Eon stellt sich gern als „Kernpartner“ beim Projekt Energiewende dar. Doch die Wahrheit ist: Der Konzernchef der Atomsparte hält unverhohlene Plädoyers. In den Vereinigten Arabischen Emiraten wurde kürzlich ein Dienstleistungsvertrag mit dem Betreiber von vier neuen Reaktoren unterzeichnet.
„(...) Deshalb konzentrieren wir uns bei Eon vollständig auf die neue Energiewelt. Wir arbeiten hart an Wind-, Solar- und Bioenergie, um die Zukunft zum Leuchten zu bringen“, wirbt der Konzern auf seiner Website.
Doch statt den Atomausstieg zu unterstützen, ist die Eon-Tochter PreussenElektra auf pro-Atomkurs. In einem Vortrag im stillgelegten Atomkraftwerk Grafenrheinfeld gab Konzern-Chef Guido Knott bekannt, dass die Firma kürzlich Verträge im internationalen Atomgeschäft unterzeichnet habe. Darin sehe er „auch berufliche Perspektiven für 30 bis 40 Fachkräfte“ aus dem deutschen Unternehmen.
Internationale Atomgeschäfte
Im Mai 2017 wurde bekannt, dass PreussenElektra mit dem französischen Unternehmen Assystem eine Absichtserklärung über die Zusammenarbeit bei der Erbringung von Ingenieur- und Beratungsdienstleistungen im Atomenergiebereich unterzeichnet hatte. Diese Partnerschaft sei „zunächst auf die Entwicklung des Kernenergieprogramms in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) ausgerichtet“, hieß es damals. Man sei darüber hinaus „offen für weitere internationale Kooperationen“. Der Schwerpunkt liege auf der Bereitstellung von Dienstleistungen für den gesamten Lebenszyklus einer Atomanlage: Von der Planung und Errichtung über die Betriebsbereitschaft, Betrieb und Instandhaltung bis hin zur „Entsorgung“ der nuklearen Abfälle sowie der Stilllegung und dem Rückbau von Atomreaktoren.
In den Vereinigten Arabischen Emiraten werden am Standort Barakah seit 2012 für 20,4 Mrd. US-Dollar vier neue Reaktoren errichtet. Es sind die ersten im Land, Ende Juli meldete der Betreiber, der Bau von Barakah-1 sei abgeschlossen - ein Jahr später als bei Baubeginn zugesagt. Es handelt sich um Druckwasserreaktoreinheiten des südkoreanischen Typs APR-1400. Das Atomenergieprogramm ist politisch motiviert, so streben die Scheichs trotz der großen Erdöl- und Gasvorkommen sowie bester Sonneneinstrahlung danach, zu den weltweiten Playern im Atomgeschäft zu gehören. Bisher setzt die Stromversorgung auf eigenes Erdgas, der Verkauf ins Ausland sei aber „lukrativer“.
Umweltschützer*innen und Energieexpert*innen warnen hingegen vor den möglichen Auswirkungen für Umwelt und Sicherheit. Neben der ungeklärten Frage der Atommülllagerung existiert in der arabischen Welt keine „Sicherheitskultur“ wie in der westlichen Welt, warnen Kritiker*innen. Die Annahme, ein Kraftwerk könne so zuverlässig betrieben werden, wie es wegen der potenziell verheerenden Auswirkungen eines Atom-Störfalls nötig ist, „widerspreche jeder praktischen Erfahrung“.
Deutsche AKW: „Bis zum letzten Tag“
Für Guido Knott ist der Atomausstieg in Deutschland allerdings „endgültig“. PreussenElektra wolle aber mit seinen Anlagen „bis zum letzten Tag produzieren“. Dafür müsse das Unternehmen die Laufzeiten künstlich verlängern, indem Reststromkontingente von den Konkurrenten RWE und Vattenfall erworben werden. Konkret: Das AKW Grohnde würde erst Ende 2021, die AKW Isar-2 und Brokdorf Ende 2022 vom Netz gehen.
Die örtliche Presse spricht nun von einem „überraschend offensiven Plädoyer für die Atomkraft“, das Knott vor Vertretern der regionalen Politik und Verbänden gehalten habe. Er diffamierte die Erneuerbaren Energien und kündigte an, dass sich die Belegschaft der letzten deutschen AKW das „wiedergewonnene Selbstwertgefühl nicht nehmen lasse“.
Eon und RWE hatten es 2010 schon einmal geschafft, mit massiver politischer Lobbyarbeit den rot-grünen Atomausstieg mit der Laufzeitverlängerung unter Kanzlerin Merkel zu torpedieren, erinnert Hans-Josef Fell, Präsident der Energy Watch Group (EWG) und Politiker der Grünen.
„Eon gehört ganz offensichtlich weiter zu den Atomkonzernen, die die Erneuerbaren Energien weltweit eher behindern und auf Atomkraft setzen - allen Internetwerbebehauptungen zum Trotz“, so Fell.
Mit Halbwahrheiten gegen Erneuerbare Energien
Dabei opponieren der Konzern mit Halbwahrheiten gegen die Erneuerbaren Energien. Der Weiterbetrieb der letzten sieben AKW sei im letzten Sommer „notwendig“ gewesen, als „die Windenergie in weiten Teilen schlappgemacht hat“, argumentiert Knott. Der Sommer sei zwar recht windstill gewesen, sagen auch Energieexperten. Dafür habe es aber „eine enorme Solarstromproduktion“ gegeben. Die Atomkraftwerke hingegen mussten an den heißen Tagen ihre Leistung drosseln, um mit ihrem zu warmen Kühlwasser die Ökosysteme der Flüsse nicht zu gefährden.
Der Bundesverband Erneuerbare Energien untermauert, dass „aus rein ökonomischen Gründen“ längst keine Atomkraftwerke mehr gebraucht würden. Dieser Trend setze sich fort, weil Solar- und Windstrom immer günstiger werde.
Es hilft wieder nur eins
Rote Karte für Atomkonzerne! Der Kunde hat die Macht: ziehen wir Eon den Stecker. Wer immer noch Strom von dem Konzern oder seiner Tochtergesellschaft bezieht, der sollte zügig zu einem Ökostromanbieter wechseln.
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Quellen (Auszug): mainpost.de, sonnenseite.com, nuklearforum.ch, trendsderzukunft.de