Gute, schlechte und absurde Fakten zum Deal zwischen Bundesregierung und Atomkonzernen zu den Atom-Folge-Kosten, zum Verfassungsgerichtsurteil zum Atomgesetz und zum Wegfall der Brennelemente-Steuer
Das Bundesverfassungsgericht hat am 6. Dezember über die Klage von RWE, Eon und Vattenfall gegen die Verkürzung der AKW-Laufzeiten nach Fukushima entschieden. Viele Medien meldeten, die Konzerne hätten Recht bekommen und der Staat müsse ihnen Entschädigung zahlen. Dabei hat das Gericht eindeutig bestätigt, dass die Regierung AKW abschalten darf. Lediglich in „Randbereichen“, nämlich bei zwei AKW, stehe den Betreibern ein geringer Ausgleich zu. Am Ende können sie froh sein, wenn sie von den geforderten 19 Milliarden Euro Schadenersatz zumindest 5 Prozent bekommen, also einen dreistelligen Millionenbetrag. Möglicherweise wird es sogar noch weniger sein.
500.000
Zum Jahreswechsel hat die große Koalition die Brennelemente-Steuer abgeschafft. Jedes AKW hat damit pro Tag rund 500.000 Euro mehr in der Kasse. Die AKW-Betreiber feiern. Die Gefahr: Wo Gewinne sprudeln, wachsen die Begehrlichkeiten. Es könnte also in einigen Jahren zu einer neuen Debatte über Laufzeitverlängerungen kommen, nach dem Motto: Es bleibt zwar beim Atomausstieg, er dauert nur ein bisschen länger.
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Am 15. Dezember hat der Bundestag die neue gesetzliche Regelung in Sachen Atommüll-Kosten beschlossen. Gegen eine einmalige Zahlung von 23 Milliarden Euro kaufen sich die AKW-Betreiber für alle Zeiten von der Verantwortung für die strahlenden Abfälle frei. Das Geld kommt in einen öffentlichen Fonds, aus dem zukünftig die Atommüll-Lagerung bezahlt wird. Reicht das Geld nicht, wovon auszugehen ist, dann zahlt die Allgemeinheit. Das Verursacherprinzip, das die Regierung nach eigenen Angaben hochhalten wollte, ist damit abgeschafft.
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Dass die AKW-Betreiber nicht deutlich mehr Geld in den öffentlichen Fonds einzahlen müssen, liegt daran, dass ihre wirtschaftliche Lage angeblich so schlecht ist, dass sie ansonsten insolvent gehen könnten. Aus diesem Grund räumt das Gesetz ihnen sogar die Möglichkeit einer Ratenzahlung ein. Als besonders prekär stellten Politiker*innen und Medien in den letzten Monaten stets die Situation von RWE dar. Dies machte Eindruck insbesondere auf die SPD, geht es doch um 60.000 Arbeitsplätze hauptsächlich in NRW sowie zahlreiche Kommunen dort, die Anteile an RWE halten – und im Mai sind Landtagswahlen. Seltsam allerdings: Kaum ist das Gesetz beschlossen, verkündet RWE, die knapp 7 Milliarden Euro für den Fonds auf einen Schlag überweisen zu können, und dies sogar ohne Kapitalerhöhung. Die „Süddeutsche Zeitung“ spricht von einer „abrupten Genesung“.
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Was für eine Nachricht! 20 Klagen gegen den Staat ziehen die AKW-Betreiber zurück, heißt es im Dezember. Politiker*innen applaudieren, hatten doch die Bundestagsfraktionen einen solchen Rückzug als Gegenleistung für das große Entgegenkommen bei den Atom-Folge-Kosten verlangt. Das Gesetzespaket könne nun also kommen, verkünden sie. Tatsächlich zurückgezogen haben die AKW-Betreiber indes nur Klagen gegen das Moratorium von 2011, die zum größten Teil in erster Instanz schon verloren worden waren, sowie Klagen in Sachen Atommüll-Lagerung, die sich mit dem neuen Gesetz sowieso erledigt haben, da ja die Betreiber künftig nicht mehr für ihren Müll zahlen müssen. Finanziell geht es in allen beendeten Verfahren zusammen um etwa 600.000 Euro. Zwei Klagen ziehen die Konzerne allerdings nicht zurück: die gegen die Brennelemente-Steuer und das Schadensersatzverfahren vor einem internationalen Schiedsgericht, das Vattenfall wegen der Abschaltung des AKW Krümmel angestoßen hat. Gesamtstreitwert dieser beiden Klagen: 11 Milliarden Euro.