Fessenheim: Absurde Zusicherungen & Entschädigungszahlungen für Abschaltung

26.01.2017 | Jan Becker

Möglicherweise rückt die endgültige Abschaltung des ältesten Meilers in Frankreich näher. Der Staat bietet dem Betreiber Zusicherungen und Entschädigungszahlungen an für das Aus beider Meiler - in absurder Größenordnung. Der Konzern hat zugestimmt. Atomkraftgegner*innen bleiben skeptisch, Arbeiter*innen kündigen an „ihr“ Atomkraftwerk zu besetzen.

Protest gegen AKW Fessenheim
Protest gegen AKW Fessenheim

„Als Präsident werde ich das Atomkraftwerk Fessenheim schließen!“ Unter anderem mit dieser klaren Ansage zog François Hollande 2012 in den Wahlkampf. Im Frühjahr wird der Präsident aus dem Amt scheiden. Doch die beiden dienstältesten Blöcke Frankreichs sind weiter in Betrieb.

Nach jahrelangen politischen Debatten um die Zukunft des Werks beschloss kürzlich der Aufsichtsrat des Betreiberkonzerns mit knapper Mehrheit die Abschaltung des Kraftwerks „bis 2018“. Der Staat, der fast 85 % der EdF-Aktioen hält, bietet dem Konzern dafür eine üppige Entschädigung von mindestens 490 Millionen Euro. Außerdem erhält EdF einen variablen Betrag für die entgangenen Gewinne bis 2041, der sich an den Strommarktpreisen orientieren soll.

Zusätzlich gibt es eine Reihe von Zusicherungen beim Betrieb anderer Anlagen:

  • So soll zum Beispiel der Bau des immer wieder von technischen Verzögerungen geplagten Druckwasserreaktors von Flamanville vorangetrieben werden. Parallel zur Abschaltung Fessenheim plant EdF dessen Inbetriebnahme nun 2018, auch um angebliche Stromengpässe zu vermeiden. Derzeit prüft die Atomaufsicht allerdings Auffälligkeiten am Reaktorbehälter - eine von bereits vielen Verzögerungen im Bauprozess. 

  • Außerdem bekommt EdF mehr Zeit, den Reaktorblock 2 im AKW Paluel wieder in Betrieb zu nehmen. Während der dritten zehnjährigen Wartung, die im Mai 2015 begonnen wurde, war am 31. März 2016 einer der 465 Tonnen schweren Dampferzeuger umgestürzt. Im November gab EdF bekannt, dass der ursprünglich für August 2017 vorgesehene Termin für die Wiederinbetriebnahme von Reaktorblock 2 auf den 30. November 2017 verschoben wurde. Das französische Gesetz sieht eigentlich vor, dass eine Anlage, die länger als zwei Jahre nicht betrieben wurde, „abgeschaltet“ bleibt.

Ganz offensichlich sind diese Zusicherungen mit geltenden Gesetzen nicht vereinbar. Außerdem gehen sie zu Lasten der Sicherheit!

Der Konzern muss nun beantragen, die Betriebserlaubnis für das Atomkraftwerk aufzuheben. Für diese Aufhebung braucht es dann noch ein staatliches Dekret. Die Mitarbeiter*innen des Werks protestierten diese Woche bereits in Fessenheim und in Paris, wo der Aufsichtsrat tagte. Seit Montag rufen Gewerkschaften zu einem „unbegrenzten Streik“ auf und drohen mit der Besetzung des Werkgeländes.

Beide Meiler seit Monaten vom Netz

Doch beide Reaktoren standen in den letzten Monaten bereits still: Für Block 2 ordnete die Atomaufsicht ASN im Juni die Zwangsabschaltung an, Block 1 folgte im Oktober. Dem Betreiber EdF wurde ein Prüfzertifikat entzogen. Ein Gutachten hatte gravierende Probleme wegen mangelhaften Materials in zahlreichen Reaktoren aufgedeckt. EdF musste die Funktionstüchtigkeit mehrerer Dampferzeuger nachweisen. Reaktor Nummer 1, nunmehr 40 Jahre alt, produziert seit Anfang Januar wieder Strom. Der Stillstand in Block 2 soll noch bis mindestens Ende März 2017 andauern.

Atomkraftgegner*innen bleiben skeptisch

Das französische Netzwerk von Atomkraftgegner*innen, „Sortir du nucléaire“, spricht von einem „Teppichhandel zulasten der Sicherheit“. Man vertraue nicht darauf, dass das Kraftwerk 2018 wirklich vom Netz geht. Axel Mayer, Geschäftsführer des BUND Südlicher Oberrhein, spricht von  einem „wichtigen Zwischenschritt“, warnt aber vor anderen politischen Interessen. Der aussichtsreiche französische Präsidentschaftskandidat François Fillon von den Konservativen will nach früheren Angaben nämlich die Schließung von Fessenheim verhindern.

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Quellen (Auszug): nuklearforum.ch, dpa, spiegel.de; 24./25./26.1.2017

 

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Jan Becker

Jan Becker hat jahrelang die Webseite www.contrAtom.de betrieben und täglich aktuelle Beiträge zur Atompolitik verfasst. Seit November 2014 schreibt der studierte Umweltwissenschaftler für .ausgestrahlt. Jan lebt mit seiner Familie im Wendland. Mit dem Protest gegen regelmäßig durch seine Heimatstadt Buchholz i.d.N. rollende Atommülltransporte begann sein Engagement gegen Atomenergie, es folgten die Teilnahme und Organisation zahlreicher Aktionen und Demonstrationen.

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