Die Verantwortlichen haben offenbar eine Entscheidung getroffen: Der dringend nötige Neubau einer Zwischenlagerhalle in Jülich wird blockiert. Stattdessen soll der Atommüll abtransportiert werden - möglicherweise sogar in die USA. Dagegen haben Atomkraftgegner*innen Proteste angekündigt.
Seit ein paar Jahren prüft der Betreiber des Behälterlagers für die abgebrannten Kernbrennstoffe des Versuchsreaktors (AVR) in Jülich die Räumung des sogenannten AVR-Behälterlagers. Wegen Sicherheitsbedenken war am 30. Juni 2013 die Zwischenlagerungsgenehmigung nicht verlängert worden. Am 2. Juli 2014 folgte eine atomaufsichtliche Räumungsanordnung. Um die Misere zu lösen, sollte eine neue Lagerhalle in Jülich gebaut werden (was auch Umweltverbände favorisieren, da der Müll dann nicht auf öffentlichen Straßen transportiert werden müsste. und damit das zusätzliche Risiko von Unfällen oder Anschlägen entfiele).
Doch schon vor Jahren erklärte das Forschungszentrum (FZJ), dass der Atommüll seinem „modernen Image“ nicht zuträglich sei. Deshalb werden nun zwei weitere (und günstigere) Optionen untersucht: der Abtransport in das nordrhein-westfälische Zwischenlager Ahaus und der (illegale) Export in die USA. Dorther stammten die Kugel-Brennelemente einst.
Akteure in diesem Ränkespiel sind zu 100% staatliche Einrichtungen: Gesellschafter des FZJ sind der Bund und das Land NRW, allen voran das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). An der Spitze des Jülicher Aufsichtsrates steht Dr. Karl Eugen Huthmacher als Vertreter des BMBF.
Option neue Halle vom Tisch?
Schon 2012 war ein Grundstück auf dem Gelände des FZJ für den Neubau einer Zwischenlagerhalle ausgesucht worden. Die mit der Entsorgung in Jülich beauftragte Gesellschaft JEN hatte die für die Nutzung nötigen Umweltverträglichkeits-Untersuchungen bereits abgeschlossen, ein seismologisches Gutachten über die Eignung des Standortes war im März 2018 vom Bundesamt für Entsorgung (BfE) akzeptiert worden, weitere Arbeiten zur Standortuntersuchungen im Gange. Im November 2018 zog das FZJ die Zusage zur Überlassung des Grundstückes allerdings zurück - und blockiert damit diese Option.
„Die Bundesregierung torpediert eine sachgerechte Lösung für den Jülicher Atommüll“, so Hartmut Liebermann von der Bürgerinitiative „Kein Atommüll in Ahaus“. „Stattdessen rücken unsinnige Transporte nach Ahaus oder gar in die USA in den Vordergrund. Wer trifft solche abstrusen Entscheidungen?“
Einerseits ist dieses Vorgehen inakzeptabel. Es konterkariert zudem das Versprechen, künftig den Umgang mit Atommüll transparenter zu gestalten, Vertrauen, Glaubwürdigkeit und nötige Akzeptanz zu gewinnen und die Öffentlichkeit an Entscheidungen „zu beteiligen“. Eine der Absichten, weshalb die Bundesregierung den privatwirtschaftlichen Atomkonzernen die Verantwortung für die bundesweiten Castor-Zwischenlagerhallen genommen hat. Doch der Kurs „günstig” statt „so sicher wie möglich“ wird fortgesetzt.
Demonstration am 9. März
Auf einer überregionalen Demonstration am 9. März in Ahaus soll der Widerstand gegen die Machenschaften des FZJ und die geplanten Castor-Transporte aus Jülich einen zentralen Stellenwert einnehmen.
„Wir fordern: Keine Verbringung der Brennelementbehälter mit unkalkulierbarem Inhalt aus Jülich nach Ahaus! Stattdessen Bau einer erdbebensicheren Lagerhalle in Jülich und Entwicklung von Konzepten zur endlagergerechten Verpackung dieser Brennelemente in Jülich!“, heißt es im Demo-Aufruf des Trägerkreises, dem auch .ausgestrahlt angehört.
Doch entgegen aller Bedenken werden die Vorbereitungen für den umstrittenen Abtransport konkreter. Aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Bundestag von Anfang Februar geht hervor, dass „der Einbau des zum Abtransport von CASTOR®THTR/AVR-Behälter nötige 50 Mg-Brückenkran in der Verladehalle” erfolgt sei.
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Quellen: bi-ahaus.de, wdr.de, Bundestag Drucksache 19/7553, atommuell-protest.de