Risse im Dampferzeuger und die „Klimalüge“ von RWE: Wegen dieser beiden Anlässe werden Atomkraftgegner*innen diese Woche in Lingen gegen den Weiterbetrieb des AKW Emsland demonstrieren.
Das AKW Emsland ist seit Mitte Mai für die jährlichen Wartungsarbeiten abgeschaltet. Während dieser Revision wurden sogenannte „Wanddickenschwächungen“ in Heizrohren im Dampferzeuger gefunden, teilweise ist über die Hälfte der Rohrwand nicht mehr vorhanden. Betreiber RWE hat bei dieser Wartung auch nur 40 Prozent des Rohrleitungssystems überprüft. Das planmäßige Wiederanfahren ist für den Abend des 27. Juni angekündigt.
„Eine vollständige Untersuchung ist aufgrund der innenliegenden Bauweise recht aufwändig durchzuführen – damit ist das Wiederanfahren des über 30 Jahre alten AKW mit deutlichen Risiken behaftet“, warnen Atomkraftgegner*innen: „Ein Riss kommt selten allein.“
Vergleichbare Defekte im AKW Neckarwestheim-2 hatten 2017 für viel Wirbel gesorgt. Das AKW ging nach ersten Funden ohne vollständige Kontrolle aller Rohre wieder ans Netz. Ein Jahr später wurden deutlich mehr Korrosionsschäden mit bis zu 90%tiger Schwächung der Rohre gefunden.
Reißt eines der Heizrohre ab, kommt es zu einem sog. „Kühlmittelverluststörfall“. In seinem Buch „Der Störfall“ schreibt der ehemalige Leiter des AKW Biblis, Helmut J. L. Mayer, über einen solchen fiktiven „Dampferzeugerheizrohrbruch“. Laut Mayer ist dieser „technisch mögliche Störfallablauf“ im Zusammenhang mit weiteren Ereignissen wie dem Ausfall von Kühlmittelpumpen „der gefährlichste aller Störfälle in westlichen Atomkraftwerken“. Im Vergleich zu anderen Ereignissen würde er aber realitiv wenig in den Störfallanalysen untersucht werden, so Mayer.
- Gegen das Wiederanfahren formiert sich Protest: Am Mittwoch, den 26. Juni findet am Haupttor des AKW Emsland zwischen 17 bis 19 Uhr ein Kundgebung statt.
Protestaktion gegen „Klimalüge“
Im Zusammenhang mit der Revision brüstet sich RWE damit, dass seit Inbetriebnahme der Anlage schon 350 Milliarden Kilowattstunden (kWh) Strom erzeugt worden seien, und zwar „CO2-frei“, wie der Konzern extra betont.
Das ist „eine glatte Lüge“, sagen Atomkraftgegner*innen. Rechnet man alle vor- und nachgelagerten Prozesse der Stromerzeugung wie Uranabbau, Transport, Aufbereitung, Zwischen- und Endlagerung oder Rückbau mit ein, so ergeben sich für die Verstromung von Uran eine Bilanz von 65 – 146g CO2-Emission pro kWh. Somit habe RWE allein in Lingen seit Inbetriebnahme des AKWs im Jahr 1988 „mit 15 – 51 Millionen Tonnen CO2-Emissionen den Klimawandel vorangetrieben“.
„RWE versucht mal wieder mit dieser Falschaussage ein vermeintlich umweltfreundliches Image zu erhalten. Wir lassen uns nicht täuschen. Fakt ist: Atomkraft produziert nicht nur nahezu ewig strahlenden Atommüll, für dessen Entsorgung es kein Konzept gibt, sondern auch wachsende Mengen an klimaschädlichem CO2“, so die Aktivist*innen aus Lingen.
- Die zweite Protestkundgebung findet am Freitag, 28. Juni, also während des angekündigten Wiederanfahrens des AKW Emsland, zwischen 17-19 Uhr vor dem Tor des Meilers statt.
Zentrale Forderung beider Aktionen ist die sofortige Stilllegung der Anlage.
- weitere Infos: https://atomstadt-lingen.de/aktuelles/
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