Obwohl der Ausstieg beschlossen ist, wird Atomenergie in Deutschland weiterhin in erheblichem Umfang staatlich gefördert oder begünstigt. Wie das Umweltbundesamt (UBA) in der Aktualisierung einer Studie belegt, sind die umweltschädlichen Subventionen in Deutschland „weiterhin viel zu hoch“.
Die Autor*innen Lea Köder und Dr. Andreas Burger haben im Januar eine Überarbeitung veröffentlicht, in der sie auch zur Atomenergie ausführlich und kritisch Stellung nehmen: Wegen der Gesundheits- und Umweltbelastungen aus dem Uranabbau, der ungeklärten Lagerung der Abfälle, der Gefahr schwerer Störfälle und der möglichen Verbreitung der militärischen Nutzung handle es sich bei der Atomenergie „um eine inhärent umweltschädliche Technik“. Auch für den Klimaschutz gäbe es „effektivere und effizientere Möglichkeiten, die CO2-Emissionen zu verringern.“
Eine ganze Reihe expliziter und impliziter Subventionen sorgen dafür, dass die Atomenergie „überhaupt einzelwirtschaftlich rentabel ist“, bewertet das UBA. Unter Einbeziehung von Steuervergünstigungen und impliziten Subventionen errechnete das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) staatliche Begünstigungen von den 50er Jahren bis 2010 von gut 200 Milliarden Euro.
So sei zum Beispiel die fehlende Haftpflichtversicherungen für Atomkraftwerke eine „implizite Subvention“. Die Kosten des verbleibenden Risikos, die über die Deckungsvorsorge der Betreiber in Höhe von 2,5 Milliarden Euro hinausgehen, übernimmt der Staat – und damit die Gesellschaft. Schätzungen zufolge könnte ein nuklearer Unfall einen Schaden in Höhe von 6.090 Milliarden Euro verursachen. Eine reale Quantifizierung dieser impliziten Subvention sei aber „äußerst schwierig“, so das UBA.
Weitere Begünstigungen sind die Rückstellungen für die spätere Stilllegung und „Entsorgung“ der Atomanlagen. Die Betreiber sammeln die Rückstellungen über 25 Jahre an und reduzieren dabei ihr zu versteuerndes Einkommen. Ab dem 26. Jahr entsteht der Betreibergesellschaft bis zum Zeitpunkt der Stilllegung außerdem ein Zinsgewinn. Diese indirekte staatliche Unterstützung ist laut UBA ebenfalls nur schwer zu quantifizieren, liegt aber jährlich im dreistelligen Millionenbereich.
Am 15. Dezember 2016 hat der Bundestag mit den Stimmen von CDU, CSU, SPD und Grünen beschlossen, dass künftig ein Fonds die Finanzierung der atomaren Zwischen- und Endlager sicherstellen soll. Laut UBA ist auch das eine „nicht bezifferbare implizite Subvention“, weil bei Mehrkosten auch hier wieder der Steuerzahler zur Kasse gebeten wird.
Die Bilanz der Studien-Autor*innen fällt am Ende vernichtend aus:
„Bisherige Schätzungen deuten (jedoch) darauf hin, dass ohne die hohe implizite Subventionierung – insbesondere die Begrenzung der Deckungsvorsorge der Haftung – die Kernenergie als Energieträger nicht konkurrenzfähig wäre.“
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15.12.2016 - Jetzt ist es also soweit: zwei atompolitische Konflikte, in denen .ausgestrahlt und viele Anti-Atom-Bewegte in den letzten Jahren kräftig mitgemischt haben, gehen am selben Tag zu Ende: Am 15. Dezember 2016 beschließt der Bundestag das Gesetzespaket in Sachen Folgekosten der Atomkraft und ermöglicht damit den AKW-Betreibern, sich aus der Verantwortung für den Atommüll freizukaufen. Und das Parlament entscheidet zusätzlich, die Brennelementesteuer nicht zu verlängern. -
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Quelle (Auszug): umweltbundesamt.de, 23.1.2017