Solarstromrekord im Mai

14.06.2017 | Jan Becker

Die deutschen Windenergieanlagen liefern schon lange mehr Strom als die letzten acht Atomkraftwerke. Nun haben auch die Solaranlagen die AKW fast eingeholt.

Im Mai haben die in Deutschland installierten Photovoltaik-Anlagen laut Berechnungen des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE die Rekordmenge von rund 5,57 Terawattstunden Strom produziert. Dies entspricht einem Anteil von 12,3 Prozent an der Nettostromerzeugung. Damit lagen sie mit den Atomkraftwerken (5,65 Terawattstunden und 12,5 Prozent der Nettoerzeugung) quasi gleichauf, berichtet der Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW-Solar).

„Solarenergie ist preiswert geworden und entwickelt sich zu einer wichtigen Säule der Energieversorgung“, so Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW-Solar. Die Nachfrage nach Solarstromanlagen und Batteriespeichern habe „in den letzten Monaten spürbar angezogen, was maßgeblich auf gesunkene Preise zurückzuführen sei“.

Derzeit liegt die in Deutschland installierte Solarstromleistung bei rund 42 Gigawatt. Ein Großteil der Solarenergie-Potenziale im Strom-, Wärme- und Mobilitätssektor seien damit laut Körnig ungenutzt und „müssen jetzt konsequent gehoben werden, um die Klimaschutzziele zu erreichen“. Das Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik IWES schätzt, dass die Solarstromleistung in Deutschland bis zum Jahr 2050 auf über 300 Gigawatt ausgebaut werden könnte.

Weltweiter Trend

Der aktuellste Bericht über die weltweite Entwicklung der Erneuerbaren Energien, der „Renewables 2017 Global Status Report“, stellt darüber hinaus das rasante und für viele vor Jahren nie für möglich gehaltene weltweite Wachstum der Erneuerbaren Energien heraus. So stieg die neu installierte Leistung um neun Prozent gegenüber 2015 auf 161 Gigawatt - ein Rekordzubau.

Weltweiter Photovoltaik Boom
Foto: solargrafik.de
Weltweiter Photovoltaik Boom

Der Grüne Hans-Josef Fell, Präsident der Energy Watch Group (EWG) und Mitautor des Erneuerbaren Energiegesetzes findet diese Entwicklung „erstaunlich“, weil die Erneuerbaren Energien sich immer noch gegen einen zugunsten der fossilen/atomaren Energien verzerrten Markt durchsetzen müssten. Im globalen Durchschnitt sind laut Fell die Subventionen für fossile und atomare Energien immer noch vier Mal höher als die für Erneuerbare Energien.

Internationale Atomenergiebehörde hat andere Pläne

Die weltweite Lobbyorganisation der Atomindustrie zeichnet ein völlig anderes Bild der künftigen Energieversorgung: Die Atomkraft sei „weltweit auf dem Vormarsch“ hieß es kürzlich in zahlreichen Medien. Weil in den vergangenen zwei Jahren 20 neue Reaktoren ans Netz gegangen seien, würden aktuell 30 Länder in 449 Reaktoren die „größte bisher installierte Leistung von 392 Gigawatt“ produzieren, berichtet Yukiya Amano, Direktor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA).

Diese Bilanzen seien eine Frage der Betrachtung, merken immer wieder die Autoren des „World Nuclear Industry Status Report“, ein kritischer Überblick über den Zustand der weltweiten Atomindustrie, an. Besonders in Japan erweist sich die Statistik als Trugschluss. Denn dort erzeugen die 42 Reaktoren „in operation“, die in der IAEA-Statistik natürlich mitgezählt werden, aktuell knappe zwei Prozent des Stroms.

„Es ist an der Zeit, die internationalen Atomenergie-Statistiken an die Realität anzupassen“, fordert Mitautor Mycle Schneider.

Neben der Propaganda kontrolliert die IAEA weltweit die „zivile Nutzung“ der Atomkraft. Amano zeigte sich am Anfang der Woche in Wien vor dem Gremium von 35 Mitgliedsstaaten „tief besorgt“ über das Nuklearprogramm Nordkoreas. Das abgeschottete Land verfüge über Atombomben und arbeite an Langstreckenraketen dafür.

Auf diesen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der „zivilen“ Nutzung der Atomenergie für die Stromproduktion und dem Bau von Atombomben durch die Nutzung identischer Industrieanlagen weisen Atomkraftgegner*innen immer wieder hin. Neben zum Beispiel dem Risiko von schweren Unfällen sind Atombomben ein Grund mehr, alle Atomanlagen sofort stillzulegen.

weiterlesen:

  • „Daten der Internationalen Atomenergie-Organisation sind irreführend“
    14.11.2016 - Jahr für Jahr veröffentlicht eine Expertengruppe um Mycle Schneider den „World Nuclear Industry Status Report“, ein (kritischer) Überblick über den Zustand der weltweiten Atomindustrie. Das Ergebnis ist seit einigen Ausgaben immer gleich - und erfreulich: die Atomindustrie befindet sich weiter auf dem absteigenden Ast. Die Atomlobby-Verbände behaupten das Gegenteil, doch ihre Zahlen sind irreführend.

  • UBA-Studie: Atomenergie weiterhin hoch subventioniert
    24.01.2017 - Obwohl der Ausstieg beschlossen ist, wird Atomenergie in Deutschland weiterhin in erheblichem Umfang staatlich gefördert oder begünstigt. Wie das Umweltbundesamt (UBA) in der Aktualisierung einer Studie belegt, sind die umweltschädlichen Subventionen in Deutschland „weiterhin viel zu hoch“.

Quellen (Auszug): sonnenseite.com, solarserver.de, handelszeitung.ch, iaea.org; 12./13.6.2017

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Jan Becker

Jan Becker hat jahrelang die Webseite www.contrAtom.de betrieben und täglich aktuelle Beiträge zur Atompolitik verfasst. Seit November 2014 schreibt der studierte Umweltwissenschaftler für .ausgestrahlt. Jan lebt mit seiner Familie im Wendland. Mit dem Protest gegen regelmäßig durch seine Heimatstadt Buchholz i.d.N. rollende Atommülltransporte begann sein Engagement gegen Atomenergie, es folgten die Teilnahme und Organisation zahlreicher Aktionen und Demonstrationen.

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