Seit dem 22. Dezember befinden sich acht tansanische Umwelt-Aktivist*innen und Bauern in Haft. Der Grund: sie wollten sich einen Eindruck vom Uranbergbau und dessen Folgen im Norden Malawis verschaffen wollten.
Das russische Staatsunternehmen ROSATOM beabsichtigt im Süden Tanzanias ein Uranbergwerk, das „Mkuju River Uranium Project“, einzurichten. Aus diesem Grund waren die Aktivist*innen, unter ihnen auch einfache Bauern, nach Malawi gereist, um sich dort „aus erster Hand“ zu informieren. Im Bereich einer stillgelegten Urananlage waren sie festgenommen worden und befinden sich seitdem in Untersuchungshaft. Der Zugang von Rechtsanwält*innen wurde erheblich erschwert, zeitweilig sogar verhindert. Besprechungen zwischen Verhafteten und Anwält*innen waren nur kurz und in Anwesenheit stark bewaffneter Polizisten möglich, die versuchten, die Gespräche mitzuhören. Die Haftbedingungen sind bedenklich – mangelhafte Ernährung, schlechte sanitäre Verhältnisse, ein Platz zum Schlafen muss wegen Überbelegung des Gefängnis von anderen Mit-Insassen „gekauft“ werden, berichten Aktivist*innen des uranium network.
„Grundlegende Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit als auch universeller Menschenrechte sind damit verletzt“, kritisieren die Unterstützer*innen.
Wie das „uranium network“ weiter berichtet, hätten sich die Anklagepunkte nach der Festnahme mehrfach geändert. Zunächst hatte es geheißen, die Aktivist*innen hätten sich „illegal Zutritt“ zu der Anlage verschafft. Dann wurde ihnen „Spionage“ vorgeworfen, später dann „unerlaubtes Sammeln von Informationen“. Nach dem malawischen Bergbaugesetz wäre für das Sammeln von Informationen über Bodenschätze eine Erlaubnis erforderlich, so die Behörden. Diplomatische Bemühungen Tanzanias zur Freilassung der Aktivist*innen seien bislang erfolglos geblieben. Auch eine Kaution sei angeboten worden.
Ein für den 17. Januar angesetzter Prozesstermin war geplatzt. Nachdem die Angeklagten 24 Stunden lang kein Essen erhalten hatten forderten sie, dass eine anwesende tansanische Anwältin statt des vom Gericht gestellten Personals die Übersetzungen übernehmen solle. Das Verfahren wurde daraufhin auf den 26. Januar vertagt.
NGOs fordern sofortige Freilassung
Die Organisationen MENSCHENRECHTE 3000 e.V. und das Uranium Network, die seit Jahren mit den betroffenen Urangegner*innen zusammenarbeiten, fordern deren sofortige Freilassung. Die Menschenrechtsorganisation FRONT LINE DEFENDERS hat sich des Falls angenommen und unterstützt die Inhaftierten. Alle befürchten, dass es kaum zu einem fairen Verfahren kommen wird.
„Insgesamt verstärkt sich zunehmend der Eindruck, dass unsere Partner in eine Falle gelockt wurden, um Menschen und NGOs, die sich über die Folgen von Uranbergbau selbständig informieren wollen, daran zu hindern und letztendlich jede Kritik am Uranbergbau zu ersticken“, befürchten Unterstützer*innen.
Tansania will zu einer der weltweit größten Uran exportierenden Nationen aufsteigen
Wegen des niedrigen Uranpreises, der noch aus dem Super-GAU von Fukushima resultiert, ruhen die Projekte in Tansania seit 2014 offiziell. Doch die Regierung hat bereits in einem potenziellen Abbaugebiet des Mkuju-River, im südlichen Tansania, eine Abbaulizenz vergeben. Die Wiederaufnahme der Arbeiten ist nur eine Frage der Zeit.
Internationaler Widerstand
Einer, der sich dort seit Jahren gegen die Uranabbau-Pläne engagiert, ist Anthony Lyamunda. Er ist Direktor der Organisation CESOPE, die sich seit 2009 mit betroffenen Gemeinden gegen den geplanten Uranabbau in Zentral-Tansania engagiert. Auf Einladung des „Uranium Network“ tourten im Sommer 2009 fünf Umweltaktivist*innen aus Namibia, Niger, Tansania und Malawi durch Deutschland. Lyamunda war danach mehrfach in Europa und berichtete über die Uranabbau-Pläne, die sein Land zerstören. Zuletzt war er im Juli 2016 in Deutschland und besuchte auch Atomkraftgegner*innen im Wendland.
„Auf der lokalen Ebene – und spreche jetzt für die Region Bahi – wissen viele Menschen schlicht nicht, was vor sich geht. Hier müssen wir aufklären und informieren“, berichtete er im Juli 2016 in einem Interview mit der „Rosa-Luxemburg-Stiftung“. Der Uranbergbau beginne mit der Vertreibung der ansässigen Bevölkerung, er ist totale Naturzerstörung, die weiträumige Zerstörung der Lebensgrundlagen und bedeutet massiven Wasserverbrauch, beschreibt er.
Um breiten Widerstand zu organisieren, wurden in den vergangenen Jahren größere Konferenzen organisiert. Politiker*innen, Wissenschaftler*innen und Aktivist*innen aus aller Welt waren eingeladen. So fand im Oktober 2013 in Tansania eine internationale Konferenz von Gegner*innen des Uranbergbaus statt. Aus Protest gegen die Atompläne in den ärmsten Ländern der Welt bestiegen AtomkraftgegnerInnen im Juli 2015 den Kilimanjaro, der höchste Berg Afrikas, der sich in Tansania befindet.
Im Falle Zentral-Tansanias, dem Gebiet des Bahi Sumpfes, würde die Umsetzung der Uranpläne das Aus für etwa 80 Dörfer bedeuten. Weiter im Norden soll für die Wasserversorgung der Uranindustrie der Farkwa Damms gebaut werden und damit die Wasandawi, ein traditionell lebendes Volk, vertrieben. Eine von der Weltbank finanzierte Umweltverträglichkeitsstudie wird von der Regierung unter Verschluss gehalten. Kritik an den Plänen wird mit erheblichen Repressionen beantwortet.
Tansanias Minister für Energie und Bodenschätze, Sospeter Muhongo, blickt trotzdem dank des Uranabbaus in eine positive Zukunft für sein Land. Ein Sicherheitsproblem etwa für die Arbeiter*innen sieht er nicht: „Durch die Fortschritte der Nukleartechnik können wir auf uns selbst aufpassen und sicherstellen, dass auch die Menschen in der Nähe der Minen nicht von der Strahlung der Uranerze betroffen sind“, sagte er 2013 der Deutschen Welle.
Erfahrungen in anderen Ländern wie dem Niger zeigen jedoch, dass es auschließlich um Profit geht - und nicht um die Sicherheit oder die Interessen der um die Minen lebenden Menschen. Lokale NGOs, der WWF und andere Umweltorganisationen haben massive Bedenken gegen die Uranpläne geäußert.
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Quellen (Auszug): bi-luechow-dannenberg.de, wise-uranium.org, uranium-network.org, ujuzi.de, dw.com; 25.1.2017