagen zum Schutz gegen Terrorangriffe nicht. Außerdem hat das Gericht von Hiroshima beschlossen, dass der Reaktor des AKW Ikata wegen drohender Erdbeben und Vulkanausbrüche nicht wieder ans Netz gehen darf.
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Quellen (Auszug): sumikai.com, dlf.de, nachrichten.at