Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) hat zahlreiche Bewertungen der Atommmülllager Gorleben, der Asse oder Schacht Konrad vorgenommen. Recherchen von NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" belegen nun, dass die Ergebnisse unter „zweifelhaften Umständen entstanden“.
Die BGR ist eine technisch-wissenschaftliche Oberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi). Sie berät als einer der wichtigsten Beratungs- und Forschungsdienste die Bundesregierung unabhängig.
Über Jahrzehnte ist die BGR laut Recherchen von NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" von einer Industriestiftung finanzieren worden. Rund 4.000 Seiten interner Dokumente ergeben das Bild eines „äußerst komplexen und wenig transparenten Geldflusses von der Industrie in die BGR“, heisst es von den Medien. Schon 1982 sollen Unternehmen der Rohstoff-, Energie- und Chemie-Industrie einen Fonds gegründet haben, der „die BGR mitfinanzieren und verdiente Mitarbeiter finanziell entlohnen“ sollte.
Im Zentrum steht die "Hans-Joachim-Martini-Stiftung". Hans-Joachim Martini war von 1962 bis 1969 Präsident der Bundesanstalt für Bodenforschung, dem Vorläufer der BGR.
Gorleben
In den letzen Jahren hat die BGR zu vielen kontroversen Themen Studien erstellt. Dazu gehören zum Beispiel die Bescheinigung der “Eignungshöffigkeit” und schließlich gar der Eignung des Salzstocks Gorleben für die Einlagerung von hochradioaktiven Abfällen. Die Hans-Joachim-Martini-Stiftung lobte einen Preis aus für eine Untersuchung, die dem Salzstock Gorleben diese Eignung bescheinigt. Trotz Kritik erklärte die BGR zudem Gasfunde im Jahr 1980 für „zu gering“ um einer weiteren Eignungsprognose im Wege zu stehen. 2008 untersuchte ein Geologe die Ergebnisse und fand Fehler.
”Vor allem die Gorleben-Aussagen der Behörde müssen stark angezweifelt werden, wir sehen darin bezahlte Gefälligkeitsstudien“, so die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI).
Asse-II
Laut Abschlussbericht des Niedersächsischen Untersuchungsausschusses zur Einlagerung von radioaktiven Abfällen in der Schachtanlage Asse II waren Martini und sein damaliger Stellvertreter Gerhard Richter-Bernburg in den 1960er Jahren treibende Kräfte für die Nutzung des stillgelegten Salzbergwerkes als Atommülllager. Nachdem Martini die Asse 1962 vorgeschlagen hatte, verkündete die BGR im April 1965, die inzwischen absaufende Asse II sei „besonders geeignet, um Atommüll zu lagern“.
„Die Behörde hat ihre Untauglichkeit für solche brisanten Einschätzungen bereits bewiesen“, so Heinz Smital, Atomexperte von Greenpeace.
Schacht Konrad
Auch bei Schacht KONRAD war es die BGR, die die grundlegenden geologischen Gutachten für die Eignung der Schachtanlage als Atommülllager vorgelegt hat. Die BGR hat dort unter anderem die untertägige Erkundung, die Untersuchung der Grundwasserbewegungen und die Auswertung der alten Bohrungen durchgeführt.
„Sind die Langzeitsicherheitsberechnungen nicht nur hoffnungslos veraltet, sondern auch gefälscht? Es gibt ja schon während des ganzen Verfahrens fachliche Kritik an der Erhebung der Naturdaten und den Berechnungen zur Langzeitsicherheit. Wenn jetzt auch noch die Integrität der BGR in Frage steht, ist es höchste Zeit, das Projekt KONRAD endlich zu stoppen!“, fordert Ludwig Wasmus, Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Schacht KONRAD.
Zaghafte Kritik von der Bundesregierung
Schon 2012 kritisierte die Innenrevision des Bundeswirtschaftsministeriums die Vergabepraxis der Preisgelder durch die Stiftung und bezeichnete sie zumindest für den Zeitraum bis zum Jahr 2003 als „angreifbar“.
Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe schweigt zu den Vorwürfen.
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„Jeder weitere Euro, der in Gorleben versenkt wird, ist ein verlorener Euro“:
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Quellen (Auszug): bi-luechow-dannenberg.de, ag-schacht-konrad.de, regionalwolfenbuettel.de, tagesschau.de; 30.6.2016