Der Freistaat kommt in Erklärungsnot: Nach der Weigerung, Atommüll aus dem Ausland aufzunehmen wurde jetzt bekannt, dass ab 2018 Castorbehälter aus dem Forschungszentrum Garching in das nordrhein-westfälische Zwischenlager Ahaus transportiert werden sollen. AtomkraftgegnerInnen weisen auch auf einen „Verstoß gegen die Empfehlungen der Reaktor-Sicherheits-Kommission“ hin.
Wie aus der Antwort des Landes-Wissenschaftsministeriums auf eine Anfrage der Freien Wähler hervorgeht, sollen von 2018 bis 2036 siebzehn Castor-Transporte mit je fünf abgebrannte Brennelementen vom Garchinger Forschungsreaktor FRM II ins Brennelemente-Zwischenlager Ahaus (BZA) durchgeführt werden. In jedem Behälter vom Typ MTR-3, der derzeit noch in der Entwicklung ist, stecken acht Kilogramm hoch-angereicherter Atommüll. Der Transport erfolgt vermutlich per LKW.
Bayern weigert sich derzeit, Castor-Behälter mit Atommüll aus dem Ausland zu lagern. Letzte Woche hatte Bundesumweltministerin Hendricks vier Standorte benannt, wo die insgesamt 26 Behälter geparkt werden sollen. Dazu gehörte auch das Zwischenlager am Atomkraftwerk Isar. Zwar beläuft sich der Atommüll in den sieben bis neun von Hendricks avisierten Behältern auf weniger als jedes Jahr von den bayerischen Reaktoren produziert wird. Dennoch lehnt Landesvater Horst Seehofer die Einlagerung entschieden ab.
Dass nun weiterer Atommüll, der in Bayern produziert wurde, außer Landes gebracht werden soll, sorgt nicht nur für politischen Sprengstoff: AtomkraftgegnerInnen aus Ahaus sprechen von einem „Verstoß gegen die Empfehlungen der Reaktor-Sicherheits-Kommission“. Im atomrechtlichen Genehmigungsverfahren des Forschungsreaktors Garching stehe nämlich, dass den hoch angereicherten, ausgebrannten Brennelementen zunächst abgereichertes Uran zugemischt werden soll. Die Kommission halte das zur Verminderung der Restanreicherung für unumgänglich, denn nur so könne die Unterkritikalität bei der Lagerung von Brennelementen langfristig eingehalten werden. In Ahaus aber fehlen jegliche Voraussetzung für diese Massnahme.
„Die Atomwissenschaftler handeln unverantwortlich und rücksichtslos“, so Felix Ruwe, Sprecher der Bürgerinitiative „Kein Atommüll in Ahaus e. V.“. „Sie verfolgten nur noch die Absicht, dass der Atommüll aus ihrem Dunstkreis entfernt wird.“
Eine Genehmigung für den Transport durch das Bundesamt für Strahlenschutz gibt es bislang (noch) nicht. Aktuell gehe es bei der Zeitplanung „nur um einen groben Rahmen“, so der Betreiber des Zwischenlager Ahaus.weiterlesen:
- Bayern will Atommüll nur produzieren
23. Juni 2015 — Der Streit um die Rückführung der Atommüll-Behälter aus Frankreich und England könnte beigelegt sein. Ende letzter Woche hat das Bundesumweltministerium verkündet: Nicht mehr Gorleben heißt das Ziel der künftigen Castortransporte, sondern Brokdorf, Philippsburg, Biblis und Landshut. Bayern gefällt das gar nicht. Und auch AtomkraftgegnerInnen jubeln nicht.
- Über 300 Castorbehälter für das Zwischenlager Ahaus
8. Juni 2015 — Ab 2018 könnten zehn Jahren lang mehr als 300 Behälter mit radioaktiven Strahlenabfällen in das westfälische Zwischenlager Ahaus gebracht werden. Alle zwei Monate bedeute das dann „Castor-Alarm“, so die Prognose von AtomkraftgegnerInnen aus NRW. Ihre Forderung lautet zugleich: Her mit einem „schlüssigen Konzept“ für die Atommüll-„Entsorgung“ anstatt unsinnige Transporte durchzuführen.
- „Kein HEU aus Garching!“
5. Februar 2015 — Die Bürgerinitiative „Kein Atommüll nach Ahaus“ wehrt sich nicht etwa gegen landwirtschaftliche Produkte aus Bayern, sondern gegen einen geplanten Transport von hoch angereichertem Uran aus dem Forschungsreaktor Garching.
Quellen (Auszug): muensterlandzeitung.de, sueddeutsche.de, bi-ahaus.de; 01.07.2015