Handelt es sich um eine „systematisch betriebene Täuschungsstrategie“? Die Verfüllung von Hohlräumen in dem havarierten Atommülllager Asse-2 könnte die versprochene Rückholung der strahlenden Abfälle erschweren oder sogar unmöglich machen, befürchtet die „ASSE II-Begleitgruppe“ und fordert neben einem Masterplan ein Moratorium für die angekündigten Arbeiten unter Tage.
Konkrete Maßnahmen werden verschleppt, Drainage-Möglichkeiten zubetoniert, detaillierte Planungen liegen nicht vor: Der „ernsthafte Wille zur Rückholung des Atommülls aus dem Schacht Asse II ist bis heute nicht erkennbar“, kritisiert der „Asse II-Koordinationskreis“. Es entstehe der Eindruck, „dass hier auf Zeit gespielt wird“. Die KritikerInnen unterstellen dem mit der Erarbeitung eines Rückholungs-Konzeptes beauftragten Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) eine „systematisch betriebene Täuschungsstrategie“.
Masterplan und Moratorium gefordert
In Briefen an das Bundesumweltministerium, an das BfS und das Umweltministerium in Hannover hat nun die Asse-II-Begleitgruppe (a2b) ein Moratorium sowie die Erarbeitung eines „Masterplans“ gefordert. Vorläufig müsse die geplante Verfüllung der Hohlräume nahe den Einlagerungskammern mit den radioaktiven Abfällen gestoppt werden. Die Genehmigung dazu hat das niedersächsische Umweltministerium vor wenigen Tagen erteilt.
„Uns fehlt ein Masterplan, in dem alle Aktivitäten in der Schachtanlage in ihren Zusammenhängen und gegenseitigen Abhängigkeiten betrachtet werden“, begründet Landrätin Christiana Steinbrügge die aktuelle Forderung.
Ende des Jahres soll mit der Verfüllung der 2. südlichen Richtstrecke begonnen werden. Damit könnten Fakten geschaffen werden, die eine Rückholung des Atommülls aus dem havarierten Bergwerk erschweren oder sogar unmöglich machen könnten, warnen die KritikerInnen. Ein Betonieren nahe der Einlagerungskammern, in denen sich 126.000 teilweise beschädigte Fässer mit schwach- und mittelaktiven Abfällen befinden, könnte den Atommüll zusätzlich befeuchten und die spätere Handhabung der Gebinde erheblich erschweren.
„Das BfS betoniert nach und nach die Strecken auf der 750m-Sohle und zerstört damit vorhandene Drainage-Möglichkeiten. Dadurch erhöht es drastisch die Gefahr, dass der Atommüll durchfeuchtet, vernässt und am Ende in Salzlauge in Lösung geht", warnt der „Asse II-Koordinationskreis“.
Im Gegensatz zu zahlreichen unbestritten sinnvollen Verfüllungen sei für die kritisierten Bereiche auch der gewünschte Stabilisierungseffekt für das Grubengebäude nicht nachgewiesen, argumentiert die Begleitgruppe. Bei zentralen Entscheidungen des Bundesamtes für Strahlenschutz stehe offenbar die Notfallvorsorge im Vordergrund, während die Auswirkungen auf die Rückholung ins Hintertreffen geraten.
Auch wenn außer Frage stünde, dass eine funktionierende Notfallvorsorge sogar Voraussetzung für eine Rückholung ist, müsse die geltende Planung kritisch überarbeitet werden, da sie zum Teil von fragwürdigen Voraussetzungen ausgehe. Erst auf der Basis des geforderten, umfassenden Masterplans sei aus Sicht der Begleitgruppe „eine tragfähige Abwägung zwischen Offenhaltung und Verfüllung im direkten Umfeld der Einlagerungskammern möglich“.
Bundesamt lehnt Moratorium ab
Bei der jüngsten Sitzung des Gremiums lehnten die beteiligten Bundes- und Landesbehörden das geforderte Moratorium ab. Das BfS habe nach eigener Aussage alle kritischen Einwände der Wissenschaftlergruppe Optionen-Rückholung (AGO) „sorgfältig geprüft und abgewogen“. Die kritischen BegleiterInnen des Verfahrens können von den Erkenntnissen des BfS allerdings „nichts nachvollziehen“.
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weitere Infos: http://www.asse-2-begleitgruppe.de - http://www.asse-watch.de
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In der Erklärung: „Atommüll-Rückholung aus Asse II: Zielt der Betreiber BfS absichtlich daneben?“ vom 29. Juni 2016 hat der „Asse II-Koordinationskreis“ 14 konkrete Punkte des Versagens des BfS benannt: http://www.asse-watch.de/daneben.html
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Aktuelle Infos aus den Medien zur Asse-2: https://twitter.com/asseII
weiterlesen:
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Atommüll aus der havarierten Asse-2 geborgen
20.01.2016 - Für eine Überraschung sorgte kürzlich eine Meldung vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS): Aus dem Atommülllager Asse-2 sind mehr als 100 Fässer mit radioaktivem Inhalt geborgen worden. Bislang galt das als unmöglich, bis ein zweiter Schacht fertiggestellt wurde. -
Rückholung des Atommülls aus der Asse: Beschleunigen statt bremsen!
06.01.2015 - Vor fast zwei Jahren wurde im Eilverfahren ein Sondergesetz zur Schließung des havarierten Endlagerbergwerks Asse-2 verabschiedet. Die „Lex Asse“ sollte die versprochene Räumung der 126.000 Fässer aus dem Lager beschleunigen. Doch AtomkraftgegnerInnen stellten gestern in einer Pressekonferenz fest, dass die verantwortlichen Behörden den Prozess bremsen. -
Asse-2: Eiszeit zwischen BfS und Begleitgruppe
12.12.2014 - Wegen „anhaltenden Streitigkeiten“ zwischen dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) und der Asse-2-Begleitgruppe ist die Suche nach einem Zwischenlager für die aus der Asse zu bergenden Abfälle vorerst gestoppt worden. Gleichzeitig erteilt das BfS der Arbeit an einer gemeinsamen Problemlösung eine Absage. -
Asse II: BfS beginnt mit Verfüllarbeiten
15.08.2013 - Der Asse II-Koordinationskreis ist empört über die Art und Weise wie das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) entgegen eigenen Absprachen mit der Bevölkerung umgeht. Wie jetzt durchsickerte, hat das BfS am Dienstag, den 13.8. damit begonnen, den Zugang zur Einlagerungskammer 10 und den Bereich davor zu verfüllen.
Quellen (Auszug): wolfsburger-nachrichten.de, asse-2-begleitgruppe.de, ag-schacht-konrad.de; 1./3./6.9.2016