Vor wenigen Tagen erreichte der letzte Castortransport das Atomkraftwerk Krümmel. Anders als noch 2003 blieb dieser Atomtransport von der Öffentlichkeit nahezu unbeachtet. Er war nämlich leer. Doch in den kommenden Tagen geht es in Krümmel um viel mehr.
In dem jetzt per Bahn gelieferten Castorbehälter sollen die letzten 154 verbliebenen Brennstäbe aus dem Lagerbecken im Reaktor verladen werden. Merkwürdig ist allerdings, dass der Betreiber Vattenfall im Oktober 2017 bereits verkündet hatte, „der letzte Castor-Behälter mit abgebrannten Brennelementen“ sei in das Standort-Zwischenlager gebracht worden.
Seit 2005 müssen die beladenen Behälter in die Halle neben dem AKW, seitdem der Abtransport in die Wiederaufarbeitungsanlagen im Ausland verboten ist. Die letzten derartigen Fuhren wurden im Februar und April 2003 auf die Reise ins britische Sellafield geschickt. Der NDR berichtete von einer Anti-Atom-Aktion, die damals stattgefunden hatte: „...In Riepsdorf bei Buchholz hätten zwei auf den Gleisen aufgestellte Strohpuppen den Zug für etwa 20 Minuten gestoppt, teilte der Bundesgrenzschutz Hamburg mit. Die Puppen seien mit Bengalischen Feuern und Baustellenbeleuchtung gekennzeichnet gewesen. Hinweise auf die Täter gebe es nicht...".
Protest gegen Abrisspläne
Vattenfall plant den zügigen Abriss der Atomanlage an der Elbe. Sobald der Schutt verschwunden und der Atommüll verpackt in den (noch zu bauenden) Hallen steht, ist Vattenfall aus dem Schneider. Die Verantwortung der Zwischenlagerung geht nämlich an den Staat über. Geld stammt zunächst aus dem Atommüll-Fonds, wenn das nicht reicht, aus Steuergeldern. Es wundert also nicht, dass der Abriss schnell und kostengünstig geschehen soll.
Ein besonderes Kostensparmodell ist dabei die so genannte „Freigabe“. Über 90 % des Bauschutts sollen auf gewöhnlichen Bauschuttdeponien oder gar in den Recyclingkreislauf „entsorgt“ werden. Eine Deponie in der Nähe, das Abfallwirtschaftszentrum in Wiershop, hat bereits Interesse an dem AKW-Schutt angekündigt. Zumindest ein Teil davon ist allerdings „leicht“ strahlend - und damit eben nicht „unbedenklich“. Die dafür zugrunde gelegten Grenzwerte sind höchst umstritten. So hat sich zum Beispiel die Landesärztekammer Baden-Württemberg gegen die aktuelle Freigabepraxis ausgesprochen.
„Wirtschaftlichkeit vor Strahlenschutz – das kann doch nicht sein!“
400 Personen haben gegen die Rückbaupläne, die auch den Neubau von Atommüllhallen beinhalten, Einwendung eingereicht. Das Lüneburger Aktionsbündnis gegen Atom (LAgA) bezieht deutlich Stellung. Die beantragten Abgabewerte über die Luft und die Elbe werden als deutlich zu hoch empfunden. Außerdem gibt der Betreiber an, dass er bei der Abwägung zwischen zwei alternativen Zerlegungs- oder Dekontaminationsschritten auch nach wirtschaftlichen Erwägungen vorgehen wolle.
Wohin mit dem Müll?
Zumindest die CASTOR-Behälter und der schwach- und mittelradioaktive Atommüll bleiben noch über Jahrzehnte am Standort. Aktuell ist die CASTOR-Halle aber nur für eine Lagerung bis 2041 ausgelegt und mit dem Rückbau des AKW fällt sogar die Möglichkeit zur Reparatur eines defekten Behälters am Standort weg. Das Lagerkonzept für die „KONRAD Container“ geht von einem zügigen Abtransport aus.
„Was, wenn es wieder wie im Vattenfall-Meiler Brunsbüttel läuft und die Fässer durchrosten?“, fragen die kritischen Aktivist*innen.
Die Aussagen des Betreibers zu Sicherheit und Sicherung dieses Atommülls reichen nicht aus, um die Befürchtungen vor Rostfässern und nicht lösbaren Problemen mit defekten Behältern zu entkräften.
Am kommenden Dienstag, den 11. Dezember, beginnt mit dem Erörterungstermin der zweite Schritt der atomrechtlichen Öffentlichkeitsbeteiligung. Rederecht im „Sachsenwald Forum“ in Reinbek haben allerdings nur diejenigen, die eine Einwendung unterschrieben haben oder von einem/einer Einwender*in als Sachverständige benannt wurden.
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Quellen (Auszug): de.indymedia.org, landeszeitung.de, iwr.de, lagatom.de, umweltfairaendern.de