Jülich: „Keine Prognose“ für den Verbleib des Atommülls möglich

21.08.2019 | Jan Becker

Weil die „Sicherheit“ der 152 Castor-Behälter im Zwischenlager Jülich nicht mehr nachgewiesen werden konnte, ordnete die nordrhein-westfälische Atomaufsicht vor fünf Jahren die unverzügliche Räumung an. Passiert ist nichts. Heute heißt es, es sei „keine Prognose möglich“, wann und ob etwas mit dem Atommüll geschieht.

Jülich: Zwischenlager für AVR-BE
Foto: JEN

Seit Jahren werden drei Räumungsoptionen diskutiert: Der Abtransport in die USA, ins Zwischenlager Ahaus oder der Neubau einer Zwischenlagerhalle. Die Atomaufsicht fordert die Lösung, die am schnellsten umzusetzen ist. Atomkraftgegner*innen fordern den Neubau einer Zwischenlagerhalle. In einer Machbarkeitsstudie dazu hatte die Jülicher Entsorgungsgesellschaft für Nuklearanlagen mbH (JEN) jedoch von einer Bauzeit von neun Jahren gesprochen - und damit dieser Lösung im Vergleich mit den anderen Optionen eine Absage erteilt.

Noch vor einem Jahr war das JEN davon ausgegangen, dass der Transport in das Zwischenlager Ahaus im günstigsten Fall frühestens im Herbst 2019, der in die USA frühestens im Jahr 2020 stattfinden könne. Heute heißt es, niemand könne abschätzen, wann mögliche Transporte stattfinden könnten. Es sei „keine Prognose möglich“, so der Sprecher der Jülicher Entsorgungsgesellschaft, Jörg Kriewel. Allein der Bau einer Panzerung für die drei für den Straßentransport nötigen LKW sei bisher nicht abgeschlossen, die passenden Tieflader noch nicht mal bestellt.

Als Grund für die Verzögerungen führt die JEN die vom Bundesumweltministerium angeordneten „verschärften Auflagen zum Schutz gegen terroristische Angriffe“ an. Es würden „immer weitere Optimierungen des Schutzkonzeptes gegen mögliche Terrorangriffe“ gefordert. Hintergrund dafür soll sein, dass es sich um den ersten Castor-Transport nach der sogenannten neuen Terrorrichtlinie handeln würde - es somit noch „keine Erfahrungen gebe“ und für die Optimierung „aufwendige Forschungs- und Entwicklungsarbeit notwendig“ sei.

Dass es eine neue Lösung für den Atommüll in Jülich braucht, ist mindestens seit 2012 bekannt.

Kein Interesse am Neubau

Dass das JEN kein Interesse am Verbleib des Atommülls in Jülich hat, wurde Anfang des Jahres unterstrichen. Im Februar wurde bekannt, dass das Forschungszentrum das für einen Neubau nötige Grundstück bereits anderweitig verplant bzw. das Angebot zur Nutzung Ende 2018 zurückgezogen hat. Über die Beweggründe gibt es unterschiedliche Aussagen, die sich teilweise widersprechen. Auf Nachfrage heißt es nun von der JEN, dass in einer gemeinsame Arbeitsgruppe von Forschungszentrum (FZJ) und Entsorgungs-GmbH nach einem neuen Grundstück gesucht werde.

„Die gerade erst positiv abgeschlossenen Untersuchungen wie Umweltverträglichkeitsprüfung und zur Erdbebensicherheit für das bisherige Grundstück müssten dafür neu erstellt werden, was zu einer weiteren mehrjährigen Verzögerung bei der eventuellen Erstellung eines neuen Zwischenlagers am Standort Jülich führen wird”, kritisieren Anti-Atom-Aktivist*innen.

Diskussion wird „grotesk“

In einer Antwort auf eine „Kleine Anfrage“ des Bundestagsabgeordneten Oliver Krischer (Bündnis 90/Die Grünen) behauptet die Bundesregierung am 24. Juli, dass sie von einer anderweitigen Verwendung des JEN-Grundstücks und damit dem de-facto Ausschluss der Option Hallenneubau keine Kenntnis habe.

Die Bundesregierung ist mit verschiedenen Ministerien in den Aufsichtsräten von FZJ und JEN vertreten. Daher muss sie über deren Beschlüsse informiert sein. Mehr noch, es ist keine Entscheidung des FZJ ohne die Zustimmung, wenn nicht gar die Initiative von Vertretern der Bundesregierung denkbar, meinen Atomkraftgegner*innen.

Kein Export, kein Transport!

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Anfang März haben 1.400 Menschen, unterstützt von 80 Treckern, in Ahaus gegen weitere Atommüll-Einlagerungen in das dortige Zwischenlager demonstriert. In einer Erklärung fordern schon mehr als 10.000 Menschen: Es reicht mit dem Müll. Die Stadt Ahaus klagt gegen die angekündigten Castor-Transporte. Und der Export des Mülls in die USA ist nach Ansicht von Atomkraftgegner*innen mit deutschem Recht nicht vereinbar, löst kein Atommüll-Problem, sondern schafft nur weitere.

weiterlesen:

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    27.02.2019 - Die Verantwortlichen haben offenbar eine Entscheidung getroffen: Der dringend nötige Neubau einer Zwischenlagerhalle in Jülich wird blockiert. Stattdessen soll der Atommüll abtransportiert werden - möglicherweise sogar in die USA. Dagegen haben Atomkraftgegner*innen Proteste angekündigt.

Quelle (Auszug): sueddeutsche.de, bi-ahaus.de, dpa, JEN

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Jan Becker

Jan Becker hat jahrelang die Webseite www.contrAtom.de betrieben und täglich aktuelle Beiträge zur Atompolitik verfasst. Seit November 2014 schreibt der studierte Umweltwissenschaftler für .ausgestrahlt. Jan lebt mit seiner Familie im Wendland. Mit dem Protest gegen regelmäßig durch seine Heimatstadt Buchholz i.d.N. rollende Atommülltransporte begann sein Engagement gegen Atomenergie, es folgten die Teilnahme und Organisation zahlreicher Aktionen und Demonstrationen.

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