Fukushima: Schilddrüsenkrebs bei Kindern und irreführender IAEO-Report

16.06.2015 | Jan Becker

Im September will die Internationale Atomenergie Organisation (IAEO) einen Bericht zur Atomkatastrophe von Fukushima vorlegen, der von 180 Experten aus 40 Ländern zusammengestellt wurde. Im Kern gibt er schon jetzt eine Antwort: Japan habe „übermäßiges Vertrauen“ in die Sicherheit ihre Atomanlagen gehabt. Greenpeace spricht von „Irreführung“, der IPPNW berichtet unterdessen von zehntausenden erkrankten Kindern.

IAEO-Generaldirektor Yukiya Amano, ein Japaner, verspricht im Vorfeld der Veröffentlichung eine „wegweisende, sachliche und ausgewogene Bewertung“ der Fukushima-Katastrophe. In dem Bericht, der kürzlich in Wien besprochen wurde, kommen die Fachleute zu dem Schluss, dass Japans „übermäßiges Vertrauen in die Sicherheit der Kernkraftwerke“ dazu geführt habe, dass das Land auf diese Katastrophe nicht vorbereitet gewesen sei.

Die IAEO plant, aus diesem Bericht auch Sicherheitsmaßnahmen für Atomkraftwerke auf der ganzen Welt abzuleiten. Die gleiche Strategie verfolgte die Behörde nach dem GAU von Tschernobyl.

Die Lobbyorganisation der Atomindustrie suche verzweifelt nach einer Zukunft für die Atomkraft – nicht zuletzt in Japan, bewertet Shaun Burnie, Greenpeace-Experte für Atomenergie das Vorhaben. Dieser Bericht sei Teil einer Strategie, die Auswirkungen des Unfalls klein zu reden. Das sei „gefährlich und wird nicht funktionieren“, so Burnie.

Greenpeace hat den bislang unveröffentlichten Bericht analysiert und spricht von „Irreführung“: Die Ursachen und Folgen der verheerenden Reaktorkatastrophe würden durch die IAEO massiv heruntergespielt. Häufig bleibe die IAEO in ihren Schlussfolgerungen „zu vage oder sogar widersprüchlich“: In dem Bericht wird dargestellt, dass das wahre Ausmaß der aus den havarierten Atomkraftwerken freigesetzten Strahlendosis noch gar nicht bekannt sei. Andererseits erwarte die Behörde jedoch keinerlei erkennbare Gesundheitsfolgen. Auch bei der Ursachenforschung der Atomkatastrophe sei der Report „lückenhaft und irreführend“.

Unterdessen berichtet der IPPNW (Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges / Ärzte in sozialer Verantwortung e.V.) von einer Mitte Mai veröffentlichten Schilddrüsenkrebsstudie der Präfektur Fukushima. Inzwischen mussten insgesamt 103 Kinder wegen schnell wachsender oder metastasierter Schilddrüsenkrebsfälle operiert werden. Bei 23 weiteren bestehe „der akute Verdacht auf Schilddrüsenkrebs“. Viel größer sei die Zahl bei Verdachtsfällen: Bei 22.837 Kindern, bei denen im ersten Krebs-Screening noch gar keine Schilddrüsenanomalien gefunden wurden, stellte man nun im Zweitscreening Zysten oder Knoten fest. Laut IPPNW müsse künftig als Folge der Fukushima-Katastrophe in ganz Japan mit einer erhöhten Zahl an Schilddrüsenkrebsfällen gerechnet werden.

weitere Informationen:

weiterlesen:

  • Fukushima: Hochradioaktives Wasser ins Meer geleitet
    25. Februar 2015 — Es ist erst wenige Tage her, da sprach die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) von „erheblichen Fortschritten“ bei der Folgenbewältigung des Super-GAU im japanischen Fukushima. Die Lage auf dem AKW-Gelände habe sich „verbessert“. Doch nun ist durch ein neues Leck erneut verstrahltes Wasser ins Meer gelangt.

Quellen (Auszug): ippnw.de, greenpeace.de, spreadnews.de, iaea.org; 12.6.2015

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Jan Becker

Jan Becker hat jahrelang die Webseite www.contrAtom.de betrieben und täglich aktuelle Beiträge zur Atompolitik verfasst. Seit November 2014 schreibt der studierte Umweltwissenschaftler für .ausgestrahlt. Jan lebt mit seiner Familie im Wendland. Mit dem Protest gegen regelmäßig durch seine Heimatstadt Buchholz i.d.N. rollende Atommülltransporte begann sein Engagement gegen Atomenergie, es folgten die Teilnahme und Organisation zahlreicher Aktionen und Demonstrationen.

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