Nachdem die Atomexporte von AKW-Brennstoff aus Deutschland in alle Welt heftig unter öffentlichen Druck geraten sind, hat Framatome, Betreiberin der Brennelementefabrik in Lingen, Behörden und Politik rechtliche Schritte angedroht. Atomkraftgegner*innen mobilisieren kurzfristig zu Protesten.
Anlass ist die Lieferung mit 134 frischen Brennelementen für das Schweizer Atomkraftwerk Leibstadt. Die Genehmigung durch das Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit habe sich hingezogen, behauptet der Atomkonzern. Die Anwält*innen von Framatome drohten daraufhin der Behörde, „alle rechtlichen Schritte zur Schadensminderung einschließlich einstweiliger Anordnungen, einer Untätigkeits- sowie ggf. einer Amtshaftungsklage vorzubereiten“, weil ihre Mandantin „in gravierende Schwierigkeiten gebracht“ werde oder werden solle.
Der Wirtschaftsverband Kernbrennstoffkreislauf wandte sich direkt an die Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD). Sie solle Druck auf die Behörde ausüben, das „Genehmigungsvakuum“ sei „ein für uns nicht länger hinnehmbarer Zustand“. Auch die Schweizer Botschaft habe sich laut „Süddeutsche Zeitung“ eingeschaltet und bei mehreren Bundesministerien interveniert. „Größere Geschütze wurden selbst zu Hochzeiten des Atomkonflikts nicht aufgefahren“, resümiert die Zeitung.
„Ein solcher politischer Druck auf eine Genehmigungsbehörde ist unerträglich“, heißt es aus dem Umweltministerium. Es entstehe der Eindruck, „dass eine Genehmigungsbehörde im Hochrisikobereich zu einer atomrechtlichen Transportgenehmigung genötigt werden soll“.
In diesem Falle hätten aber noch Unterlagen des Transporteurs gefehlt, die die Behörde brauchte, um den Antrag zu prüfen. Seit Juni sind die Auflagen wegen Terrorgefahren verschärft worden. Doch der Druck von Seiten des Atomkonzerns wirkte offenbar: Am Donnerstag wurde die Genehmigung zum Transport des AKW-Brennstoffs erteilt.
Framatome kämpft ums Überleben
Dennoch macht diese Auseinandersetzung deutlich, wie groß der Druck auf die Betreiberin der Lingener Atomanlage und deren unsichere Zukunftsperspektive ist. Während alle deutschen AKW abgeschaltet werden, soll Lingen weiter für den Weltmarkt produzieren dürfen. Ein Widerspruch, der in der Öffentlichkeit mehrheitlich für Unverständnis sorgt. Viele Protestaktionen der Anti-Atom-Bewegung haben sich deshalb in den letzten Jahren auf den Standort fokussiert.
Nach dem Super-GAU von Fukushima ging der französische Konzern in seinem Heimatland bereits bankrott. Mit vielen Steuergeldern wurde er vom Staat gerettet. Der belastete Firmenname „AREVA“ wurde einem „Greenwashing“ unterzogen, seit ein paar Monaten heißt der Konzern „Framatome“. Mit härtesten Mitteln wird nun offensichtlich auch in Deutschland ums Überleben gekämpft.
Protestaktion am heutigen Montag
Ein guter Zeitpunkt also, dass wir den Druck weiter erhöhen. Sehr kurzfristig haben Atomkraftgegner*innen für heute abend (Montag, 13. August 2018, 18 Uhr) eine Mahnwache an der Brennelementefabrik in Lingen „wegen offizieller Ankündigung eines Brennelemente-Exportes“ angemeldet.
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22.03.2018 - Obwohl es machbar wäre, unterbindet Deutschland die Lieferung von Brennstoff an Skandal-Atomkraftwerke in angrenzenden Ländern weiterhin nicht. Auch in diesem Jahr bekommt das umstrittene belgische AKW Doel Brennstoff aus Lingen.
Quellen (Auszug): sueddeutsche.de, atommuellreport.de; 6./9./10.8.2018