Americas nuclear first?

03.07.2017 | Jan Becker

US-Präsident Trump setzt weiter auf den Ausbau der Nuklearindustrie. Mit Atomkraft, Kohle, Gas und Öl soll eine „echte Energierevolution“ durchgesetzt werden. Doch schon heute schreibt jedes zweite US-AKW rote Zahlen.

 

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In dieser Woche startet in Hamburg der G20-Gipfel, an dem auch der US-Präsident teilnehmen wird. Nach dessen Ankündigung, aus den internationalen Klimavereinbarungen auszusteigen, wird sich die Politik mit den Konsequenzen beschäftigen müssen. Trump gab zudem kürzlich seine Vorstellungen für eine künftige Energieversorgung preis: Er will den Weltmarkt für Energie dominieren und dafür auf Atomkraft, Kohle, Öl und Gas setzen. Ziel seiner Regierung sei „nicht nur die Unabhängigkeit von Energieimporten, sondern die US-Dominanz des globalen Markts“, so Trump.

Schon sein Vorgänger Barack Obama beschwor eine „atomare Renaissance“ in den USA für den Kampf gegen die Klimaerwärmung. Doch trotz des Super-AGU von Fukushima spielten für Obama Sicherheitsbedenken bei der Genehmigung des ersten AKW-Neubaus seit 40 Jahren in Vogtle (Georgia) so gut wie keine Rolle. Die Frage der Atommülllagerung schon gar nicht. Im Gegenteil: Obama argumentierte, Atomenergie sei sauber und sicher. Doch diese Vision entpuppt sich als schweres und gefährliches Erbe.

34 AKW schreiben rote Zahlen

Schon heute schreibt jedes zweite US-Atomkraftwerk rote Zahlen. Wie das Medienunternehmen Bloomberg meldet, häufen sich Verluste in Milliardenhöhe an. In den USA erzeugen 99 Reaktoren in 61 aktiven Atomkraftwerken Strom. Mehr als die Hälfte davon, 34 Atomkraftwerke, erwirtschaftet aktuell keine Gewinne.

Die Kraftwerke erzeugen zu operativen Kosten von etwa 3,5 US-Cent je Kilowattstunde (kWh) Strom, erhalten im Großhandel jedoch nur zwischen 2,0 und 3,0 Cent pro kWh. Jährlich schreiben die Kraftwerke zusammen somit Verluste in Höhe von 2,9 Milliarden US-Dollar, so Bloomberg. Neben billigem Erdgas mache auch der Strom aus günstigen Erneuerbaren Energiequellen den Atommeilern zu schaffen.

Das hat Folgen: Die Exelon Corporation hat kürzlich beschlossen, die Atomkraftwerkseinheit Three Mile Island Ende September 2019 noch vor Ende seiner Laufzeit abzuschalten. Es sei denn, die Behörden führen eine Reihe „erforderlicher Maßnahmen“ ein.

Der Niedergang der Atomindustrie traf auch den US-Konzern Westinghouse, eine Kraftwerkstochter der japanischen Toshiba. Für den Versuch den Konkurs zu verhindern, übernahm die US-Regierung eine Bürgschaft von über acht Milliarden Dollar.

Wiederbelebung der US-Atomkraft?

Seit 2012 wurden 12 kombinierte Bau- und Betriebsbewilligungen für Atomkraftwerke in den USA erteilt. Zuletzt Ende Mai 2017 gab die Nuclear Regulatory Commission (NRC) grünes Licht für eine dritte Kraftwerkseinheit in North Anna, Virginia. Zudem hat das amerikanische Department of Energy (DOE) insgesamt 85 Projekte ausgewählt, die zur Weiterentwicklung fortgeschrittener Reaktortechnologien Fördermittel in Höhe von insgesamt 67 Millionen US-Dollar erhalten.

Doch der AKW-Baustelle in Vogtle laufen die Kosten aus dem Ruder. Von mehr als sechs Millarden Dollar Defiziten an den beiden halbfertigen Reaktoren ist die Rede. Ob oder wann die übrigen sieben bewilligten Reaktoren für Michigan, Texas, Florida und South Carolina jemals gebaut werden, ist deshalb fraglich.

Einige Bundesländer versuchen nun über das Programm „Zero-Emission Credits“ die bestehenden, unwirtschaftlichen Meiler zu retten. Um einer „vorzeitigen Schließung gefährdeter Atomenergieeinheiten entgegenzuwirken und damit Arbeitsplätze zu sichern“ werden die Steuerzahler zur Kasse gebeten...

weiterlesen:

  • Westinghouse: Nächster AKW-Konzern vor dem Aus
    01.02.2017 - Der nächste Global Player im internationalen Atomgeschäft befindet sich in einer schweren Krise: Das japanisch/amerikanische Unternehmen Toshiba will künftig keine Atomkraftwerke mehr bauen, weil die finanziellen Risiken zu hoch sind.

  • Französische Atomindustrie am Boden
    11.01.2017 – Die Stromversorgung in Europas Atom-Land Nummer 1 ist zur Zeit akut gefährdet, weil zahlreiche Reaktoren ausgefallen sind. Trotzdem hält Frankreich an der gefährlichen Technik fest: Die EU genehmigte kürzlich ein milliardenschweres Rettungspaket, mit dem der Atomkonzern AREVA gerettet werden soll.

  • Japanischer Atomkonzern Toshiba schwer angeschlagen

  • 17.12.2015 – Nach dem Absturz des französischen Atomkonzerns Areva steht es auch um den japanischen AKW-Hersteller Toshiba schlecht. Für ein Reaktorprojekt in England fehlt viel Geld. Doch statt sich von seinen Nukleargeschäften zu verabschieden, baut Toshiba lieber keine Fernseher.

  • Der Rückzug der Atomkraft in den USA
    20.11.2015 - Noch vor wenigen Jahren wurde in den USA die Renaissance der Atomkraft angekündigt und mit dem Bau neuer Reaktoren begonnen. Viereinhalb Jahre nach Fukushima sind zahlreiche Meiler ausser Betrieb gegangen. Die Zahl der Neubauten hält ich in Grenzen. Aktuell wurde wieder die Stilllegung zweier Anlagen beschlossen.

  • Französischer Konzern AREVA verabschiedet sich vom Reaktorbau
    24.03.2015 — Das französische Atomunternehmen AREVA wird künftig keine Atomkraftwerke mehr bauen. Der Konzern, der sich mehrheitlich im Staatsbesitz befindet, ordnet nach herben Verlusten im letzten Jahr seine Geschäftspolitik neu. Grund für die schlechte Bilanz sind auch miserable AKW-Projekte.

Quellen (Auszug): iwr.de, bloomberg.com, merkur.de, nuklearforum.ch, mensch-und-atom.org; 6./19./20./30.6.2017

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Jan Becker

Jan Becker hat jahrelang die Webseite www.contrAtom.de betrieben und täglich aktuelle Beiträge zur Atompolitik verfasst. Seit November 2014 schreibt der studierte Umweltwissenschaftler für .ausgestrahlt. Jan lebt mit seiner Familie im Wendland. Mit dem Protest gegen regelmäßig durch seine Heimatstadt Buchholz i.d.N. rollende Atommülltransporte begann sein Engagement gegen Atomenergie, es folgten die Teilnahme und Organisation zahlreicher Aktionen und Demonstrationen.

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