Noch dieses Frühjahr soll ein Castor-Transport hochradioaktiven Müll von Sellafield nach Biblis bringen. Proteste geplant.
2011 rollte der vorerst letzte Castor-Transport aus dem französischen La Hague nach Gorleben. Es war seit 1995 der dreizehnte Atommüll-Zug ins Wendland. Insgesamt 113 Behälter stehen im oberirdischen Zwischenlager. Da der massenhafte Widerstand dazu führte, dass die Transporte von Mal zu Mal länger dauerten und der polizeiliche Aufwand immer größer wurde, zog die Politik schließlich die Notbremse.
Gleichzeitig mit dem gesetzlichen Neustart der Standortsuche für ein tiefengeologisches Atommüll-Lager im Jahr 2013 verbot der Bundestag weitere Castor-Lieferungen nach Gorleben – zumindest so lange, bis der Ort für die dauerhafte Verwahrung der hochradioaktiven Abfälle bestimmt ist. Sollte Gorleben dieser Ort werden, würden in einigen Jahrzehnten noch etwa 1.800 weitere Behälter ins Wendland rollen.
Vier Transporte, 25 Castoren
Die noch in den Plutonium-Fabriken in Sellafield (Großbritannien) und La Hague (Frankreich) lagernden Abfälle aus der Verarbeitung von abgebrannten Brennelementen aus deutschen Atomkraftwerken sollen in den kommenden Jahren in die Bundesrepublik gebracht werden. Es handelt sich um insgesamt 25 Castoren, fünf aus La Hague und 20 aus Sellafield. Bund und Länder haben sich darauf geeinigt, diesen Atommüll auf vier Standorte zu verteilen, nämlich die Zwischenlager-Hallen an den AKW Ohu/Isar (Bayern), Philippsburg (Baden-Württemberg), Biblis (Hessen) und Brokdorf (Schleswig-Holstein).
Der erste dieser Transporte soll dieses Frühjahr von Sellafield nach Biblis rollen. Für Herbst 2021 planen die Betreiber dann den Transport von La Hague nach Philippsburg. Ohu und Brokdorf sind frühestens 2023 dran.
Es ist richtig, Atommüll aus deutschen AKW nicht zu exportieren und den, der in anderen Ländern lagert, wieder zurückzunehmen. Doch das sollte erst dann passieren, wenn klar ist, wo er dauerhaft gelagert wird. Denn sonst verdoppelt sich die Zahl der gefährlichen Castor-Transporte – erst zum Zwischenlager und danach wieder weiter.
Außerdem sind die Zwischenlager-Hallen an den Kraftwerken nicht sicher gegen Flugzeugabsturz und Beschuss mit panzerbrechenden Waffen. Das Bundesverwaltungsgericht hat deswegen der Halle in Brunsbüttel 2015 die Genehmigung entzogen. Die anderen Lager sind baugleich oder sogar weniger stabil gebaut. Dass sie noch genehmigt sind, hat keine sachlichen, sondern nur formaljuristische Gründe: Der Klageweg dort war bereits abgeschlossen, bevor das Bundesverwaltungsgericht ein entscheidendes Urteil zur Frage der Flugzeugabsturzsicherheit gefällt hatte.
Völkerrechtliche Verpflichtungen?
Die bis 2011 fast jedes Jahr rollenden Atommüll-Züge ins Wendland begründete die Bundesregierung regelmäßig mit dem Verweis auf angebliche völkerrechtliche Verpflichtungen, die einen längeren Verbleib des Mülls im Ausland nicht zuließen. Nun jedoch ist seit mehr als acht Jahren kein Castor mehr zurückgenommen worden – offensichtlich ohne dass es deshalb Ärger mit den Vertragspartnern gab. Das spricht dafür, dass auch eine längere Lagerung in Sellafield und La Hague weder ein völkerrechtliches noch ein diplomatisches Problem darstellt.
Das Atommüll-Bundesamt hat am 23. Dezember die Einlagerungsgenehmigung für die Sellafield-Castoren in Biblis erteilt. Nun fehlt nur noch die Transportgenehmigung. Atomkraftgegner*innen haben Proteste und Aktionen angekündigt, um gegen den Weiterbetrieb der AKW und die ungeklärten Zwischenlagerprobleme zu demonstrieren.
- Bundesweiter Aktionstag am 2. Februar - Infos: www.castor-stoppen.de/aktion
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