Brunsbüttel - Temelin - Tihange - Sellafield: Aus diesen Atomanlagen wurden in den vergangenen Tagen teilweise besorgniserregende Störfälle und Zustände gemeldet.
Im abgeschalteten Atomkraftwerk Brunsbüttel stellte der Betreiber Vattenfall eine Leckage im Kühlkreislauf fest. An einem verschlossenen Entlüftungsstutzen im Maschinenhaus trat Elbwasser, das zur Nachkühlung der Brennstäbe benötigt wird, aus. Ein Komplett-Ausfall der Kühlanlage in dem seit 2007 nicht mehr betriebenen Kraftwerk wäre problematisch, weil die gelagerten, hochradioaktiven Brennelemente weiterhin Nachzerfallswärme produzieren, die abtransportiert werden muss.
Im skandalumwitterten AKW Tihange in Belgien sind letzte Woche zwei der vier Meiler unplanmäßig ausgefallen. Reaktorblock 2 wurde am frühen Freitagmorgen wegen Problemen im Dampfgenerator abgeschaltet, am Mittwoch letzter Woche musste Block 1 vom Netz genommen werden. Der Betreiber Electrabel nannte dabei „Schäden, die bei Bauarbeiten an einem Gebäude im nicht-nuklearen Teil der Anlage entstanden waren“ als Ursache. Block 3 wurde zudem am Wochenende für rund einen Monat zu Wartungsarbeiten abgeschaltet.
„Störanfällig und gefährlich“
Wegen eines Störfalls abgeschaltet wurde auch das tschechische AKW Temelin-2. Erst kürzlich war ein fast hundert Tage währender Reparaturstillstand beendet worden. Nun sorgte eine Störung am Turbinenlager für den unplanmäßigen Nothalt. Das fehlerhafte Teil der Lagerschmierung war gerade erst ausgewechselt worden. Auch der erste Reaktorblock steht still, dort findet seit 26. August ein planmäßiger Brennelementewechsel statt.
Sellafield: Ernste und permanente Gefahrenquelle
Beunruhigende Meldungen kommen zudem aus dem britischen Nuklearkomplex Sellafield: Der BBC zufolge handelt es sich um eine „ernste und permanente Gefahrenquelle“. Der Nachrichtensender zählt bröckelnde Gebäude, rissig gewordene Tanks, leichtfertige Aufbewahrungs-Praktiken und notorischen Personalmangel im Notfall-Dienst auf. Bei den aktuellen Nachforschungen stieß ein BBC-Team nun auf „eine ganze Fülle“ alarmierender Probleme auf dem Gelände, auf dem fast aller Atommüll aus dem Vereinigten Königreich anlandet. Es seien „hunderte von Rissen“ in Gebäuden und Wassertanks, die teils aus den 50er Jahren stammen, gefunden worden. Uran- und plutoniumhaltige Flüssigkeit werde zudem in rund 2000 Plastikflaschen aufbewahrt, die eigentlich nur als kurzfristige Zwischenlösung gedacht waren. Mittlerweile beginnen sich einige dieser Verpackungen offenbar zu zersetzen.
Diese Informationen erinnern an die Veröffentlichung von internen Fotos vor zwei Jahren, die u.a. aufbrechenden Beton an zwei offenen Wasserbecken dokumentierten, in denen hunderte hochradioaktiver Brennstäbe aufbewahrt werden.
Warten bis zum GAU?
Allein bei diesen aktuellen Tatsachen hilft es nur wenig, dass Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel bei einem Besuch des Atomkraftwerks Grohnde Ende vergangener Woche betonte, er wolle bei „weiteren sicherheitsrelevanten Ereignissen im Zweifel nicht zurückschrecken, die Anlage früher vom Netz zu nehmen". Warten bis zum GAU? Die sofortige Stilllegung wegen massiver Mängel und Alterungsproblemen fordern AtomkraftgegnerInnen aus der Region schon lange.
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Quellen (Auszug): vattenfall.de, dpa, heise.de, wienerzeitung.at, ndr.de; 6./8./11.9.2016