Während der Erörterung der Kritik zum geplanten Abriss des AKW Krümmel, die in den vergangenen Tagen stattfand, wurden auch neue Atommüll-Pläne des Betreibers Vattenfall bekannt.
Einerseits hat eine nahe Bauschuttdeponie ihre Bereitschaft zur Abnahme von tausenden Tonnen Betonschutt signalisiert. Die dortigen Anwohner*innen wurden bereits zu einem Infoabend eingeladen. Eine zehn Hektar große Sandgrube, die noch abgebaut wird, könnte anschließend mit Abfällen aus Krümmel verfüllt werden, boten die Betreiber kürzlich im Geesthachter Umweltausschuss an.
Im Gespräch sei aber auch, dass Atommüll exportiert wird. Es handele sich um etwa 800 Tonnen „schwach aktivierten Stahlschrott“, der einen „Wertstoff darstellen kann“, so Wolfgang Schappert, Strahlenschutzbeauftragter des AKW. In den USA könnte der Schrott für den Bau von Abschirmungen für Teilchenbeschleuniger dienen.
„Ich kann das alles nicht nachvollziehen. Die Amerikaner haben doch selbst genug verstrahlten Metallschrott“, kritisiert Atomkraftgegnerin Bettina Boll aus Geesthacht diese Vorschläge.
Vattenfall prüft zudem, leicht und mittelradioaktiven Abfall zur Verbrennung in die schwedische Anlage Studsvig bei Nyköbing zu bringen. Dort werde das Volumen um den Faktor zehn reduziert - die zurückbleibende Asche und die Filter müssen anschließend aber wieder zurück nach Deutschland gebracht werden.
Beim Abriss will Vattenfall aber auch auf Anlagen an anderen Standorten in Deutschland zurückgreifen. Konditionierungsstätten befinden sich etwa in Jülich, Karlsruhe, Braunschweig, Lubmin und Krefeld.
Tausende Atomtransporte
Voraussetzungen für diese „Entsorgungs-Ideen“ sind allerdings bis zu 6.800 Atomtransporte. Während der gesamte Abriss etwa 15 bis 20 Jahre dauern soll, würden zehn Jahre lang rechnerisch 440 Transporte pro Jahr stattfinden. Hinzu kämen für 8.000 Tonnen schwach- und mittelradioaktive Abfälle zehn Jahre weitere 120 Transporte pro Jahr in Verarbeitungs- und Konditionierungsanlagen. Plus die entsprechenden Rücktransporte.
Während Vattenfall diese Zahl deutlich nach unten korrigiert und von „Bündelung“ und Schiffstransporten spricht, rechnen Kritiker*innen vor, dass künftig also mindestens einmal am Tag ein Atomtransport durch die Region rollen wird.
Noch viele offene Fragen
Grundsätzlich gab es während und nach der Erörterung aber noch „viele offene Fragen“. Einwender*innen hatten im Vorfeld kritisiert, was nun deutlich wurde: Vattenfall hat keinen vollständigen Plan zur vermeintlichen „Entsorgung“ seines Reaktors. Die beantragte Abriss-Genehmigung fußt auf einer Reihe von „Ideen“. Neben anderen Kritikpunkten ist sie deshalb abzulehnen.
Vattenfall will Schadensersatz für „Krümmel-Monster“
Das Atomkraftwerk Krümmel ging 1984 ans Netz. Wegen Defekten, Bränden und Schnell-Abschaltungen war es immer wieder in den Schlagzeilen. In der Umgebung des Kraftwerks erkrankten Menschen an Leukämie, ein Zusammenhang mit dem Meiler wurde offiziell nie bewiesen. Nach Zwischenfällen und Kritik an der Zuverlässigkeit des Betreibers stand Krümmel ab Mitte 2007 still. Nach dem Super-GAU von Fukushima 2011 verlor das AKW seine Betriebsgenehmigung. Vattenfall verlangt deshalb eine milliardenschwere Entschädigung.
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Quellen (Auszug): taz.de, ln-online.de, twitter.com, ndr.de