In der Nacht vom 27. auf den 28. Juni wurde das Atomkraftwerk Grafenrheinfeld für immer abgeschaltet. Gudrun Pausewang gelingt es bis heute, den Menschen anhand eines Szenarios um diesen Meiler das Gefühl zu vermitteln, „was ohne den Atomausstieg drohen könnte“. Damit hat die Anti-Atom-Bewegung ihr eine Menge zu verdanken.
Die „Süddeutsche“ nennt die heute 87-jährige „das deutsche Anti-Atomkraft-Gewissen“: Vor fast 30 Jahren, kurz nach Tschernobyl, das AKW Grafenrheinfeld war erst wenige Jahre am Netz, veröffentlichte sie das Buch „Die Wolke“ und gab so Millionen LeserInnen ein Gefühl für das massive Gefahrenpotenzial, das von Atomkraftwerken ausgeht.
Denn Pausewang beschreibt in ihrem Roman die Folgen einer Reaktorkatastrophe – konkret die Folgen eines angeblichen Super-GAUs in Grafenrheinfeld. Unbeschönigt und ohne Happy End entwirft die Autorin ein Szenario um die 14-jährige Janna-Berta und ihren jüngeren Bruder Uli. Zwei Kinder, die vor der todbringenden radioaktiven Wolke allein durch Deutschland fliehen müssen. In ihrem Buch lässt Pausewang etwa 18.000 Menschen an den Folgen der Katastrophe sterben. Am Ende haben sowohl die AKW-Technik als auch die Evakuierungspläne versagt. Eine Welt ist zerstört durch die außer Kontrolle geratene Atomkraft. Allein in deutscher Sprache hat sich der Jugendroman 1,4 Millionen Mal verkauft, übersetzt wurde das Buch in weitere 16 Sprachen. Vielfach wurde es als Schullektüre eingesetzt, auch eine Verfilmung gibt es.
Doch trotz des derzeit geplanten Atomausstiegs, so die Autorin kurz vor dem Ende des AKW Grafenrheinfeld, könne man heute „nur staunen, wie wenig Widerstand da geleistet wird.“ Die heutige Generation sei „gleichgültig, kämpfe viel zu wenig gegen Atomkraft und Umweltzerstörung“. Ein großer Teil des Widerstands gegen Atomanlagen sei heute eingeschlafen. Manche glauben, dass Protest nichts bringen würde, anderen sei es zu anstrengend. Doch mehr Engagement und Verantwortungsbewusstsein sei dringend nötig, denn „es geht doch um das Wohl unserer Nachkommen“, so Pausewang.
Im Gegensatz zu anderen Filmen, in denen die AKW-Spielorte fiktive Namen bekommen, schafft „Die Wolke“ direkte Betroffenheit. Dennoch ist auch das konkrete AKW Grafenrheinfeld nur Platzhalter für die verbliebenen acht Meiler in Deutschland und die große Zahl aller Reaktoren auf der ganzen Welt. Die jetzige Stilllegung im bayerischen AKW ist „zunächst ein Anfang vom Anfang“, „ein ganz kleiner Schritt, der sich auch nur auf Deutschland bezieht“, so Pausewang. Der unbeherrschbare Unfall in einer Atomanlage mit schwerwiegenden Folgen für Menschen und Umwelt ist jederzeit möglich. Immer wieder warnen AtomkraftgegnerInnen daher vor dem Weiterbetrieb der Anlagen und fordern das sofortige Ende der Atomkraft.
- Mit einer Empfehlung für „Die Wolke“, ob als Buch oder Film, lädt .ausgestrahlt alle LeserInnen herzlich dazu ein, unser Engagement gegen den Weiterbetrieb der noch laufenden acht Atomkraftwerke in Deutschland zu unterstützen!
Filmtrailer „Die Wolke“
- FAQ zur Abschaltung des AKW Grafenrheinfeld: Wodurch wird der wegfallende Atomstrom aus Grafenrheinfeld künftig ersetzt? Wann ist mit dem Abriss des Reaktors zu rechnen? Antworten auf diese und weitere Fragen rund um Abschaltung und Abriss.
weiterlesen:
- sueddeutsche.de – Gudrun Pausewang: Frau Wolke
Mit ihrem Anti-Atomkraft-Roman „Die Wolke“ hat die Autorin Generationen geprägt. Jetzt wird der Reaktor abgeschaltet, um den es in dem Buch geht. Ein Besuch.
- taz.de: Atomausstieg geht weiter – Noch lange nicht Schluss
Das berühmte AKW Grafenrheinfeld geht am Sonntag vom Netz. Ohne Blackout. Doch die radioaktiven Reste wird der Ort so schnell nicht los.
- Grafenrheinfeld geht früher vom Netz – (k)ein Grund zum Feiern?
10. April 2014 – Für uns AtomkraftgegnerInnen ist es nicht einfach, Erfolge zu feiern. Denn immer dann, wenn wir etwas erreichen – und das kommt glücklicherweise häufig vor – sind die nächsten Herausforderungen schon absehbar. Wir sind gebrannte Kinder: Weil beim rot-grünen „Atomkonsens“ im Jahr 2000 zu viele dachten, die Auseinandersetzung sei schon gewonnen, konnte die Atomlobby zehn Jahre später Laufzeitverlängerungen durchsetzen. Das wollen wir nicht noch einmal erleben.
Quellen (Auszug): taz.de, sueddeutsche.de; 24./26.6.2015