Sechs Jahre nach Beginn der Atomkatastrophe von Fukushima leiden viele Menschen weiter unter den Folgen. Die Situation in den Atomruinen ist eine Katastrophe, der Rückbau wird noch Jahrzehnte dauern. Tausende haben am vergangenen Wochenende der Opfer gedacht und sind für den Atomausstieg auf die Straße gegangen.
Die radioaktive Verseuchung durch die Havarie der Fukushima-Reaktoren zwang 160.000 Japaner ihre Heimat zu verlassen. Mehr als 120.000 Menschen leben noch immer entwurzelt. Viele hausen in containerähnlichen Behelfsgebäuden. Tsunami, Erdbeben und Super-GAU forderten im März 2011 mehr als 18.000 Opfer. Weitere 3.500 starben infolge seelischer und körperlicher Erkrankungen oder durch Suizid. Im vergangenen Oktober bestätigte das japanische Gesundheitsministerium offiziell den ersten Leukämiefall eines Arbeiters in der havarierten Atomanlage, der in direktem Zusammenhang mit dem Unglück steht. Bei Kindern treten vermehrt Schilddrüsenerkrankungen auf. Die Regierung erhöht den Druck auf die Menschen, in die großteils weiterhin verstrahlten Gebiete zurückzukehren.
Situation in Fukushima weiterhin eine Katastrophe
Täglich werden hunderte Tonnen Wasser in die zerstörten Reaktorblöcke gepumpt, um die Kerne zu kühlen. Ohne diese Maßnahme, die noch jahrelang weitergeführt werden muss, würden die Temperaturen erneut ansteigen und weiteren Kernreaktionen stattfinden. Im Inneren von Block 2 wurde im Februar 2017 eine Rekordstrahlung von 530 Sievert pro Stunde gemessen - für Menschen in kurzer Zeit tödlich. Auf dem Gelände wird zwischenzeitlich etwa 320.000 Tonnen radioaktiv verseuchtes Wasser gelagert, in Tanks die immer wieder lecken. Mehr als 400 Tonnen verseuchtes Wasser flossen nach dem Unfall bisher ins Meer. Großflächig wird die Landschaft dekontaminiert, bisher wurden 9 Millionen Kubikmeter radioaktive Erde in Plastiksäcke gefüllt. Diese werden an zehntausenden Orten provisorisch zwischengelagert. Es gibt keinen Plan, wo dieser Atommüll sicher gelagert werden kann.
Tausende Menschen protestieren für Atomausstieg
Auch am sechsten Jahrestag der Katastrophe sind wieder tausende Menschen auf die Straßen gegangen und forderten ein Ende der Atomenergie-Nutzung. In etwa 90 Städten in Deutschland trafen sich Aktivist*innen rund um den 11. März zu Mahnwachen, Demonstrationen oder Informationsveranstaltungen. In Gorleben zogen 200 Menschen unter dem Motto „6 Jahre Fukushima – 40 Jahre Gorleben: Lügen, pfuschen und vertuschen!“ vor das dortige Atommülllager. „Für eine Zukunft ohne Atomanlagen“ trafen sich in Berlin AKW-Gegner*innen. Rund 300 demonstrierten in Hamburg zum Fukushima-Jahrestag gegen die Atomtransporte durch den dortigen Hafen. In Gronau, Heilbronn und Lingen trafen sich Atomkraftgegner*innen zu Demos und Mahnwachen. In Düsseldorf protestierten rund 100 Menschen gegen Japans Atompolitik.
„Stop Tihange - Zeit für neue Energie“ hieß es auf der Demo im niederländischen Antwerpen. Am Samstag wurde in Straßburg, Paris und anderen französischen Städten protestiert. Fast 1.000 Menschen zogen am Sonntag vor das grenznahe AKW Fessenheim. „Atomkraft? Für unsere Kinder wollen wir das nicht mehr“, so und ähnlich las es sich auf Spruchbändern und Transparenten, die mitgeführt wurden.
Proteste auch in Japan
Trotz der verheerenden Folgen von Fukushima will Japan seine Atomreaktoren sukzessive wieder hochfahren. 2011 wurden zwar alle abgeschaltet und bislang sind nur drei von 43 funktionsfähigen Reaktoren wieder in Betrieb. Der Widerstand in der Bevölkerung gegen die weitere Atomenergie-Nutzung ist groß. Aktivist*innen konnten durch Gerichtserfolge das Wiederanfahren eines Meilers stoppen. Heftige Proteste löste auch der Versuch aus, die Freigabewerte für radioaktiven Bauschutt zu lockern: Aufgrund der stetig wachsenden Berge an Strahlenmüll sollten in ausgewählten Ortschaften die gesetzlichen Grenzwerte für Baumaterialien angehoben werden, um radioaktive Erde für den öffentliche Straßenbauprojekte nutzen zu können. Atomkraftgegner*innen konnten das verhindern.
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Quellen (Auszüge): greenpeace.de, eichhoernchen.ouvaton.org, bi-luechow-dannenberg.de, ippnw.de, epochtimes.de, dpa, ausgestrahlt.de; 11./12./13.3.2017