In Morsleben gibt es technische Probleme bei der umstrittenen Schließung der havarierten Atommüllkippe, in den USA kommt Uran aus den Wasserhähnen, im AKW Brokdorf klemmte ein Schieber, in Spanien gehen Beschäftigte der Atomaufsicht auf die Strasse, in Bayern leckt der Forschungsreaktor und in Österreich kann man sich nun „gegen den Super-GAU versichern“. Die gute Nachricht kommt zum Schluss.
Spanien: Demo gegen Atomaufsicht
Im Zusammenhang mit der geplanten Wiederinbetriebnahme des AKW Maria de Garoña, das 2012 nach 42 Betriebsjahren abgeschaltet wurde, gab es in Spanien Proteste gegen die Atomaufsicht CSN. Die Beschäftigten der Behörde kritisierten auch neue Richtlinien zur Störfalleinstufung: Demnach wären von 58 Störfällen, die der CSN in den letzten 25 Jahren auf der internationalen Skala für Atomunfälle INES der Stufe 1 zugeordnet hatte, noch 14 übrig geblieben. So würden „Informationen unterdrückt“ und „künstlich“ eine höhere Sicherheit suggeriert, kritisierte die Fachvereinigung für Nuklearsicherheit und Strahlenschutz (Astecsn), die zu der Demonstration aufgerufen hatte. Sollten Mitarbeiter die Praxis der Behörde kritisieren, seien die Folgen schlechtere Arbeitsbedingungen und Löhne, klagte Nieves Sánchez Guitiá, Präsidentin der Astecsn.
Auch im Zusammenhang mit dem „Zentralen Atomaren Zwischenlager“, wo der hochradioaktive Abfall aus den zehn Reaktoren des Landes für etwa 60 Jahre gesammelt werden soll, gab es Kritik. Nach mehrjähriger Diskussion sei die Wahl auf Villar de Cañas in Zentralspanien, ca. 130 km südöstlich von Madrid gefallen. Und dort wolle die Regierung das Lager nun „gegen jeden Widerstand und Sicherheitsbedenken durchdrücken“. Schon beim Bau der Fundamente gab es Probleme als unterirdische Quellen gefunden wurden. Bei starken Regenfällen kommt es oft zu Überflutungen, zudem ist die Region erdbebengefährdet. Die Regierung erklärte kritische Gutachten, die dem Gelände eine mangelhafte Eignung attestieren, kurzerhand für „vertraulich“ – und verwährt damit selbst der Atomaufsicht für ihre Empfehlungen den Zugriff.
Fehler im AKW Brokdorf
Wie der Energiekonzern E.ON kürzlich berichtete, ist es in seinem Atomkraftwerk Brokdorf zu einem Zwischenfall gekommen. Im Zuge einer Instandhaltungsmassnahme habe am 21. Januar 2016 ein Schieber, der im Anforderungsfall die Verbindung zwischen Hauptkühlmittelpumpe und Entwässerungssystem trennt, nicht wie vorgesehen geschlossen. Der Fehler konnte nicht gefunden werden, weil die Armatur nach einer Kontrolle wieder funktionierte.
Bayern: Leckage im Forschungsreaktor
Nach einer Leckage musste eines von drei „Fingerhutrohren“ im Moderatortank des derzeit abgeschalteten Forschungsreaktors Garching bei München ausgetauscht werden. In den Rohren befinden sich Messinstrumente für die Temperatur. Bei der Untersuchung des Rohres wurden „einzelne punktförmige Verfärbungen“ gefunden, die Ursache für die Leckage waren. Im Anschluss wurden auch an beiden anderen Rohren diese Unregelmäßigkeiten entdeckt, die „jedoch bisher zu keiner Leckage geführt hatten“, so die Atomaufsicht Bayern.
Umstrittene Stilllegung Morsleben
Wie die Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad berichtet, gibt es beim Stilllegungsverfahren des Atommülllagers Morsleben erhebliche Probleme. Das heute einsturzgefährdet geltende Bergwerk beherbergt fast 37.000 Kubikmeter schwach- und mittelaktiven Müll sowie mehr als 6.500 sogenannte „umschlossene Strahlenquellen“. Das Schließungskonzept ist umstritten, denn der Betreiber Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) plant die Verfüllung des unsicheren Schachts ohne die vorherige Bergung des Atommülls. Nun gäbe es „ungelöste technische Fragen“, die das Verfahren „noch weitere Jahre lang hinziehen“ würden. Das BfS habe Probleme, „die sichere Abdichtung der Strecken unter Tage nachzuweisen“. Auch der Nachweis einer „sicheren Verfüllung der untertägigen Hohlräume“ sei fraglich, so die AG.
USA: Radioaktiv verseuchtes Trinkwasser
In einem Videobeitrag berichtet N-TV, dass im US-Bundesstaat Kalifornien das Trinkwasser radioaktiv verseucht ist. In Schreiben seien die Menschen gewarnt worden: Würden sie das Wasser aus ihrem Wasserhahn über einen längeren Zeitraum trinken, wäre das Risiko für Krebs erhöht. Das Uran im Grundwasser stammt als „unerwünschtes Nebenprodukt” aus der Düngung der Felder mit Phosphor. Kalifornien ist eine der wichtigsten Regionen der US-Landwirtschaft und die Bodennutzung entsprechend intensiv.
Leck im belgischen Riss-Reaktor
Am vergangenen Wochenende musste der Pannenreaktor Tihange-2 in Belgien seine Leistung außerplanmäßig erheblich drosseln. Im nicht-nuklearen Teil des Kraftwerks war ein Leck im Sekundärkühlkreislauf entdeckt worden. Der Reaktorbehälter ist von tausenden Rissen durchzogen und war nach vielen Monaten Stillstand im Dezember gegen erheblichen Protest auch aus den Nachbarländern wieder in Betrieb genommen worden. Es ist umstritten, ob die Haarrisse den Meiler „gefährlicher" machen oder nicht. Kritische Gutachten fordern die sofortige Stilllegung.
Versichert gegen den „Super-GAU“
Es ist perfide, mit dem Schlimmsten zu planen: Ausgerechnet in Österreich, wo die Inbetriebnahme des einzige AKW in Zwentendorf verhindert wurde, bietet jetzt das Versicherungsunternehmen L'Amie eine „finanzielle Absicherung gegen Atomunfälle“ an. In unmittelbarer Grenznähe des Landes befinden sich 21 Reaktoren in Betrieb, unter ihnen die ältesten in der Welt, das verunsichert die Menschen. Käme es zu einem Super-GAU, würde das Unternehmen „unbürokratisch, ohne weitere Gutachten“ zahlen, so Geschäftsführer Cristian Pedak. Die Nachfrage für das neue Angebot sei auch aus Nachbarländern groß, so dass das Unternehmen eine Ausweitung plane. Für den privaten Versicherungsschutz von 100.000 Euro muss eine Familie eine Prämie von 610 Euro im Jahr zahlen. Die Voraussetzung für die Auszahlung der Versichungssumme ist allerdings ein Super-GAU der höchsten Kategorie Sieben: Ein „Katastrophaler Unfall“ wie in Tschernobyl oder Fukushima...
Mehr Tempo beim Atomausstieg
In einem Interview mit der Frankfurter Rundschau vom vergangenen Wochenende hielt Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) es für möglich, dass der Atomausstieg in Deutschland schneller voranschreiten könnte als bisher geplant: „Einen Ausstieg aus dem Ausstieg halte ich für völlig ausgeschlossen. Eher könnte es passieren, dass Anlagen schneller abgeschaltet werden.“
Das klingt nach „der guten Nachricht“. Hendricks bezieht ihre Einschätzung (höchstwahrscheinlich) auf die fehlende Rentabilität der Reaktoren, die dank des großen Zubaues an Erneuerbaren Energien und zusätzlichen finanziellen Belastungen für die AKW-Betreiber entstanden ist. Lohnt sich der Betrieb der alten Kraftwerke nicht mehr, ist die Wahrscheinlichkeit einer früheren Stilllegung gegeben. Doch Ende 2016 soll die Steuer auf Brennelemente auslaufen. Käme es dazu, muss Frau Hendricks ihre Einschätzung revidieren. Denn die AKWs würden für ihre Betreiber wieder zu richtigen Goldeseln.
- Aktuelle Kampagne: Keine Steuerbefreiung für AKW!
Auch Atomkraftwerke müssen für ihren Brennstoff Steuern zahlen – die sogenannte Brennelemente-Steuer. CDU und CSU aber wollen diese Steuer Ende 2016 abschaffen. Damit würden sie den AKW-Betreibern mehr als 5 Milliarden Euro schenken.
Quellen (Auszug): aachener-zeitung.de, n-tv.de, eon-kernkraft.de, stmuv.bayern.de, heise.de, ag-schacht-konrad.de, klimaretter.info, dw.com; 18./22./23./24./25.1.