In Deutschland haben Studien bereits belegt, dass die Rücklagen für die Lagerung des Atommülls nicht ausreichen werden. Nun zeigen Berechnungen: Auch die AKW-Betreiber in der Schweiz müssen nachlegen. Doch reichen wird das Geld auch dann nicht.
Die Stilllegung der fünf Atomkraftwerke in der Schweiz und die Lagerung des Atommülls wird „teurer als erwartet“, heißt es nach Veröffentlichung einer Studie, die im Auftrag der Kommission für den Stilllegungsfonds und den Entsorgungsfonds (STENFO) durchgeführt wurde. Unabhängige Experten haben die Kostenstudie von 2016 überprüft und kommen jetzt auf einen Betrag für die AKW-Stilllegung von 23,5 Milliarden Franken. Es ergeben sich so um acht Prozent höhere Kosten für die Stilllegung und Lagerung des Atommülls als angenommen. Die Beiträge der AKW Betreiber in die Fonds sollen deshalb um 34 Prozent steigen, lautet ein Vorschlag.
Die höher ausgewiesenen Kosten „kommen sicher der Wirklichkeit etwas näher“, kommentieren Atomkraftgegner*innen. Die Initiative „Nie Wieder Atomkraftwerke“ (NWA) bekräftigt aber, dass die Beiträge der AKW-Betreiber in die Stilllegungs- und Entsorgungsfonds nach wie vor zu tief bleiben. Es sei „fraglich, ob damit die künftigen Kosten wirklich vollumfänglich durch die AKW-Betreiber getragen werden“, warnt auch die Schweizerische Energie-Stiftung SES.
Schon die Grundlage ist falsch
In der Vorlage legt die STENFO nämlich Rückbaukosten für einen Reaktor in Höhe von 747 Millionen Franken (630 Millionen Euro) zugrunde. Der Betreiber des Atomkraftwerks Mühleberg, das am 20. Dezember 2019 endgültig abgeschaltet wird und wo daher die Planungen für den Rückbau auf Hochtouren laufen, prognostiziert heute 810 Millionen Franken. In Deutschland nimmt man derzeit 850 Millionen Euro pro Reaktor an.
Atomkraftgegner*innen warnen allerdings, dass auch diese Schätzungen viel zu niedrig sind. Greenpeace hat vor ein paar Jahren errechnet, dass der Rückbau und die Atommülllagerung von 17 deutschen Reaktoren bis zu 44 Milliarden Euro kosten könnten.
Am Ende zahlt der Staat
Erfahrungen mit Großprojekten zeigen, dass die Kosten häufig aus dem Ruder laufen. Das gilt auch für den Rückbau der Atomkraftwerke, die eine Mammutaufgabe für die Industrie darstellt. Ob die heutigen Betreiber der Anlagen in der Lage sind, diese Kosten zu stemmen, ist äußerst fraglich. Deshalb wurde in Deutschland ein Fond eingerichtet, in den die AKW-Konzerne 24 Milliarden Euro einzahlen. Mehrkosten übernimmt dann der Staat...
In der Schweiz ist die Situation vergleichbar: „Zu einem Zeitpunkt, wo unsicher ist ob es die Alpiq 2020 in der heutigen Form noch gibt, kann nicht mit Sicherheit angenommen werden, dass Alpiq noch einige hundert Millionen Franken nachzahlen könnte“, warnt Peter Stutz, Co-Präsident der NWA.
„Es braucht höhere Sicherheitszuschläge, sonst leben die AKW-Betreiber weiter auf Kosten der künftigen Steuerzahlenden“, fordert Nils Epprecht, Projektleiter Strom & Atom der Schweizerische Energie-Stiftung.
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Quellen (Auszug): iwr.de, energiestiftung.ch, ee-news.ch, greenpeace.de; 21./22./27.12.2017