Käme es zu einer schweren Reaktorkatastrophe im belgischen Atomkraftwerk Tihange, wäre Deutschland von den Auswirkungen massiv betroffen. Selbst Fußballprofis laufen jetzt Sturm für eine sofortige Abschaltung der maroden Meiler.
„Wenn ein Unfall passiert, dann wird mit einer Wahrscheinlichkeit von zehn Prozent Aachen unbewohnbar“, bilanziert Professor Wolfgang Renneberg vom Institut für Sicherheits- und Risikowissenschaften an der Universität für Bodenkultur in Wien. Dabei bezieht er sich auf eine Studie, die im Auftrag der Städteregion Aachen angefertigt wurde.
Demnach würde bei einem Versagen des Reaktorbehälters im AKW Tihange ein „guter Teil Deutschlands“ und natürlich Aachen mit einer hohen Wahrscheinlichkeit stark betroffen, so der Autor der Studie Nikolaus Müllner. Zusammen mit Wolfgang Renneberg ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Sicherheits- und Risikowissenschaften an der Universität für Bodenkultur in Wien. Rennenberg leitet zudem das von ihm gegründete „Büro für Atomsicherheit“.
Auswirkungen wie in der 20-Kilometer-Sperrzone von Fukushima
Die aktuelle Tihange-Studie errechnet auf Grundlage von 3.000 repräsentativen Wettersituationen, wie die Region im Katastrophenfall betroffen wäre. Das Ergebnis: die Wahrscheinlichkeit, dass Aachen bei einer Katastrophe „relativ gering“ verstrahlt wird - d. h. in diesem Fall dreifach höher als der Grenzwert - liegt nach Müllners Berechnungen bei 30 Prozent. Die Aachener Region befindet sich „in einer ungünstigen Windrichtung“ zum dem AKW, deshalb seien die möglichen Auswirkungen eines GAU in Tihange für Aachen mit der Situation in der 20-Kilometer-Sperrzone des japanischen Fukushima vergleichbar.
Die Studie soll vor Gericht helfen, die Forderung nach Stilllegung der alten Meiler zu untermauern. Unter der Federführung der Städteregion kämpfen rund 90 Kommunen aus den Niederlanden, Luxemburg, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen für ein Abschalten von Tihange 2. In dem Reaktorbehälter waren schon vor Jahren Tausende Risse festgestellt worden, nach Materialtests hatte die belgische Atomaufsicht aber Grünes Licht zum Wiederanfahren gegeben. Im Gegensatz zur deutschen Regierung befindet Belgien, das AKW sei „sicher“.
- weitere Informationen zur Studie: staedteregion-aachen.de
12. November: Sturm laufen gegen Tihange
Zu einer eher ungewöhnlichen Aktion verabreden sich zur Zeit Fußballfans: Am 12. November spielt der Club Alemannia Aachen im eigenen Stadion gegen die zweite Mannschaft des 1. FC Kölns. Mit diesem Spiel wollen die Kicker ein Zeichen setzen für eine sofortige Stillegung des Reaktors: Beide Mannschaften werden an diesem Tag mit „Stop Tihange“ Trikots auflaufen. Die Sponsoren verzichten auf ihre Werbung. Die Gewinne des Spiels kommen stattdessen der gleichnamigen BürgerInnen-Initiative zugute. Mit einer Sonderedition Fan-T-Shirts können künftig nicht nur fußball-begeisterte Menschen deutliche Signale senden.
„Der größte Sportverein der Stadt teilt die Sorgen der Bevölkerung und möchte mit dieser einmaligen Aktion ein deutliches Zeichen gegen das umstrittene Atomkraftwerk nur rund 60 Kilometer entfernt von Aachen setzen."
Quelle: www.alemannia-aachen.de
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Quellen (Auszug): lokalkompass.de, staedteregion-aachen.de, alemannia-aachen.de; 28./31.10.2016