Forscher warnen vor Weiterbetrieb der belgischen Reaktoren Tihange-2 und Doel-3

14.09.2017 | Jan Becker

Die Stabilität der belgischen Reaktorbehälter von Tihange-2 und Doel-3 ist zu schwach für einen Weiterbetrieb, warnen Forscher in einer neuen Studie.

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Foto: Heike Lachmann
25. Juni 2017: Menschenkette gegen AKW-Betrieb

Seit 2012 sind die tausenden Mikrorisse in den Reaktordruckbehältern der Anlagen bekannt, die belgische nationale Atombehörde (AFCN) bewertet sie aber als „ungefährlich“ und gibt regelmäßig grünes Licht für den Weiterbetrieb der Anlagen. Herkunft der Risse seien winzige Einschlüsse von Wasserstoff im Stahl, ein Fabrikationsfehler.

Forscher der Universität Löwen haben die Entwicklung der Rissbefunde untersucht und warnen jetzt: Die Vielzahl der Mikrorisse in den Reaktorbehältern gefährdet deren Stabilität. Die Anzahl der Risse würde noch ansteigen, was auf weitere Wasserstoffbildung hinweist. Die Hülle der Reaktorbehälter werde dadurch zu schwach für einen Weiterbetrieb.

Weil es „gegenteilige Einschätzung“ gebe, sieht die Atombehörde erneut „keinen Anhaltspunkt für eine erforderliche Schließung“ der Reaktorblöcke.

Immer wieder Störfälle

Block 2 der Anlage in Tihange wurde erst am vergangenen Wochenende wieder in Betrieb genommen. Ein Kurzstillstand war nötig, um Arbeiten an einem Dampfgenerator durchzuführen, hieß es von Seiten des Betreibers Electrabel. Unterdessen wurde am Dienstag der älteste Reaktorblock 1 wegen eines Störfalls abgeschaltet. Im primären, radioaktiven Kühlkreislauf habe es Probleme mit einem Pumpenmotor gegeben, so Electrabel.

Zehntausende fordern das Aus

50.000 Menschen bildeten am 25. Juni ein Band des Protestes über 90 Kilometer zwischen dem AKW Tihange und der Stadt Aachen. Tihange ist knapp 60 Kilometer Luftlinie von der grenznahen Stadt entfernt. Sollte es zu einem Super-GAU kommen, wird die dicht besiedelte Region für Jahrzehnte unbewohnbar sein. Die Städteregion Aachen, Nordrhein-Westfalen sowie über 100 Kommunen klagen gemeinsam gegen den Weiterbetrieb von Tihange-2.

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Quellen (Auszug): wdr.de dpa; 12.9.2017

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Jan Becker

Jan Becker hat jahrelang die Webseite www.contrAtom.de betrieben und täglich aktuelle Beiträge zur Atompolitik verfasst. Seit November 2014 schreibt der studierte Umweltwissenschaftler für .ausgestrahlt. Jan lebt mit seiner Familie im Wendland. Mit dem Protest gegen regelmäßig durch seine Heimatstadt Buchholz i.d.N. rollende Atommülltransporte begann sein Engagement gegen Atomenergie, es folgten die Teilnahme und Organisation zahlreicher Aktionen und Demonstrationen.

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