Heute ist die Abfahrt eines Uranmüllzuges aus der Urananreicherungsanlage Gronau mit Ziel Russland bestätigt worden. Atomkraftgegner*innen reagieren mit Protesten.
Gegenüber dem WDR hatte der Sprecher der Betreiberfirma URENCO am Freitag angekündigt, dass am heutigen Montag die Abfahrt eines weiteren Sonderzuges geplant sei. An Bord: hunderte Tonnen Abfallprodukte aus der Herstellung von Brennstoff für Atomkraftwerke. Etwa 5.000 Tonnen pro Jahr fallen davon in Gronau an. Es handelt sich um Atommüll, der in ein Atommülllager gebracht werden müsste. Auf dem Gelände der Anlage in Gronau lagern derzeit laut NRW-Landesregierung rund 22.000 Tonnen dieses abgereicherten Uranhexafluorids (UF6) unter freiem Himmel.
Ziel des aktuellen Transports ist die Atomanlage Novouralsk bei Jekaterinburg im Ural. Bis zum Auslaufen damaliger Lieferverträge wurde bis 2009 an drei unterschiedliche Fabriken in Russland abgereichertes Uran aus Gronau geliefert, was dort angeblich erneut angereichert werden sollte. Dieser Prozess ist zumindest in Deutschland wohl nicht wirtschaftlich - und das UF6 wird hier als „Abfall“ deklariert.
Wohin mit zehntausenden Tonnen Atommüll?
In der Diskussion um die künftige Atommülllagerung in Deutschland spielte dieses UF6 eine Rolle. Bei der Aufstellung einer Mengenbilanz wurde deutlich, dass es keinen Ort gibt, wohin es langfristig gelagert werden könnte. Der Bund will sämtlichen schwach und mittelaktiven Abfall - dazu gehört dann auch das UF6 aus Gronau - nach Schacht Konrad bringen. Doch das ehemalige Eisenerzbergwerk sei dafür viel zu klein genehmigt worden, kritisierten Atomkraftgegner*innen. So wurde deutlich, dass neben dem Betreiber der Urananreicherungsanlage auch der Bund kein Interesse an einer möglichst „sicheren Lagerung“ der Hinterlassenschaften der Atomindustrie hat.
...nach Russland.
Russische Atomkraftgegner*innen hatten damals beobachtet, dass die deutschen Fässer in Russland unter freiem Himmel „vor sich hin rosten“, es habe auch schon Probleme mit Lecks gegeben. Während ein kleiner Teil des Material tatsächlich bearbeitet werde, würde der Großteil schlicht in Russland verbleiben - für URENCO eine „billige Atommüllentsorgung“.
Die russische Umweltorganisation Ecodefense spricht daher davon, dass der Deal zwischen Russland und URENCO „zynisch und unmoralisch“ sei. Greenpeace Russland fordert, dass Russland „nicht die Atommüllkippe für die Gronauer Urananreicherung sein darf“.
„Das ist ein Skandal und Russland nicht die Lösung!“, kritisieren Aktivist*innen aus dem Münsterland, die für heute zu Protesten aufgerufen hatten.
Am Samstag gingen in Lingen mehrere hundert Menschen auf die Straße und forderten unter anderem die sofortige Stilllegung der Anlage in Gronau.
„Wenn Urenco nicht weiß, wie sie mit dem eigenen Atommüll verantwortungsvoll hierzulande umgehen sollen, dann müssen sie die Konsequenzen ziehen, und die Urananreicherungsanlage in Gronau endlich schließen”, so Matthias Eickhoff vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen. „Wir erwarten hier insbesondere von der Münsteraner Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) endlich ein hartes Durchgreifen – die Zeit des Prüfens ist vorbei, sonst schafft Urenco einfach unumkehrbare Fakten.“
- Aktuelle Infos: https://twitter.com/urantransport
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Quellen (Auszug): taz.de, sofa-ms.de, urantransport.de