Am 25. November haben AtomkraftgegnerInnen aus Braunschweig beim Niedersächsischen Umweltministerium einen Antrag auf Widerruf der Strahlengenehmigungen der dortigen Nuklearfirmen eingereicht. Direkt neben einer Wohnsiedlung werden große Mengen Atommüll verarbeitet und gelagert. Die Chancen auf Erfolg stehen gut.
Die Bürgerinitiative Strahlenschutz Braunschweig (BISS) und der Rechtshilfefonds Strahlenschutz e.V. werden von dem renommierte Rechtsanwalt Dr. Ulrich Wollenteit aus Hamburg unterstützt und lieferten auf einer Landespressekonferenz in Hannover letzte Woche gute Argumente für ihr Vorhaben:
Die Nuklearfirmen befinden sich am Rande von Braunschweig unmittelbar neben Wohngebieten (40m) und Schulen (150m). Die Entsorgungskommission des Bundes und das Öko-Institut halten jedoch einen Mindestabstand von 350m zur nächsten Wohnbebauung für notwendig.
Die Direktstrahlung an der Firmengrenze sei zudem „höher als an deutschen AKWs“, ergaben Messungen der AktivistInnen. Die Genehmigung für radioaktive Abluft sei mit einem „Mehrhundertfachen über den Grenzwerten völlig überhöht“. Seit 1975 sei die geltende Strahlengenehmigung für die ständig wechselnden Firmen um den Faktor 1000 erhöht worden. Das entspricht dem 300fachen des ASSE-Inventars der genehmigten Aktivität des Castor-Lagers Lubmin. Die Firma Eckert & Ziegler hat im Sommer 2015 angekündigt, seine bislang nur zu maximal ca. 10% ausgenutzte Strahlengenehmigung zukünftig vollständig ausnutzen zu wollen.
In den Jahren 2001-2011 wurden von den Unternehmen über 100.000 Atommüll-Fässer angenommen. Atommüll lagert auf dem Gelände „ungeschützt und ohne die notwendige baurechtliche Genehmigung in Fässern und Containern im Freien“, wissen die AktivistInnen. Anfragen nach konkreten Informationen werden mit der Begründung „Terrorschutz“ abgewiesen.
Laut Rechtsanwalt Dr. Wollenteit sind die „Grundlagen für die Erteilung der Strahlengenehmigungen nicht vorhanden“ gewesen – und sie seien es „auch aktuell nicht“. Er sieht daher gute Chancen, dass Teile der Genehmigungen oder sogar die Genehmigungen insgesamt zurückgenommen und neu bewertet werden.
„Wir halten den Standort für völlig ungeeignet und unverantwortbar“, so Dr. Thomas Huk, einer der AntragstellerInnen. „Um die Bürgerinnen und Bürger in Braunschweig und dem Umland zu schützen, müssen die Genehmigungen weitgehend aufgehoben werden.“
Ganz anders sind die Pläne der Bundesregierung: Braunschweig soll auch künftig eine wichtige Rolle in der Atommüll-Behandlung spielen. 2003 wurde der Standort Braunschweig-Thune laut des Nationalen Entsorgungsprogramms als einer von fünf bundesweit vorhandenen Konditionierungsanlagen festgelegt.
- weitere Informationen: www.biss-braunschweig.de
Die AktivistInnen betreiben u.a. ein Messgerät, das aktuelle Strahlenmesswerte von Eckert & Ziegler ins Internet liefert.
weiterlesen:
- „Nationales Entsorgungsprogramm“ keine Lösung für Atommülldesaster
14. August 2015 – Wie soll künftig der Atommüll entsorgt werden? Eine Antwort will das „Nationale Entsorgungsprogramm“ (NaPro) geben, das vom Bundesumweltministerium erarbeitet und kürzlich von der Bundesregierung abgenickt wurde. Der Bericht wurde bereits im Vorfeld erheblich kritisiert. AtomkraftgegnerInnen haben 70.000 Einwendungen gesammelt.
- contratom.de – Braunschweig: Atommüll im Wohngebiet
6. Februar 2012 – In Braunschweig will die Firma Eckert & Ziegler eine neue “Drehscheibe für Atommüll” bauen. Direkt neben Schulen, Kindergärten und einem Wohngebiet hat das Unternehmen die Errichtung einer weiteren Halle angekündigt, in der radioaktive Abfälle gelagert sollen. Neben der Asse und Schacht Konrad soll die Gegend einen dritten “nuklearen Hot Spot” bekommen. Atomkraftgegner und besorgte Anwohner protestieren.
Quellen (Auszug): biss-braunschweig.de; 25.11.2015