Eon und RWE beenden ihre Rivalität. Sie wollen den Strommarkt neu aufteilen, um gemeinsam ihre Marktmacht zu behaupten. Der geplante Deal ist ein Aufbäumen der Giganten gegen die Energiewende

Zwei Jahre ist es her, da startete die frisch gegründete Konzerntochter Innogy für den 120 Jahre alten Stromriesen RWE in die „Zukunft“. Innogy war befreit von der damaligen Atommüll-Last RWEs – das zog Anleger*innen an. Und: Innogy machte auf erneuerbare Energien – das zog Verbraucher*innen an. Zumindest die, die sich von der Ökostrom-Politur des Energie-Lieferanten täuschen ließen. Denn der vermeintlich nachhaltige Innogy-Strom besteht nur zu drei Prozent aus Erneuerbaren; den Hauptanteil im Energiemix belegt „grün eingefärbter“ Atom- und Kohlestrom – den wiederum produziert RWE. Auch Eon hat wenig mit der Energiewende am Hut; Ökostrom macht gerade mal sieben Prozent im Stromangebot des Konzerns aus. Bundesweit liegt der Schnitt mehr als fünfmal so hoch.
Absage an die Energiewende
Jetzt beendet RWE das Experiment, löst Innogy auf und verbündet sich gleichzeitig mit Eon. Gemeinsam wollen die Konzerne das Geschäft neu aufteilen. RWE gliedert Kraftwerke von Innogy und Eon ein und fokussiert sich auf die Stromproduktion. Eon erhält mit den Netzen das lukrativste Geschäftsfeld im Stromsektor und bedient das Endkundengeschäft. Dafür wiederum beteiligt Eon RWE mit 17 Prozent am eigenen Unternehmen. Der Deal beendet die Rivalität der beiden Konzerne. Die Bundesregierung sieht das wohlwollend. „Die Energieversorger stellen sich auf die Energiewende ein“, kommentiert Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) das Vorhaben. Tatsächlich liegt ein schnelles Ende des Atom- und Kohle-Zeitalters jedoch nicht im Interesse der beiden Konzerne. Im Gegenteil: RWE und Eon schleppen die Erneuerbaren nur so weit mit, wie es unbedingt nötig ist, um das Geschäft mit der konventionellen Stromproduktion zu stützen. Energieexpertin Claudia Kemfert bewertet den Innogy-Deal denn auch als „Rückschlag für die Energiewende“: „Es scheint, als könnten die Energieriesen nur das großmaßstäbliche konventionelle Energiegeschäft bedienen, weniger das dezentrale, erneuerbare und innovative – das langfristig aber das erfolgversprechendere ist.“ Eine dezentrale Marktordnung mit vielen kleinen Stromproduzenten steht den Profit- und Wachstumszielen großer Energiekonzerne im Weg. Mit dem „Innogy-Deal“ wollen RWE und Eon ihre alten zentralen Markt- und Machtstrukturen absichern. Statt sich gegenseitig Konkurrenz zu machen, positionieren sich die Großen gemeinsam gegen die Kleinen und gegen die Energiewende.
GroKo als Wegbereiter der Konzerne
Die Regierung lässt die Energieriesen gewähren – das hat Tradition. Etwa 2016, als es um die Höhe der Ablösesumme für die Atommüllkosten ging. Damals drohte RWE mit Insolvenz und sorgte so dafür, dass der Staat die Atomindustrie viel zu billig – zumal endgültig – aus der Verantwortung für die strahlenden Abfälle entließ. Und siehe da: Bereits ein Jahr später stand RWE plötzlich wieder gut im Saft. Befreit von den tatsächlichen Folgekosten lohnt sich das Geschäft mit den Konventionellen. Der Konzern braucht nun auch Innogy nicht mehr als Hintertür aus der Atommüll-Kostenfalle – das finanzielle Risiko trägt derweil die Bevölkerung.
Kommunen könnten Eon in die Quere kommen
Das Bundeskartellamt prüft derzeit den geplanten Deal zwischen Eon und RWE. Dabei geht es insbesondere um die Dominanz von RWE in der konventionellen Stromerzeugung. Momentan gibt es jedoch kaum Stimmen, die daran zweifeln, dass die Behörde zustimmen wird. Allerdings – so zeichnet sich ab – könnte die Übertragung der etwa 4.000 Konzessionsverträge für kommunale Strom- und Gasnetze von Innogy auf Eon schwierig werden. Unter Umständen könnten die Kommunen beim Wechsel von Sonderkündigungsrechten Gebrauch machen. Für Eon wäre damit das Herzstück des Deals verloren.