Lenny ist eines der Gesichter auf den Postkarten und Plakaten der „Atomausstieg Jetzt!“-Aktion von .ausgestrahlt. Dass der 18-Jährige mitgemacht hat, ist kein Zufall. Denn die Anti-Atom-Sonne hat seine Kindheit begleitet.
Lennys Mutter Karen ist politisch sehr aktiv; sie setzt sich vor allem für den Umwelt- und Tierschutz ein. Ihr Engagement gegen Atomkraft hat zu der Zeit begonnen, als sie Mutter wurde. „Ich habe drei Kinder und die Zukunft strahlt. Das kann nicht sein“ , hat sie damals gedacht und war fortan auf Anti-Atom-Demos unterwegs oder hat bei Aktionen gegen Atomkraft mitgemacht. Ihre Kinder waren immer dabei – außer bei den Gleisblockaden in Gorleben. Lenny ist der Älteste von drei Jungs. Die Anti-Atom-Demos bedeuten für Lenny ein gutes Stück Kindheitsgeschichte. „Klar, da wurde ich erst mal mitgeschleppt. Und manchmal war das auch echt nervig und anstrengend. Wir mussten immer viel laufen.“ Zwei Stunden von der Bahn zum Atomkraftwerk und wieder zurück, da hätte er oft lieber zu Hause mit seinen Freunden zusammengesessen und Sammelbilder getauscht, erinnert er sich. „Aber dann hat es auch wieder Spaß gemacht. Wir haben uns geschminkt und Plakate gemacht.“ Damit keines der Kinder verlorenging, gab es die Handy-Nummer der Mutter auf den Arm. „Bei den Demos haben wir Kinder immer „Abschalten“ gerufen und unsere Fahnen mit der Anti-Atom-Sonne geschwenkt.“ Es seien immer viele Kinder dabei gewesen und Aktionen für die jungen Demonstrant*innen wurden auch angeboten. „Alle waren nett und die Stimmung war gut. Diese Zeit und diese Erlebnisse haben mich geprägt. Ich finde es gut, dass wir schon so früh mitgegangen sind.“, sagt er.
Lenny lebt in Schleswig-Holstein. 2010 war er bei der Großdemo in Berlin, da wurde gegen Merkels Ausstieg vom Ausstieg protestiert. Damals haben sie auch für die „Zurück an Absender“-Aktion kleine gelbe „Atommüllfässer“ gebastelt. Im Herbst 2010 war Lenny auch bei der Demo gegen den Castor-Transport in Gorleben. Er war bei der Menschenkette in Brokdorf und er hat auch schon in Krümmel demonstriert. Und schließlich dann 2011 nach Fukushima die Großdemo in Hamburg. „Es ist deprimierend, dass die Dinger immer noch laufen, wenn ich bedenke, wie viele Stunden ich gelaufen bin.“
Lennys Mutter sagt: „Ich habe die Kinder immer mitgenommen. Und ich hatte nie das Gefühl, dass es gefährlich werden könnte.“ Lennys Vater ist Polizist. Wenn Karen mit den Jungs losgezogen ist, hat er sich manchmal Sorgen gemacht, dass es zu Gewaltauseinandersetzungen zwischen Demonstrierenden und Polizei kommen könnte. Sie selbst fand diese Sorgen unbegründet: „Die Demos waren immer friedlich. Ich hatte nie das Gefühl, es könnte gefährlich werden.“ Begegnet sind sich Lennys Eltern in ihren Rollen als Demonstrantin und Polizist auf den Demos aber nie. Lennys Vater hatte dort keine Einsätze – ein Glück!
Lenny erinnert sich besonders gut an die CIRCA (Clandestine Insurgent Rebel Clown Army). Bei der Großdemo in Hamburg 2011 hat er beobachtet, wie ein Clown vor einer Gruppe von Polizist*innen Faxen gemacht hat. „Das fand ich herrlich!“
Als Lenny dann älter wurde, hat ihm der Gedanke Angst gemacht, es könnte Anschläge auf Atomkraftwerke geben. Und die Frage, was mit dem ganzen Atommüll passiert, hat ihn bewegt. „In der Schule haben wir uns nicht mit Energiethemen auseinandergesetzt. Das hätte ich gut gefunden. Damit die Kids mal auf ihre Eltern zugehen und über Energiepolitik diskutieren. Aber da wurden lieber unwichtige Dinge durchgenommen.“ Lenny interessiert sich für Politik, auch wenn mit 18 viele andere Dinge im Vordergrund stehen. Atomkraft ist für ihn ein wichtiger Aspekt, wenn es darum geht, wo er bei politischen Wahlen sein Kreuz macht. Mit seinen Freund*innen redet er nicht so viel über Umweltpolitik, dass sind eher Themen, die er mit seiner Mutter bespricht. Karen freut sich darüber, dass Lenny sich für die „Atomausstieg Jetzt!"-Aktion von .ausgestrahlt gemeldet hat: „Ich find's cool, dass er das macht. Und er hat ganz viel positives Feedback dafür bekommen.“ Lenny ist sich sicher, dass er nicht mitgemacht hätte, wenn die Demos sein Bewusstsein für das Thema nicht so sehr geschärft hätten.
„Wir Anti-Atom-Demokinder wurden von unseren Eltern geprägt. Die meisten werden erst aktiv, wenn sie merken, dass es sie betrifft. Die letzte große Demo ist schon länger her. Früher, da waren die Zeitungen voll – und die Anti-Atom-Demo-Busse. Jetzt bemerke ich keine Plakate und keine Medienberichte mehr. Jetzt sind andere Themen auf der Agenda. Viele Leute denken, das Thema ist erledigt. Wenn nochmal jemand auf die Idee kommt, Laufzeiten zu verlängern, bin ich auf jeden Fall auch wieder bei den Demos dabei - ich habe ja meine Zeit damals nicht umsonst auf der Straße verbracht. Viele sagen sich vielleicht, ach ich bin ja nur diese eine Person, das macht ja keinen Unterschied, ob ich zur Demo gehe. Wenn sie damit aufhören, könnten am Ende vielleicht doppelt so viele auf den Demos sein..“
Jetzt ist Lenny erst mal eine ganze Weile in Neuseeland unterwegs. Dort gibt es keine Anti-Atom-Bewegung. Neuseeland ist seit 1984 frei von Nukleartechnik. Der Inselstaat hat sich konsequent gegen die Nutzung der Atomenergie ausgesprochen.
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