„Geringfügige Lecks“ in zwei Atomkraftwerken

26.11.2015 | Jan Becker

In den vergangenen Tagen wurden in zwei deutschen Atomkraftwerken Lecks gefunden. Die betroffenen Kühlsysteme sind sensible Bereiche, weil selbst bei abgeschalteten Reaktoren die durch den radioaktiven Zerfall in Brennelementen entstehende Hitze jederzeit sicher abgeführt werden muss. Die aktuellen meldepflichtigen Störfälle betreffen die AKW Grafenrheinfeld und Emsland. Letzteres soll laut Atomausstiegsgesetz noch bis Ende 2022 in Betrieb bleiben.

Der Grafenrheinfeld-Betreiber Eon hat bislang selbst noch nichts zu dem Vorfall veröffentlicht. Die Atomaufsicht in Bayern hingegen informiert, dass Eon bereits am Dienstag eine Leckage gemeldet habe. Im Rahmen der Betriebsüberwachung sei am vergangenen Wochenende eine „geringe innere Leckage aus dem gesicherten Zwischenkühlkreis VJ20 in das VE-System“ detektiert worden. Bei der anschließend durchgeführten Inspektion des Kühlers VJ20 B001 konnte eine Undichtigkeit an einem Kühlerrohr festgestellt werden.

Alle Brennelemente wurden bereits aus dem Druckwasser-Kern des im Mai für immer stillgelegten Meilers entladen und befinden sich im benachbarten Lagerbecken unter Wasser. Für die Kühlung dieses Beckens ist das vom Leck betroffene System laut Atomaufsicht nur noch von „untergeordneter sicherheitstechnischer Bedeutung“, weil zwei der vier redundant vorhandenen Kühler diese Aufgabe übernommen haben. Das beschädigte Rohr sei (deshalb?) nicht etwa repariert sondern „verschlossen“ worden, so die Atomaufsicht.

Leckage im AKW Emsland

Auch im niedersächsischen Atomkraftwerk Emsland machen sich die 27 Betriebsjahre offenbar bemerkbar: Auch hier wurde im Kühlwassersystem eine Leckage festgestellt. Das sogenannte „Nebenkühlwassersystem“ ist einer von drei Kühlkreisläufen in dem Druckwasserreaktor und führt Flusswasser aus der Ems. Im Maschinenhaus des AKW, wo der aus dem Reaktor stammende heisse Dampf im Sekundärkreislauf über Turbinen Generatoren zur Stromerzeugung antreibt, wird mit dem Flusswasser der Dampf wieder heruntergekühlt.

An einem Stutzen einer Entleerungsarmatur wurde vor einigen Tagen eine defekte Schweissnaht gefunden. Die Messung der Restwandstärke habe eine „punktförmige Porenleckage“ ergeben. Der betroffene Stutzen sei herausgetrennt und durch ein neues Rohrleitungsstück ersetzt worden, berichtet der Betreiber RWE.

Die immer älter werdenden Anlagen werden auch immer störanfälliger. Erst im Frühjahr diesen Jahres musste das AKW Emsland nach Feststellung eines Lecks kurzfristig vom Netz gehen.

In den letzten sieben Betriebsjahren des Meilers könnten sich vergleichbare Vorfälle häufen und möglicherweise wesentlich graviernder ausfallen als dieses aktuelle Ereignis, befürchten AtomkraftgegnerInnen. AnwohnerInnen kündigen angesichts dieser Einschätzungen weitere Protestaktionen für die Stilllegung an:

„Der Reaktor wird immer älter und zunehmende Pannen sind absehbar“, so Gerd Otten vom Elternverein „Restrisiko Emsland“.

weiterlesen:

  • Resolution gegen Brennelementefabrik Lingen & AKW Emsland
    25. November 2014 — Unter dem Motto „Atomstandort Lingen nicht länger tolerieren“ formiert sich derzeit der Protest gegen das Atomkraftwerk Emsland und die Brennelementefabrik Lingen. Am kommenden Wochenende findet eine Kundgebung statt.

Quellen: rwe.com, e-on.de, bbu-online.de; 23./26.11.2015

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Jan Becker

Jan Becker hat jahrelang die Webseite www.contrAtom.de betrieben und täglich aktuelle Beiträge zur Atompolitik verfasst. Seit November 2014 schreibt der studierte Umweltwissenschaftler für .ausgestrahlt. Jan lebt mit seiner Familie im Wendland. Mit dem Protest gegen regelmäßig durch seine Heimatstadt Buchholz i.d.N. rollende Atommülltransporte begann sein Engagement gegen Atomenergie, es folgten die Teilnahme und Organisation zahlreicher Aktionen und Demonstrationen.

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