Glücklicherweise erwies sich eine Meldung über einen schweren Unfall im belgischen AKW Tihange als Fake. Unterdessen räumt die Atomaufsicht ein, sie habe Probleme in den Meilern „unterschätzt“.
Der Geschäftsführer der Atomaufsicht FANC hat seine Einschätzung zu marodem Beton in den belgischen Kraftwerken Tihange und Doel korrigiert. Nach Fotos, die jetzt dem zuständigen Kammerausschuss vorgelegt wurden, rieselt in Doel-3 „der Beton förmlich von der Decke“. In Tihange wurde eine fehlerhafte Armierung des Betons entdeckt, Stahlverstärkungen befinden sich nicht an den in den Bauplänen vorgesehenen Stellen. Auch Block 3 in Tihange ist betroffen. Die Atomaufsicht spricht nun von einem „unterschätzen Betonproblem“, der Betreiber bekräftigt, dass die Bunker keine Sicherheits-Relevanz hätten, dort nur Geräte aufbewahrt würden. In älteren Meldungen berichtete die FANC allerdings, dass in den betroffenen Nebengebäuden „extrem heißer Dampf“ entweiche, der Ursache für die Schäden sei.
Ein Blick in die Vergangenheit lässt Zweifel zu: Als 2012 tausende Risse im Reaktorbehälter von Doel-3 und Tihange-2 öffentlich wurden, dementierte der Betreiber alle Risiken, die Behörde korrigierte ihren Kurs erst nachträglich - und ließ die Meiler für längere Zeit abschalten. FANC will das aktuelle Problem nun „proaktiv“ angehen.
Fake-Webseite meldet Atom-Alarm
Von ganz anderer Dimension war der Inhalt einer Meldung am vergangenen Wochenende, die sich glücklicherweise als falsch erwies: Eine Website vermeldete im offenbar gut kopierten Layout und unter fast identischer URL des belgischen Nachrichtensenders RTL Info, im Atomkraftwerk Tihange habe es eine „atomare Explosion“ gegeben. Unter der Überschrift mit dem Zusatz „Alarm“ befand sich ein vermeintlicher Aufruf der Behörden, die Häuser nicht mehr zu verlassen sowie weitere Details zu dem angeblichen Vorfall.
Nachdem schon Notrufe von besorgten Bürger*innen eingegangen waren, reagierten das Krisenzentrum des belgischen Innenministeriums und RTL mit einem Dementi. Im Internet hieß es aber auch, es habe „Panik“ gegeben, „so dass viele Anwohner am Abend ihre Häuser verließen“.
Endgültig Abschalten - statt verpixeln!
Belgien führt derzeit einen Gerichtsprozess gegen das Unternehmen Google. Das belgische Verteidigungsministerium hat gefordert, dass der US-Konzern Satellitenbilder von Militär- und Atomanlagen, darunter die AKW Tihange und Doel, verschleiert. Die Behörde ist in Sorge um die „nationale Sicherheit“, denn von Doel existiert sogar eine detailreiche 3-D-Ansicht im Netz.
„Sicher“ wäre allerdings nicht die Verpixelung der Atomanlagen auf den google-Karten, wie es etwa in Frankreich geschehen ist, sondern die endgültige Abschaltung der Skandalmeiler!
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Quellen (Auszug): brf.be, faktenfinder.tagesschau.de, 4.10.2018