Durch die Übertragung von Strommengen aus bereits stillgelegten Atomkraftwerken auf das bayerische AKW Gundremmingen ist dessen Weiterbetrieb gesichert worden. Eigentlich wäre die Betriebserlaubnis im kommenden Jahr erloschen. Denn es handelt sich um das „gefährlichste AKW Deutschlands“.
Rückblick: Im Jahr 2001 haben die AKW-Betreiber und die rot/grüne Bundesregierung unter dem Motto „Atomkonsens“ das Abschalten aller AKW vereinbart. Jeder Atomreaktor sollte nach der Produktion einer bestimmten Strommenge stillgelegt werden. Rechnerisch belief sich diese sogenannte Reststrommenge auf etwa 32 Betriebsjahre, inklusive Abschaltungen für Reparaturen und Wartungen.
- Block C des bayerischen Atomkraftwerks Gundremmingen wird das 2001 zugeteilte Strom-Kontingent etwa Anfang 2016 verbraucht haben, Block C im Herbst 2016.
Nach Beginn des GAU von Fukushima wurden 2011 zusätzlich konkrete Zeitpunkte für die Stilllegung der letzten neun Meiler vereinbart. Diese unterscheiden sich von den o.g. rechnerischen Zeitpunkten teilweise erheblich: Für Block B des bayerischen Atomkraftwerks Gundremmingen um ein Jahr (Ende 2017), für Block C sogar um fünf Jahre (Ende 2021).
Da die Reststrommengen-Regelung von 2001 aber weiterhin Bestand hat und damit für Gundremmingen die Stilllegung drohte, wurde kürzlich von den Betreibern RWE und Eon eine defacto Laufzeitverlängerung für die beiden alten und einzigen noch in Betrieb befindlichen Meiler vom Typ Siedewasserreaktor vorgenommen.
Im „Betriebsbericht Nr. 5/2015 vom 29.05.2015“ widmet sich der Betreiber diesem brisanten Thema unter „sonstiges“: RWE Power wird aus der Anlage Mülheim-Kärlich 8,4 TWh auf Block B und 1,5 TWh auf Block C des Kernkraftwerks Gundremmingen übertragen. E.ON überträgt aus dem Kraftwerk Unterweser 2,8 TWh auf Block B und 0,5 TWh auf Block C.
Diese Laufzeitverlängerung sei „bezeichnend für die Tricksereien in der Atombranche“, kritisiert Raimund Kamm vom FORUM Gemeinsam gegen das Zwischenlager und für eine verantwortbare Energiepolitik e.V. Die Gundremminger Reaktoren werden so im Jahr 2016 die Laufzeitgrenze von 32 Jahren überschreiten und sollen durch Strommengen-Übertragung von AKW – die aus unterschiedlichen Gründen schon vor der Erreichung von 32 Volllastjahren abgeschaltet wurden – eine Weiterlaufgenehmigung erhalten. Mülheim-Kärlich zum Beispiel war damals rechtswidrig genehmigt worden und musste wegen unberücksichtigter Gefahren schon nach zwei Betriebsjahren wieder stillgelegt werden. Unterweser verlor nach Beginn des Fukushima-GAU die Betriebserlaubnis.
Mit dieser Entscheidung „bedrohen Eon und RWE immer mehr Menschen und Regionen Süddeutschlands“, warnen die AtomkraftgegnerInnen. Das AKW Gundremmingen sei „zwar Deutschlands gefährlichstes Kernkraftwerk“, solle „aber die längste Laufzeit aller deutschen AKW bekommen“. Das AKW Gundremmingen müsse schnellstmöglich abgeschaltet werden. Es sei „unverantwortlich, Deutschlands gefährlichstes AKW weiterlaufen zu lassen“.
weiterlesen:
- Warum Gundremmingen das „gefährlichste AKW Deutschlands“ ist: Risikostudie von Prof. Renneberg (pdf)
- Unsicheres AKW Gundremmingen ist eine permanente Bedrohung
8. Dezember 2014 — Auf eine 3 mit elf Nullen ist AKW-Betreiber RWE zur Zeit besonders stolz: Einer der beiden letzten Siedewasserreaktoren Deutschlands hat am 8. Dezember 2014 seit Betriebsbeginn diese Menge an Strom in Kilowattstunden erzeugt. Die Meiler in Gundremmingen gehören zu den unsichersten, die noch laufen dürfen.
- RWE will volle Laufzeit für AKW Gundremmingen-B
12. Februar 2015 — Die alten Meiler rechnen sich doch noch: Entgegen mancher Drohung kassiert RWE weiter kräftige Gewinne aus dem Betrieb der letzten beiden Siedewasserreaktoren in Deutschland. Deshalb denkt der Konzern auch nicht an einen früheren Atomausstieg in Gundremmingen. AtomkraftgegnerInnen fordern die sofortige Stilllegung der besonders unsicheren Reaktoren.
- Hintergrund: Atomausstieg Schwarz-Gelb – Welche Atomkraftwerke laufen noch?
Nach Beginn der Fukushima-Katastrophe im März 2011 drehten die Laufzeit- und Atomrisiko-Verlängerer von CDU, CSU und FDP bei: Statt die AKW in Deutschland quasi unbegrenzt laufen zu lassen, schalteten sie zunächst sieben ab. Am 30. Juni 2011 stimmte der Bundestag mit den Stimmen von CDU, CSU, FDP, SPD und Grünen einem Plan zu, der in der Presse als „Atomausstieg“ gefeiert wird. Aber leider keiner ist – neun von 17 Atomkraftwerken laufen weiter, zum Teil noch elf Jahre lang.
Quellen (Auszug): PE FORUM / atommuelllager.de, kkw-gundremmingen.de; 29.5./11.6.2015