Das direkt an der deutschen Grenze stehende und älteste Atomkraftwerk Frankreichs wird vermutlich doch nicht bis Ende 2016 abgeschaltet. Präsident Hollande wird damit sein Wahlversprechen brechen, Fessenheim stillzulegen.
Sophie Letournel, seit letztem Jahr Leiterin der Straßburger Abteilung der französischen Atomaufsicht („Autorité de sûreté nucléaire“, ASN), hält den angekündigten Termin für die endgültige Abschaltung der beiden AKW-Blöcke am Rhein für „nicht mehr haltbar“. Der Energiekonzern EDF habe der Atomaufsicht noch keinen Beschluss über die Schließung eingereicht. Es würden erst daraufhin „langwierige Verwaltungsverfahren“ folgen, die bis zu fünf Jahre dauern könnten. In diesem Zeitfenster dürfte das Kraftwerk weiter in Betrieb bleiben.
Die ASN fordert allerdings von EDF gründlichere Instandhaltungsarbeiten. Zudem müssten „hunderte von Millionen Euro“ in das Kraftwerk investiert werden, um es auf den nach Fukushima geforderten Sicherheitsstand zu bringen.
Auf einer kürzlichen Zusammenkunft des „Trinationalen Atomschutzverbands“ (Tras) in Freiburg im Breisgau wurde in Vorträgen dargestellt, dass es vor allem die ökonomischen Fragen seien werden, die Fessenheim am stärksten unter Druck setzen. Neue Investitionen könnten gar nicht amortisiert werden, weil das Kraftwerk nach wenigen Jahren schon wieder eine neue Betriebsgenehmigung braucht und dem Sicherheitsstandard eines neuen AKW entsprechen müsste.
Neue gesetzliche Regelungen schreiben in Frankreich nach 40 Jahren Betriebszeit ein neues Genehmigungsverfahren im Zusammenhang mit Anhörungsverfahren durch die ASN vor. Danach muss es alle fünf Jahre erfolgen. Beide Blöcke des AKW Fessenheim wurden 1977 in Betrieb genommen und werden also in zwei Jahren diese Grenze überschreiten.
AtomkraftgegnerInnen warnen Präsident Holland und erinnern an sein Wahlversprechen, Fessenheim Ende 2016 zu schließen: Wolle er 2017 Präsident bleiben, dann brauche er auch die Stimmen der grünen Wähler.
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Quellen (Auszug): bzbasel.ch, dpa; 12./16.6.2015