Brennelementelieferung nach Tihange gebilligt

29.03.2017 | Jan Becker

Die Brennelementefabrik in Lingen beliefert mit Billigung des Bundesumweltministeriums seit Anfang März erstmals auch den aus Sicherheitsgründen heftig umstrittenen belgischen Pannenreaktor Tihange 2 mit Brennelementen. Atomkraftgegner*innen fordern umgehende Konsequenzen.

Aus der aktuellen Transportliste des Bundesamtes für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE), Antworten der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken sowie Recherchen des WDR geht eindeutig hervor, dass die deutsche Anlage das selbst von der Bundesregierung heftig kritisierte Atomkraftwerk in Belgien mit Brennstoff beliefert. Bundesumweltministerin Hendricks hat grünes Licht für den Export gegeben.

 

Brennelemente-Lieferungen aus Lingen nach Doel / Tihange
Foto: bfe.bund.de
Brennelemente-Lieferungen aus Lingen nach Doel / Tihange

 

Brennelemente-Lieferungen aus Lingen nach Doel / Tihange
Foto: bfe.bund.de Brennelemente-Lieferungen aus Lingen nach Doel / Tihange

 

Insgesamt sind laut BfE 50 Transporte für die belgischen Atomkraftwerke Doel und Tihange von der Bundesregierung gebilligt worden. 17 Transporte haben bereits stattgefunden. Von Juni 2016 bis März 2017 wurden 68 Brennelemente nach Tihange geliefert.

Die Ausfuhr dürfe nur untersagt werden, „wenn sie gegen unsere internationalen Verpflichtungen verstieße oder die innere und äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährden würde“, so eine Sprecherin des Umweltministeriums.

Wegen Tausender kleiner Risse in den Reaktorblöcken und offener Sicherheitsfragen hatte die Bundesregierung vor einem Jahr eine Betriebspause für die Atomkraftwerke Doel 3 bei Antwerpen und Tihange 2 gefordert. Belgien streitet bis heute alle Sicherheitsrisiken ab.

„Frau Hendricks bedroht mit dieser Entscheidung bewusst die körperliche Unversehrtheit und das Leben nicht nur der Menschen in Nordrhein-Westfalen. Die Umweltministerin muss umgehend Konsequenzen ziehen“, fordert Jörg Schellenberg vom Aachener Aktionsbündnis gegen Atomenergie.

Die Bevölkerung sei zu Recht beunruhigt, denn im Falle eines Reaktorunglücks könnten weite und dicht besiedelte Teile Nordrhein-Westfalens verstrahlt werden, so NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne). Sein Bundesland will sich jetzt einer Klage für die Stilllegung des AKW Tihange-2 anschließen.

Lieferungen auch an das AKW Doel

Im letzten Jahr hatten Aktivist*innen aufgedeckt, dass die Brennelementefabrik in Lingen erstmals auch den ebenfalls wegen Tausender Haarrisse in der Kritik stehenden Reaktor Doel 3 beliefert - auch hier mit Billigung durch das Bundesumweltministerium.

"Vor einem Jahr machte Umweltministerin Hendricks als engagierte Kritikerin der belgischen Pannenreaktoren von sich reden - nun tritt sie durch die frischen Exportgenehmigungen für Brennelemente als wichtigste Garantin für deren Weiterbetrieb auf - das ist ein Skandal!”, so Matthias Eickhoff vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen.

 

stop tihange doel

 

stop tihange doel
 

 

chain reaction tihange

Am Sonntag dem 25. Juni 2017 findet eine große Protestaktion für die sofortige Abschaltung der Atomkraftwerke Tihange 2 und Doel 3 statt. Eine Menschenkette über 90 km wird Tihange – Lüttich – Maastricht und Aachen verbinden.

weiterlesen:

  • Sturm laufen gegen das AKW Tihange
    02.11.2016 - Käme es zu einer schweren Reaktorkatastrophe im belgischen Atomkraftwerk Tihange, wäre Deutschland von den Auswirkungen massiv betroffen. Selbst Fußballprofis laufen jetzt Sturm für eine sofortige Abschaltung der maroden Meiler.

  • Exportverbot für deutsche Brennelemente zu belgischen Pannenmeilern!
    07.01.2016 - AtomkraftgegnerInnen fordern nach der nicht abreissenden Pannenserie in belgischen Atomkraftwerken, dass Deutschland dorthin keinen AKW-Brennstoff mehr liefern solle. Die Bundesregierung hatte Einflussmöglichkeiten auf die belgische Atompolitik verneint. Unterdessen erhöhen auch Nachbarländer den Druck und belgische Politiker sprechen davon, dass sie die „Energiewende verschlafen“ haben.

  • Belgien: Rissreaktor Tihange 2 wieder angefahren – über 173.000 Gegenstimmen
    16.12.2015 - Der belgische Atomkonzern Electrabel hat am Montag den Hochrisikoreaktor Tihange 2 wiederangefahren, am Sonntag soll der noch desolatere Reaktor Doel 3 ans Netz gehen. AKW-Gegner haben derweil mit einer Petition 173.000 Stimmen gegen den Neustart der Anlagen gesammelt.

Quellen (Auszug): aachener-zeitung.de, wdr.de, dpa, chain-reaction-tihange.eu, bfe.bund.de; 28.3.2017

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Jan Becker

Jan Becker hat jahrelang die Webseite www.contrAtom.de betrieben und täglich aktuelle Beiträge zur Atompolitik verfasst. Seit November 2014 schreibt der studierte Umweltwissenschaftler für .ausgestrahlt. Jan lebt mit seiner Familie im Wendland. Mit dem Protest gegen regelmäßig durch seine Heimatstadt Buchholz i.d.N. rollende Atommülltransporte begann sein Engagement gegen Atomenergie, es folgten die Teilnahme und Organisation zahlreicher Aktionen und Demonstrationen.

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