Die Rückholung der radioaktiven Abfälle aus dem havarierten Atommüll-Lager Asse-2 wird noch dringlicher. Kritiker*innen fordern umgehende Konsequenzen aus dem erhöhten Laugenzufluss und wollen mit einem Anti-Atom-Treck am kommenden Wochenende ihre Forderungen unterstreichen.
Anfang Oktober informierte die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) über eine Veränderung in dem alten Salzbergwerk, in dem bekanntlich 126.000 Behälter mit Atommüll verklappt wurden: Im Schnitt werden nun täglich 12,7 Kubikmeter (zuvor: 11,6 Kubikmeter) an Flüssigkeit auf der 658-Meter-Ebene unter Tage aufgefangen. Die Werte schwanken um mehrere hundert Liter täglich, es handelt sich aber um eine Steigerung um 10 Prozent. Meldeschwellen wurden damit überschritten.
Laut BGE hätten die laufenden Untersuchungen gezeigt, dass sich die Dichte der Lösung und ihre chemische Zusammensetzung nicht verändert habe. Über eine Ursache des erhöhten Zuflusses macht die BGE keine Angaben, ist sich aber sicher, dass es derzeit keine Hinweise darauf gäbe, „dass sich der Lösungszutritt grundlegend verändert“.
Die Rückholung des Atommülls duldet keine Verzögerung
Kritiker*innen zufolge zeigt diese Zufluss-Steigerung, wie dringlich die versprochene Rückholung des Atom- und Giftmülls aus der Schachtanlage ist. Die Rückholung wurde zwar vom Bundestag im Atomgesetz verankert, kommt seit Jahren aber nicht wirklich voran. Der Asse II Koordinationskreis, ein Zusammenschluss von Bürgerinitiativen, Gruppen und Einzelpersonen, der sich seit mehr als 10 Jahren mit Fragen zu einer langfristigen Sicherung des ehemaligen Salzbergwerkes Asse II und seiner Umgebung inhaltlich befasst, fordert nun erneut, dass umgehend alle notwendigen Maßnahmen zur Bergung im Detail geplant, genehmigungsrechtlich abgesichert und umgesetzt werden. Der Betreiber müsse alle Maßnahmen durchführen, die den Müll trocken halten, um damit die Rückholung zu ermöglichen. „Unverzüglich“ solle zudem mit dem Bau eines neuen, für den sicheren Betrieb und die Bergung des Mülls notwendigen Schachtes Asse 5 begonnen werden. Auch dürften der Bau und der Betrieb von Einrichtungen zur Konditionierung und Zwischenlagerung „keinerlei wirtschaftlichen Einschränkungen unterliegen“.
Sollte es zu größeren Laugeneinbrüchen kommen, ist weiterhin ein Notfallkonzept vorgesehen. Kritiker*innen warnen: Die eindringende Lauge könne durch eine Verfüllung nicht aufgehalten werden.
„Die Annahme, man könne Asse II verfüllen und hätte dann für alle Zeit Ruhe vor der eingelagerten Radioaktivität, ist irrig. Eine Verfüllung hält den Zerstörungsprozess nicht auf. Da der Salzstock zudem unter Druck steht, droht langfristig die Auspressung der radioaktiven Stoffe“, so Andreas Riekeberg, Sprecher der Initiative.
Protest-Treck geplant
„ASSE leerräumen – KONRAD aufgeben“ heißt das Motto eines bunten Anti-Atom-Trecks, der am kommenden Samstag (20. Oktober) vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) in Salzgitter-Lebenstedt zur Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) in Peine führen wird. Unterwegs sind mehrere Kundgebungen geplant.
- weitere Infos: www.anti-atom-treck.de
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15.08.2018 - „Konrad wird fertiggestellt“, ist sich Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) sicher. Atomkraftgegner*innen unterstellen ihm eine „Rolle rückwärts in die 80er“ und laden zu einer bunten Protestaktion gegen die Atommüllpläne ein. -
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Tickende Zeitbombe
Basiswissen Atommüll: Seit den 1960er Jahren kippten AKW-Betreiber ihren Atommüll nahezu unkontrolliert in das stillgelegte Kali- und Steinsalz-Bergwerk Asse II bei Wolfenbüttel in Niedersachsen. Seit 2010 ist die Rückholung der etwa 126.000 Fässer geplant. Das stetig einlaufende Wasser macht die Asse II jedoch zu einer tickenden Zeitbombe.
Quellen (Auszug): bge.de, aufpassen.org, anti-atom-treck.de; 11.10.2018