Kein Strom-Engpass

08.01.2020 | Jan Becker

Die Abschaltung weiterer Atomkraftwerke ist kein Problem. Der Anteil der Erneuerbaren Energien stieg im vergangenen Jahr auf 46,1 Prozent. Allerdings braucht die Energiewende deutliche Beschleunigung.

Windkraft-Anlage mit Anti-Atom-Fahnen
Foto: Andreas Conradt / PubliXviewinG

Insgesamt lag die Netto-Stromerzeugung zur öffentlichen Versorgung Deutschlands im Jahr 2019 bei 515,56 Terawattstunden (TWh). Im Vergleich zum Vorjahr hat die Erzeugung aus Windkraft besonders stark zugenommen (+ 17,3 auf 127,2 TWh), die aus Wasserkraft deutlich (+3,4 auf 19,2 TWh, Steigerung um 21,2 Prozent), während die Solarstromerzeugung fast stagnierte (+ 0,8 TWh auf 46,5 TWh). Die Leistung der Steinkohle reduzierte sich um 23,7 auf 48,7 TWh, die der Braunkohle um 29,3 auf 102,2 TWh.

Zwar würden die immer günstiger werdenden Erneuerbaren Energien Stein- und Braunkohle zunehmend aus dem Markt drängen, "der Ausbau geht aber zu langsam voran", so das Fraunhofer ISE-Institut zur Veröffentlichung der Vorjahresdaten. Aufgefangen wurde der Rückgang konventioneller Energieträger in 2019 durch zusätzliche Stromerzeugung aus Wind, Wasser, Solar und Gaskraftwerken (Anteil 2019: 54,1 TWh).

Die Leistung der Atomenergie ging um 0,8 TWh auf 71,1 TWh nur leicht zurück. Die Bruttostromerzeugung lag bei ca. 5,8 Prozent bzw. 4,1 TWh über der Nettostromerzeugung. Anders als Ende 2019 mit der Stilllegung von Philippsburg-2 ist in 2018 kein Reaktor vom Netz gegangen. Zuletzt wurde Ende 2017 Block B des AKW Gundremmingen abgeschaltet. Bis Ende 2022 werden die AKW vollständig substituiert.

Kein Engpass

Die Abschaltung weiterer Kraftwerke sei „kein Problem“ für die Versorgungssicherheit deutscher Stromverbraucher, bekräftigt der Deutschlandfunk-Umweltredakteur Georg Ehring. Die Überversorgung habe nämlich „deutlich zugenommen“. Laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft ist in den vergangenen 25 Jahren der Stromüberschuss immer weiter angestiegen. Ein einzelnes Kraftwerk abzuschalten – so wie kürzlich das AKW Philippsburg-2 – sei für die deutsche Stromversorgung also kein Problem, zumal das einzelne AKW lediglich für rund ein Prozent des kompletten Strombedarfs in Deutschland zuständig war.

Richtig abschalten!
Alle AKW können sofort vom Netz - und darüber hinaus noch zahlreiche Kohlekraftwerke, ohne dass die Versorgungssicherheit gefährdet wäre. - mehr erfahren

 

Ein „Negativ-Szenario“ wie kein weiterer Zubau Erneuerbarer Energien, stark steigender Strombedarf durch z.B. viele Elektroautos oder elektrische Heizungen oder wie die Entscheidung, weniger Strom aus dem Ausland kaufen zu wollen, sei „ziemlich unwahrscheinlich“, so Ehring. Schließlich werden ja hierzulande weiter Solar- und Windkraftanlagen gebaut. Dass Deutschland mal mehr, mal weniger Strom ins oder aus dem Ausland verkauft oder kauft, ist ein normaler Vorgang. Häufig sei der Strom, der zum Beispiel aus Österreich, Norwegen oder nach Deutschland kommt, sogar sauberer als der deutsche Strom selbst.

Um allerdings die Abschaltung der letzten Atomkraftwerke und den Ausstieg aus der Kohlekraft zu stemmen, muss die Energiewende beschleunigt werden. Windkraft wird wegen Beschränkungen der Verwaltung und Protesten von Anwohnern zurzeit an Land fast überhaupt nicht mehr ausgebaut. Der Ausbau von Solar wurde durch die Politik gebremst.

"Da bräuchte man eine Strategie, diese Anlagen schnell zu bauen", fordert Georg Ehring.

Der Windenergie-Zubau an Land ist auf niedrigsten Stand seit 1998 gesunken.

„Deutschland steuert auf eine Ökostromlücke zu und wird so weder Energiewende, noch Klimaziele erreichen können. Umsteuern ist dringend erforderlich“, fordert auch Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung e.V. (DIW).

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Quellen (Auszug): energy-charts.de, fraunhofer.de, deutschlandfunknova.de

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Jan Becker

Jan Becker hat jahrelang die Webseite www.contrAtom.de betrieben und täglich aktuelle Beiträge zur Atompolitik verfasst. Seit November 2014 schreibt der studierte Umweltwissenschaftler für .ausgestrahlt. Jan lebt mit seiner Familie im Wendland. Mit dem Protest gegen regelmäßig durch seine Heimatstadt Buchholz i.d.N. rollende Atommülltransporte begann sein Engagement gegen Atomenergie, es folgten die Teilnahme und Organisation zahlreicher Aktionen und Demonstrationen.

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