Fukushima: Folgekosten des GAU explodieren

22.11.2016 | Jan Becker

In den nächsten Jahren werden sich laut einer Regierungsprognose die Folgekosten der Atomkatastrophe von Fukushima vervielfachen. Unterdessen hat ein starkes Erdbeben die Region erschüttert.

Kraftwerksgelände AKW Fukushima, 2016
Foto: maps.google.de
100te Abwasser-Tanks: Fukushima, 2016

Die aktuellen Erderschütterungen lassen die Erinnerungen an den Beginn der Katastrophe von Fukushima wach werden: Vor fünfeinhalb Jahren folgte auf ein schweres Beben der Stärke 9,0 ein gewaltiger, 10 Meter hoher Tsunami, der die Region um Fukushima schwer verwüstete. Mehr als 18.000 Menschen starben. Das AKW Fukushima wurde teilweise überflutet, Kühlsysteme fielen aus, es kam in mehreren Reaktoren zur Kernschmelze. Wasser, Äcker, Wohngebiete und die Luft wurden verseucht, mehr als 160.000 Menschen mussten die Region verlassen.

Das aktuelle Beben von vorgestern hatte eine Stärke zwischen 6,9 und 7,4. Es seien Flutwellen mit einer Höhe zwischen 60 Zentimetern und 1,40 Meter ausgelöst worden, die aber nur geringen Schaden anrichteten. Im AKW Fukushima gäbe es „keine Anzeichen dafür, dass dadurch irgendwelche Probleme verursacht worden seien“, so der Betreiber TEPCO. Allerdings soll durch die Erschütterungen kurzzeitig das Kühlsystem eines Abklingbeckens in einem zweiten AKW in der Präfektur Fukushima ausgefallen sein.

Folgekosten des GAU explodieren

Vor gut einem Monat hatte die japanische Regierung erklärt, dass die Kosten zur Bewältigung der Katastrophe von Fukushima künftig auf „mehrere Milliarden Euro pro Jahr“ steigen werden. Derzeit müssen rund 700 Millionen Euro pro Jahr aufgewendet werden. In die Kalkulation nicht eingerechnet seien aber Kosten, die für die Bergung der geschmolzenen Brennstäbe anfallen werden.

TEPCO hat mit dem Abriss und der „Entsorgung“ der drei Reaktoren von Fukushima noch gar nicht begonnen, geplant sind erste konkrete Maßnahmen in 2018 oder 2019. Fünfeinhalb Jahre nach dem GAU kämpft der Konzern weiter gegen den Abfluss von radioaktiv verseuchtem Kühlwasser aus dem Komplex. Hunderte Tanks sind zur Zwischenspeicherung auf dem weitläufigen AKW-Gelände aufgestellt worden, immer wieder werden Lecks gemeldet. Teilweise wird das Wasser auch in den Pazifik abgelassen.

Zu den Gesamtkosten des auf 40 Jahre prognostizieren Abrisses der vier zerstörten Reaktoren will TEPCO keine Prognose wagen. Der seit 2011 unter staatliche Kontrolle stehende Konzern soll vermutlich aufgespalten und verkauft werden. Doch mögliche Käufer gibt es keine.

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Quellen (Auszug): tagesschau.de, spreadnews.de, spiegel.de; 25.10./21.,22.11.16

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Jan Becker

Jan Becker hat jahrelang die Webseite www.contrAtom.de betrieben und täglich aktuelle Beiträge zur Atompolitik verfasst. Seit November 2014 schreibt der studierte Umweltwissenschaftler für .ausgestrahlt. Jan lebt mit seiner Familie im Wendland. Mit dem Protest gegen regelmäßig durch seine Heimatstadt Buchholz i.d.N. rollende Atommülltransporte begann sein Engagement gegen Atomenergie, es folgten die Teilnahme und Organisation zahlreicher Aktionen und Demonstrationen.

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